Sonntagsblatt 6/2015 | Page 27

Dieser Hinweis dürfte als Antwort auf die Bestrebungen der nichtmadjarischen Volksgruppen angesehen werden , die angesichts der Madjarisierungsbestrebungen des Staates und der Kirchen eine weitgehende Kulturautonomie gefordert hatten . „ Wir können es niemals erlauben ”, so rief Hóman aus , „ dass die Hoheitsrechte des Staates auf dem Gebiete der Schulpolitik und der gesamten Erziehung , welche der Staat , im Einvernehmen mit der historischen Kirche ausübt , ihm strittig gemacht werden ... Wer sich in diesen Gedankengang nicht einfühlen kann , der kann hier keine Heimat haben ”. „ Wer sich nicht für einen Madjaren hält , der möge hier nicht leben ”, sagte auch Béla Varga , ein Führer der Rassennationalisten , etwas später im Budapester Parlament ; und ähnlich sprachen andere führende Männer Ungarns und schrieben große Zeitungen , auch schon vor 1940 . Zwischen Assimilan - ten und Rassemadjaren gab es diesbezüglich kaum einen Unter - schied .
Eine wichtigere aktive politische Rolle spielte Hóman nach seinem Rücktritt im Jahre 1942 nicht mehr . Trotzdem wurde er 1946 als Hauptkriegsverbrecher behandelt und wegen des ungarisch – deutschen Kulturabkommens , das durch ihn zustande gekommen war , zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurteilt . Er starb im Jahre 1951 in einem Budapester Zuchthaus (?). Zur selben Zeit , als Hóman verurteilt wurde , zog sein Freund und Mitarbeiter Szekfû als Ungarns Gesandter nach Moskau . Dabei hatte sich in der „ Ungarischen Geschichte ” Szekfû als echter Europäer , Hó - man aber als Nationalist erwiesen , der seine Sympathien den Helden des Ostens geschenkt hatte . Szekfû hatte nämlich nach Stalingrad den Weg zur Untergrundbewegung gefunden , während Hóman sich zu einer entscheidenden Wendung nicht entschließen konnte . Valentin Homan ist Ende des 2 . Weltkrieges in den Westen geflüchtet , kam in amerikanische Gefangenschaft , wurde jedoch nach Beendigung des Krieges von den ungarischen Behörden nach Hause geholt und auf lebenslänglich verurteilt . Im Prozess vor dem Volksgerichtshof haben ihn die bekannten Historiker Julius ( Gyula ) Szekfû und Domokos Kosáry ( nach der politischen Wende Vorsitzender der Ung . Akademie der Wissenschaften ) mit ihren Aussagen in Schutz genommen . Vergeblich . 1949 wurde er ins Zuchthaus nach Waitzen / Vác überführt , wo man ihn grausam behandelte und als dessen Folge dort 1951 gestorben ist . Bei der Öffnung des Massengrabes im Jahre 2001 wurden seine sterblichen Überreste identifiziert und von der Familie in die Familien - gruft nach Tass gebracht .
Seit der politischen Wende wurde wiederholt seine Rehabilita - tion zur Sprache gebracht – so in 2010 mit einer Konferenz und Ausstellung in Stuhlweißenburg / Székesfehérvár –, 2014 hat man die Neuaufnahme des Gerichtsverfahrens erwogen .
Aus : Johann Weidlein „ Die verlorenen Söhne ” – ergänzt von G . Krix

❖ Abschied von Anton Julius Fikar

Anton Julius Fikar , Obmann-Stellvertreter des Vereins der Banater Schwaben Österreichs , Mitglied der Jakob Bleyer Gemeinschaft Ungarn , hat uns nach kurzem schweren Leiden am 4 . August 2015 für immer verlassen .
Tonis Wurzeln liegen in der Banater Kleinstadt Lugosch , wo er am 24.11.1928 das Licht der Welt erblickte und nach der Bürgerschule die angefangene Schlosserlehre wegen der Kriegs - ereignisse im Jahre 1944 nicht abschließen konnte , weil er 1945 zur Zwangsarbeit nach Russland , nach Krasnodar im Nordkau - kasus , deportiert . Gemeinsam mit anderen Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen fristete er das schwere Los , doch als 17- jähriger konnte er diese schwere Zeit überleben . und gelangte
1947 , nach seiner Freilassung , über Frankfurt / Oder nach Wien , wo er eine neue Heimat gefunden und 1951 eine Familie gründete , der zwei Kinder entstammen .
Über diese Zeit schreibt A . J . Fikar *: Nach der Aufteilung blieb ich mit 13 oder 14 Lugoschern , mit einigen Siebenbürger Sachsen und mit Deportierten aus Bakowa zusammen . Kleidung und Decken erhielten wir nicht , wir konnten uns nur mit den mitgebrachten Kleidern zudecken . Bloß gut , dass man aus dem Schacht Kohlen mitnehmen durfte , um das Feuer in den gemauerten Steinöfen zu nähren . Jeder brachte einen Brocken mit . Die Gru - benarbeiter hatten Anrecht auf ein Kilo Brot , doch die Außen - arbeiter erhielten bloß 850 Gramm , und zwar schweres , unausgebackenes Ziegelbrot , anfangs mit Maismehl gemischt . Mir kam zustatten , dass ich zu Hause viel Sport getrieben hatte , hauptsächlich Leichtathletik .
Ich trug noch die Lederschuhe von daheim , deshalb sind mir die großen Zehen abgefroren . Dort ging man in Galoschen . Der Arzt bepinselte mir die Zehen mit einer roten Flüssigkeit , Verbands - zeug gab es ja nicht . Zum Glück sind mir die Zehennägel nicht abgegangen , aber ich habe heute noch Beschwerden ; bei Kälte verliere ich das Gefühl in den Zehen . Die ersten zwei – drei Monate arbeitete ich mit Ungarndeut - schen in einem Holzlager ; wir mussten Stämme zu Grubenholz zerschneiden . Wegen der grimmigen Kälte meldete ich mich bald freiwillig für die Arbeit unter Tag . Die Lagerleitung erfüllte meinen Wunsch – und im Kohlenschacht war es tatsächlich wärmer , aber auch sehr gefährlich . Zwei Freunde von mir verunglückten , als eine Lore entgleiste , und beide verloren einen Fuß . 1947 , nach seiner Freilassung , gelangte Toni über Frankfurt / Oder nach Österreich , wo er sich als Landarbeiter durchschlug , denn bei Bauern gab es stets etwas Essbares .
Schließlich gelangte er nach Wien , wo er eine neue Heimat gefunden und 1951 eine Familie gründete , der zwei Töchter entstammen .
Toni war in verschiedenen Berufen tätig : als Hauswart , Tank - wartfahrer , und als Fernfahrer kam er in fast ganz Europa herum . Nach Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft und nach dem Abschluss einer verwaltungstechnischen Ausbildung wurde er in den Staatsdienst übernommen und war durch 20 Jahre bis zu seiner Pensionierung 1978 beim Vermessungsamt in Wien tätig . Gleichzeitig wirkte er durch Jahrzehnte aktiv im Verein der Banater Schwaben Österreichs mit , in den letzten 20 Jahren als Obmann-Stellvertreter . Er hatte stets ein offenes Ohr für Hilfe Suchende , wusste er doch aus eigener Erfahrung , wie schwer es ist , Not und Elend zu bewältigen .
Viele Tätigkeiten des Vereins hat er per Film-und Fotokamera festgehalten , war stets an meiner Seite , wenn es darum ging , Probleme zu lösen . Viele unserer Veranstaltungen wurden bildlich von ihm festgehalten , Material , das dem Österreichischen Staats - archiv überlassen wird . Die letzten 25 Jahre verbrachte er mit seiner Lebensgefährtin Hil da bis zu deren Tod 2013 . Danach übersiedelte er zu seiner Tochter Ilse ins burgenländische Großwarasdorf , wo ihm eine liebe- und hingebungsvolle Pflege zuteilwurde . Die Verbindung zu seiner in Lugosch zurückgebliebenen Fa - milie riss nicht ab , Toni liebte sein Banat über alles :
„ Meine Mutter sah ich erst im Jahre 1957 wieder , als sie die Bewilligung erhielt , nach Wien zu reisen . Den Vater noch später , als ich mit vier Landsleuten nach Lugosch auf Besuch fahren durfte ; das war damals sehr schwierig . Im Jänner 1966 konnte ich am Begräbnis des Vaters teilnehmen . Zur Mutter fuhr ich später alle zwei Jahre , das war dann unser Urlaub .”*
* Die Erlebnisse des Heimgegangenen wurden in dem vom
( Fortsetzung auf Seite 28 )
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