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Demnächst wird ein neuer Präsident oder eine neue Präsidentin gewählt – zum ersten Mal vom Akademischen Senat
und nicht vom Hochschulrat. In welche Richtung sollte der
oder die Neue das Schiff lenken in der Forschung, in der
Lehre und in der Verwaltung?
Die TU Hamburg hat in den vergangenen Jahren eine sehr positive Entwicklung genommen und nimmt einen wichtigen Platz
am Wissenschaftsstandort Hamburg ein. Die neue Führungspersönlichkeit kann an diese Erfolge anknüpfen und das Profil
der Gründerhochschule weiter schärfen, auch bundesweit.
Dazu könnte gehören, Forschungsaktivitäten zu intensivieren,
Kooperationen und Netzwerke weiter zu spannen und die Lehre
auszubauen. Dabei ist es natürlich wichtig, sowohl nach innen
als auch nach außen zu wirken und die Universität auf diesem
Weg mitzunehmen.
Im Maschinenraum der TUHH-Ingenieure und TUHHIngenieurinnen wird die Wertschätzung der Stadt Hamburg
vermisst. Was muss eine technische Universität in einer
Kaufmannsstadt liefern, um für ihre herausragende Forschung und Lehre ein stärkeres öffentliches Interesse der
Stadt und ihrer regierenden Politiker zu bekommen?
Ich denke, dass es ein starkes Bewusstsein in der Stadt gibt,
dass auch und gerade die Ingenieurwissenschaften für Hamburg und Norddeutschland eine bedeutende Rolle spielen. Die
TU Hamburg hat einen unverzichtbaren Platz in der Mitte der
Wissenschaftscommunity. Sie ist hervorragend vernetzt und
pflegt einen intensiven Kontakt in Wirtschaft und Verwaltung.
Und sie sollte nicht dabei nachlassen, sich der Öffentlichkeit zu
öffnen und zu zeigen, an welchen Themen sie arbeitet.
Ihr Ziel ist, Hamburg zu einer Wissenschafts- und Innovationsmetropole mit internationaler Strahlkraft zu
machen. Wie geht das mit der angekündigten Budgetsteigerung von nur 0,88 bis 2020? Der Wissenschaftsrat empfiehlt 3,5 Prozent!
Wir sind bereits sehr erfolgreich in die neue Legislatur mit
40 Millionen Euro mehr für die Wissenschaft gestartet. Das ist
ein Einstieg in eine Erhöhung der Grundfinanzierung, wie wir sie
beispielsweise schon bei den künstlerischen Hochschulen und
der HCU verwirklichen konnten. Es ist eines meiner Ziele, die
finanzielle Ausstattung aller Hochschulen auch in Zukunft zu
verbessern.
Der Süden Deutschlands forscht mit Abstand am intensivsten, gibt dafür aber seit Jahrzehnten auch viel mehr Geld
als der Norden aus. Baden-Württemberg investiert 4,77
Prozent seine r regionalen Wirtschaftsleistung in Forschung
und Entwicklung, Hamburg hingegen nur 2,77 Prozent und
steht auf Platz acht nach Bremen in dem vom Stifterverband der deutschen Wirtschaft veröffentlichten Ranking.
Passt?
Es ist mein zentrales Anliegen, diesen Strukturwandel, den die
süddeutschen Länder schon vor Jahrzehnten initiiert haben,
auch bei uns stärker zu forcieren. Der Hafen allein wird unsere
Zukunft nicht sichern, deshalb müssen wir vermehrt in Forschung, Entwicklung und Innovation investieren. Wir tun das in
Hamburg schon ganz ordentlich, der Etat meiner Behörde ist
der drittgrößte, wir geben mehr als eine Milliarde für Wissenschaft aus. Und ich setze mich täglich dafür ein, dass ein mentaler Wandel in der Gesellschaft stattfindet. Dass die
Hamburgerinnen und Hamburger mit Stolz und Begeisterung
auf ihre Hochschulen blicken.
Die TU Hamburg ist die einzige TU Deutschlands ohne naturwissenschaftliche Lehrstühle. Sie muss deshalb Lehrimport betreiben. Dieses strukturelle Defizit erschwert,
besonders wenn man an die Spitze will, die Forschungsarbeit. Als Manko wird auch die Tatsache empfunden, dass
die TUHH in Folge der Gründung der Hafen City Universität
die Stadtplanung und ein Teil des Bauwesens abgeben
musste. Spielen diese Strukturprobleme in Ihrer Vision,
Hamburg zum Forschungs- und Innovationsstandort auszubauen eine Rolle?
Eine Stärke des Wissenschaftsstandortes ist die Komplementarität im Angebot. Wir wollen und müssen nicht alles an einer
Hochschule anbieten. Das hat der WR auch nochmals ausdrücklich hervorgehoben. Entscheidend ist die Fokussierung
auf die Stärken jeder einzelnen Hochschule – bei der TUHH
ganz eindeutig die Ingenieurwissenschaften – im Zusammenspiel mit weiteren Partnerhochschulen und außeruniversitären
Partnern.
Im Übrigen gibt es an der TUHH mittlerweile ein Institut für