TUHH Spektrum Oktober 2016 | Page 22

22 o das alles hinführen wird, die Sache mit den Uber-Taxis und den online für ein paar Tage vermieteten Apartments in Tokio oder Wiesbaden, die einer ganzen Hotelbranche das Geschäft streitig machen – das kann Wolfgang Kersten auch nicht so genau sagen. Das Fünf-Gänge-Menü wird ins Haus geliefert, die eben bestellten Lackpumps stehen noch heute Abend vor der Tür, rechtzeitig zur Party. Musik, Bücher oder die Zeitung müssen überhaupt nicht mehr physisch transportiert werden. Sie haben ihre Existenz ins Netz verlegt: Produktion und Logistik digital; die neue Stufe der ökonomischen Entwicklung trägt die laufende Nummer 4.0. „Haben Sie in jüngerer Zeit mal jemandem eine CD geschenkt?“, fragt Kersten und kann sich ein Schmunzeln nicht ganz verkneifen. „Tun Sie’s. Könnte sein, dass Sie in sehr erstaunte Gesichter blicken.“ Wer benutzt heute noch einen CD-Player? W Immerhin, so viel steht fest: Seine Studenten werden diese Zukunft mitgestalten. Dafür ist Wolfgang Kersten Logistiker. Darauf bereitet er die jungen Planer und Wirtschaftsingenieure vor. Und wenn es schon in vergangenen Zeiten nur aus sehr, sehr großer Distanz ganz einfach schien, all die Rohstoffe und Produkte von A nach B zu befördern, die das Wirtschaftsleben in Bewegung halten, all die Werkteile und Maschinen, Schrauben, Autos, Joghurtbecher und Smartphones pünktlich, in der richtigen Menge und Qualität und zu einem vernünftigen Preis zu liefern – spätestens seit der annähernd vollständigen Überwindung von Zeit und Raum durch das Internet ist daraus eine Aufgabe von ontologischer Dimension geworden, von Sein und Möglichkeit: „Die Logistik verbindet alles mit allem“, fasst der Leiter des Instituts für Logistik und Unternehmensführung zusammen. „Hersteller, Händler, Kunden, auch die Abläufe innerhalb eines Unternehmens. Genau deshalb kann sie auch alles unterbrechen.“