TUHH Spektrum Oktober 2016 | Page 37

erkennt eine Software Bewegungsmuster und programmiert sich selbst. Ändert sich das Verhalten der Bewohner, passt sich die Steuerung an. Zusätzlich greift das System auf Wetterdaten zu – und fährt beispielsweise die Heizung herunter, wenn starker Sonnenschein angekündigt ist. „Der Nutzer muss nichts programmieren oder installieren“, sagt Berger: „Er schraubt das alte Thermostat ab und unseres daran.“ Der größte Vorteil von Vilisto sei seine Einfachheit. Daher rührt auch der Unternehmensname: eine Kombination von „vivir“ und „listo“, spanisch für: „leben“ und „clever“. Auf die Idee kam Berger zum Abschluss seines Masterstudiums in Energietechnik während seiner Projektarbeit. Darin beschäftigte er sich mit einer Software, die Temperaturen vorhersagen kann. Dass daraus ein Unternehmen werden könnte, kam ihm erst in den Sinn, als er einen Aushang des Startup Docks sah der Gründerberatung der TU. „Ohne das Startup Dock gäbe es Vilisto nicht“, sagt Berger. Dort erhielt er Tipps für Marktanalysen, Fördermöglichkeiten – und für den Aufbau eines Teams. Der Programmierer Lasse Stehnken, den Berger aus gemeinsamen Studienzeiten schon länger kannte, gab sogar eine feste Anstellung in München auf, um bei Vilisto einzusteigen. Der Mann fürs Kaufmännische war anfangs Malte Marwede, den Berger über ein anderes Startup an der TU kennengelernt hatte. Der Wirtschaftsingenieur stieg vor wenigen Wochen jedoch wieder aus – seinen Posten übernahm Christian Brase, der zuvor den Vertrieb des Lieferdienstes Foodora aufgebaut hatte. Christian Brase Wenn die Serienproduktion angelaufen ist, sollen die Thermostate pro Stück etwa 120 Euro kosten. Eine Anschaffung, die sich innerhalb von zwei Jahren durch eingesparte Energie amortisiere, sagen die Gründer. Dass ihre Rechnung realistisch ist, wollen sie mit einem Test beweisen, für den Vilisto kommenden Winter 32 Wohnungen in Hamburg-Harburg mit Thermostaten ausrüstet. Wie diese genau aussehen werden, steht übrigens noch nicht endgültig fest. Das Thermostat in Tropfenform wird es wahrscheinlich aber nicht werden. „Das Modell hatten wir auf einer Messe vorgestellt“, so Berger. „Die meisten Kunden sagten aber: „Wir mögen es lieber rund.“ Das System von Vilisto hingegen regelt die Temperatur automatisch. Sensoren im Inneren der Thermostate registrieren, in welchen Räumen sich gerade jemand aufhält. Anhand dieser Daten Foto: e auf- oder abdrehen. Die seien aber unflexibel, sagt Berger: „Ändert der Hausbesitzer seine Gewohnheiten, muss er neu programmieren.“ Andere Hersteller bieten Apps an, die der Haustechnik signalisieren, wann der Besitzer sich dem Haus nähert, damit diese rechtzeitig die Temperaturen anpasst. Aber dabei werden GPS-Signale verwendet. Das sei „datenschutzrechtlich riskant, zudem steuern diese Systeme meist die Temperatur für die ganze Wohnung, dann werden auch nichtbenutzte Zimmer mit beheizt“, sagt Berger. Seit Anfang November läuft eine Crowdfunding-Kampagne. Über die Plattform „Kicksuft arter“ möchten die Gründer 120 000 Euro einwerben. Damit wollen sie die Spritzformen bezahlen, mit denen sie ihre Thermostate in Serie anfertigen könnten. Das Startkapital in Höhe von 250 000 Euro hat Vilisto aus dem Förderprogramm „Exist“ sowie von einem privaten Investor erhalten.