The Doppler Quarterly (DEUTSCHE) Herbst 2016 | Page 86
Eine weitere bekannte Einschränkung besteht darin,
dass Unternehmen Anwendungen entwickeln möch-
ten, die mit bestehenden Anwendungen innerhalb
der Rechenzentren kommunizieren sollen. Dabei
wäre die Latenz für den Netzwerkdatenverkehr zu
hoch, um eine neue Anwendung außerhalb der Gren-
zen des Rechenzentrums zu implementieren.
Die letzte bekannte Einschränkung ist die Datengra-
vität. Wenn man über große Datenmengen im lokalen
Rechenzentrum verfügt, wäre die Migration zu einem
Public Cloud-Anbieter mit erheblichem Aufwand ver-
bunden. Es empfiehlt sich daher, Anwendungen dort
anzusiedeln, wo die Daten gespeichert sind. Um mit
all diesen Einschränkungen fertig zu werden, benöti-
gen Unternehmen eine ideale Lösung für ihr
Rechenzentrum.
John Engates: Ich stimme den Einschränkungen voll
und ganz zu. Es gibt aber noch weitere Faktoren, die
für die Private Cloud und gegen die Public Cloud
sprechen. Unternehmen mit großen Rechenzentren,
die vertraglich langfristig an einen Co-Location-An-
bieter gebunden sind, oder Unternehmen mit einem
eigenen halbleeren Rechenzentrum werden eher vor
einer Investition in die Public Cloud zurückschre-
cken, da sie ohnehin schon irreversible Kosten stem-
men müssen. Wieder andere Unternehmen müssen
vielleicht EBITA-Kennzahlen ausweisen und wollen
anstelle von Betriebsausgaben eher Investitionsaus-
gaben bilanzieren. Immer wieder begegnen wir auch
Private Equity-Firmen, bei denen CapEx-Ausgaben
eine große Rolle spielen. Kurz, in vielen Fällen ist es
sinnvoller, eigene Hardware zu kaufen, statt Hard-
ware von einem Cloud-Anbieter zu mieten.
Oder Unternehmen wollen nicht riskieren, dass
Regierungsstellen Einsicht in Unternehmensdaten
nehmen. Dies ist ein Schreckgespinst, das seit den
Enthüllungen von Edward Snowden durch die
Geschäftswelt geistert. Vor einigen Jahren kursierte
das Gerücht, dass sich Behörden per gesetzlicher
84 | THE DOPPLER | Herbst 2016
Anordnung Zugang zu Daten verschaffen könnten,
ohne dass die Unternehmen darüber von ihrem
Cloud-Anbieter in Kenntnis gesetzt werden. Sicher-
heit und Compliance sind ein weiterer Business Case
für die Private Cloud. In bestimmten Fällen müssen
Unternehmen die Erfüllung strenger Sicherheits-
und Compliance-Anforderungen nachweisen, was
manche Clouds heute technisch nicht leisten
können.
Der wichtigere Punkt, der für die Private Cloud
spricht, ist der Kostenfaktor. Wenn Unternehmen auf
die Cloud umstellen, stellen sie bei ihrem Kosten-
oder TCO-Vergleich irgendwann fest, dass sie gegen-
über der Public Cloud bis zu 20 %, 30 % oder sogar
40 %-50 % einsparen können. Je nach Größe oder
Entwicklungsphase des Unternehmens kann der Ver-
gleich natürlich unterschiedlich ausfallen. Unbestrit-
ten ist jedoch, dass der Kostendruck auf vielen
Unternehmen lastet. Viele versprechen sich Kosten-
vorteile von der Private Cloud.
DL: Wie lautet die Antithese zur Private Cloud? Den
Betrieb auf die Public Cloud umstellen oder einfach
mit dem Legacy-System weitermachen? Welche
Optionen haben Unternehmen, die sich gegen die
Private Cloud entscheiden?
BG: Viele Unternehmen entscheiden sich heute für
Public Cloud-Computing. Das lässt sich allein schon
an den steigenden Umsätzen festmachen, die Public
Cloud-Anbieter heute verzeichnen. Unternehmen,
die eine Datenlösung implementiert haben, stehen
vor der Entscheidung, ihr System wie gehabt weiter-
zuverwenden oder zusätzlich zu investieren, um die
Infrastruktur in die Cloud zu erweitern. Meine Prog-
nose lautet, dass die Mehrzahl der Unternehmen
nach einer Bestandsaufnahme entscheiden wird, ob
sie den Weg in die Cloud gehen oder eine SaaS-Alter-
native suchen wollen.