nach dem Ersten Weltkrieg das Ungarndeutschtum aus seinem
Dornröschenschlaf zu erwecken. Mit Erfolg. Zahlreiche Orts -
gruppen wurden gebildet und es begann eine rege Kulturarbeit.
Musikkapellen, Gesangchöre und Laientheatergruppen brachten
neues Leben in die deutschbewohnten Ortschaften. Bleyer über-
betonte Vaterlandsliebe und -treue kam auch in der Kulturarbeit
zur Geltung. Und dennoch! Der madjarischen Obrigkeit war alles
verdächtig und widerlich, was deutsch klang. Beispiele dazu will
ich dem Heimatbuch „Waschkut“ von Dr. Paul Flach entnehmen.
Ich zitiere:
Doch nicht erst seit dem Zweiten Weltkriege wurden die Deutschen
„als Feind der madjarischen Nation” betrachtet, das Blatt „Ma -
gyarok Lapja“ (Zeitungsblatt der Madjaren) hielt das ungarländische
Deutschtum schon 1931s „den einzigen und ewigen Feind des
Ungartums” (SBL. vom 17.1.1932, S.8). Außerdem wurden die un -
gar ländischen Deutschen schon von jeher als Pangermanen und
Vaterlandsverräter, später auch als Faschisten und Nationalsozialisten
hingestellt, die unbedingt „auszurotten waren”. So schreibt z.B.
„Bajai Újság”(Bajaer Zeitung) vom 19. Juni 1926 u.a.: „Die Regie -
rung unterstützt die Bündler (gemeint ist der Volksbildungsverein
Bleyers – die Red.) nicht, sondern ist vorläufig nur gezwungen, ihr
kindliches Spiel zu dulden! Wir hoffen, diese kleine Brennnessel wird
den Garten der Hungaria nicht lange verunzieren. Es naht die Zeit,
wo der Garten in Ordnung gebracht wird; wir werden dafür Sorge tra-
gen, dass im geweihten Boden der Batschka nicht einmal ein Samen
übrig bleiben wird…” (Sbl. 4.7.1926, S.7)
Ja, so schrieb man über das ungarländische Deutschtum, das sich
wagte, im Sinne ungarischer Gesetze und Verordnungen deutsche
Schulbildung und deutschen Gottesdienst zu verlangen, schon zu
einer Zeit, da man ihm weder Nationalsozialismus noch Waffen-SS-
Zugehörigkeit habe anhängen können.
Auch die Waschkuter Deutschen haben sich schon 1926 – und
nicht erst 1945 – „gegen das ungarische Vaterland versündigt”. Wie
es zu dieser schrecklichen „Friedensstörung“ gekommen ist, lesen wir
im Sonntagsblatt (vom 14. 3. 1926, S. 3), wo es u.a. heißt:
„Eine in Baja erscheinende ungarische Zeitunghält sich darüber
auf, dass die Waschkuter Leventegruppe eine Laienvorstellung ver-
anstaltete und eine deutsche Posse: Der böse Geist Lumpazi va -
gabundus aufgeführt hat. Das sei eine „Friedensstörung”, ein Zei -
chen der „Sonderziele” der Deutschen, eine „Scheidewand” zwischen
Ungarn und Deutschen, eine Versündigung gegen die ungarische Idee
und besonders unverzeihlich sei es, dass an der Veranstaltung dieser
hochverräterischen Laienvorstellung auch die Lehrer Franzwa und
Schmidt (bald danach zu Sasvári madjarisiert) als Führer beteiligt
waren…
Wenn wir uns obiges genau überlegen, so müssen wir zur
Schlussfolgerung kommen, dass unsere Sünde für eine Entei -
gnung und Vertreibung nicht durch die Angaben der Volkszählung
von 1941 zustandegekommen ist, sondern wir waren für eine
Verfolgung schon Jahre vorher verurteilt. Nur haben dies unsere
schlummernden Landsleute nicht bemerkt oder nicht ernstge-
nommen, sonst hätten sie sich doch wenige Jahre danach nicht in
verschiedene Lager gespalten und einander befehdet. Das Urteil
galt ab ovo der deutschen Volksgruppe Ungarns!
Sehr merkwürdig, – nicht wahr?
Die heute bereits ins Jenseits abtretende Generation könnte
bestimmt noch viele derartige Fälle aufzeichnen, – und wir bitte
solche dem Sonntagsblatt mitzuteilen, denn schließlich gehört
auch das zu unserer Geschichte
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Südtirol und wir
(Ungarndeutsche)
Viele unserer Landsleute neigen dazu, uns mit Südtirol zu verglei-
chen, d.h. das Schicksal der Südtiroler Deutschen mit dem unsri-
gen auf einen Nenner zu bringen. Dabei werden als „Beweise”
angeführt: Vom Mutterland abgetrennt, – Zusammenleben mit
„frem den” Menschen, – dem Druck der Staatsmacht ausgesetzt –
Nachteile des „Andersseins”, – u. a. m.
Doch weit gefehlt! Dem Schein nach gibt es Ähnlichkeiten,
doch die Wirklichkeit ist eine ganz andere.
Ja, wie ist es in Südtirol? Und wo liegen die Unterschiede im
Vergleich mit den Ungarndeutschen?
Bitte, auf den Seiten 29–30 dieses Blattes den Bericht über eine
Urlaubsreise nach Südtirol genau durchzulesen, und schon wer-
den Sie klüger sein. Da gibt es aber noch viel hinzuzufügen.
Der große Unterschied liegt schon in den geographischen/sta -
tistischen Zahlen (Statistik aus 1991):
Das an Italien abgetrennte Südtirol hat eine Fläche von 7400
Quadratkilometern. Gesamteinwohnerzahl: 440 508, davon Deut -
sche 282 000 (ca. 68%). Die Mehrheit der Gemeinden sind
deutsch sprachig (nur 5 mit italienischer Mehrheit, 8 mit ladini-
scher Mehrheit).
Ungarns Fläche ist 93 000 Quadratkilometer mit einer Einwoh -
nerzahl von rund 10 Millionen Menschen, davon (vielleicht) 2%
Deutsche (heute gibt wahrscheinlich keine Gemeinde mehr mit
deutscher Bevölkerungsmehrheit, wobei es doch vor dem 2. Welt -
krieg noch Hunderte solche gab).
Die Muttersprache der Südtiroler Deutschen ist (natürlich?)
Deutsch. Sie sprechen und schreiben nicht über ihre M