Sonntagsblatt 6/2014 | Page 29

Wahl zu bekräftigen, indem wir zu den uns vorgelegten Listen der zukünftigen Vertreter ein Kreuzlein machen durften. Leider ha - ben viele unserer zur Wahl erschienenen Landsleuten dies so ver- standen, dass sie da einfach das Kreuz hinmachen müssen, auch wenn sie die Personen der angekreuzten Liste nicht kennen oder sogar auch nicht mögen. Meine erste Bemerkung zur Wahl bzw. zu den darüber verlaut- barten Erfolgszahlen ist, dass man nur Halbwahrheiten veröffent- licht hat. So hat man doch keine Information bekommen, wieviel Wähler „vergessen” haben da oder dort ein Kreuzlein zu machen. Man sagt uns, wieviel registrierte Landsleute zur Wahl gegangen sind und auch „gültig” gewählt haben. Gut. Doch glaube ich, damit ist eben die Zahl jener gemeint, die ihre örtlichen Vertreter gewählt haben. Sehr wahrscheinlich haben jedoch einige/viele die- ser Wähler für das Komitat oder gar für die Landesselbstverwal - tung keine Meinung geäußert, kein Kreuz zur Liste gemacht, weil… Ja, warum? Wieviel wohl? Der neugewählte alte Vorsitzende der Landesselbstverwaltung ist mit dem „Erfolg” und auch mit sich zufrieden. Freilich ist der Prozentsatz der ungarndeutschen Wahlteilnehmer im Vergleich zur jenem der landesweiten Kommunalwahl sehr schön. Dabei bleibt doch die Frage offen, warum haben 30% der Registrierten die Wahl geschwänzt? Haben sie sich nur registrieren lassen, damit sie den Anschein erwecken…? Oder habe sie sogar nicht selber registriert, nur eben einem „Werber” der Selbstverwaltung – zum Gefallen – ihren Namen unterschrieben? Außerdem war ja auch die Registration nicht als Erfolg zu verzeichnen (wie das doch getan wurde), weil, wenn man von 185 000 Ungarndeutschen ausgeht (was auch ganz leichtsinnig getan wird), so hätte doch das Doppelte erreicht werden sollen. Mit solcher Schöntuerei wird es nicht besser mit unserer Volksgruppe. Schau ich mir die Namen der gewählten Vertreter an, da wird es mir etwas unheimlich zumute. Im Ort deshalb, weil ich da unsere Leute kenne. Auch wenn jetzt einige Neue ans Ruder kamen, so sehe ich in diesen Menschen doch nicht solche Außerwählte, die den Kahn aus der Strömung heraus auf neue Bahn manövrieren könnten. Es sind (bei uns und wahrscheinlich auch anderswo) be - kannte Gesichter, aber ohne die nötigen Qualitäten. Auch wenn diesmal auf der Wahlverordnung geschrieben stand, dass Min - derheitenvertreter die Muttersprache ihrer nationalen Minderheit sprechen (und nicht bloß verstehen) sollen/müssen, praktisch hat sich da nichts geändert. Mit wenigen Ausnahmen sprechen alle perfekt Ungarisch und geben sich keine Mühe den Mund in der Muttersprache aufzutun, geschweige denn, auch unsere Lands - leute allgemein für den Gebrauch der Muttersprache zu animie- ren. Was mich noch besonders stört: „bekannte Gesichter” wieder an der Spitze, die seit vielen Jahren Tonangeber (freilich in unga- rischem Ton) unter den Ungarndeutschen sind und mit ihren für Entgelt eingenommenen Posten in der Selbstverwaltung ihren Le - bensunterhalt bestreiten. Ideen? Taten? – bleiben weiterhin Fra - ge zeichen. Dass es überhaupt eine Komitatsvertretung geben muss – ist ein weiteres Fragezeichen. Was ist deren Aufgabe? Da gibt es doch die Regionen mit den Regionalbüros! Perfekte Orga - nisation, – denn so konnte man die Selbstverwaltungen zu Vereinen zaubern, was die Alleinherrschaft der (Landes)Selbst - ver waltung ermöglichte. Die sogenannten „zivilen Organisatio - nen”, die Kulturgruppen/Vereine sind somit in volle Abhängigkeit der LdU geraten – sie dürfen „selbständig” auf der Bühne tanzen, singen und musizieren und werden dafür vom S taat und der LdU unterstützt. Und das nennt man dann Kulturleben der Ungarn - deutschen, als würde es sonst keine Bedürfnisse auf diesem Gebiet geben. Auffallend viele neue Namen sehe ich auf der LdU-Liste. An - geblich viel junge Leute, Anfänger in der Nationalitätenpolitik. Was dürfen wir von diesen neuen Besen erwarten? Eigentlich könn te dies allerhand Positives einbringen. Wenn ich daran den - ke, dass im Sonntagsblatt unlängst über „Erneuerung” geschrie- ben wurde, dann müsste ich deren Verwirklichung von den neuen Gesichtern erwarten dürfen. Na, mal sehen! Denn von den die Liste anführenden „alten Knorren”, den klugtuerischen Ideologen mit ihren Papierideen und Zukunftsversprechungen wird be - stimmt nichts Neues auf die Beine gestellt, sie sind zu sehr an das Phantasieren eingestellt, anstatt in einen Kampf für gestellte Ziele zu gehen. Wie denn auch? Da sehe ich auf der „neuen” LdU-Liste auch den Namen von Johann Schuth. Und was fällt mir dabei ein? Vor ca. 20 Jahren hat dieser Mann in der NZ und auch in ungari- schen Blättern schwarz auf weiß erklärt, dass er sich nicht als dem deutschen Volk zugehörig fühlt. Damals hat Géza Hambuch dies- bezüglich eine eindeutige Erklärung abgegeben und seither hat das auch der Vorsitzende der LdU, Herr Heinek, (im Deutschen Kalender) bekräftigt. Was kann ich von einem Mann erwarten, der nicht zu uns gehören will? Viel erhofft man sich (in letzter Zeit) von der Wunderwaffe „Schulen in Trägerschaft der deut- schen Selbstverwaltungen”. Klingt gut! Doch eines vergisst man dabei: Administrativ kann man vieles umkrempeln, aber den Geist des Unterrichts zu reformieren ist eine schwierige Aufgabe. Schwierig, solange Lehrkörper und Methoden nicht geändert wer- den können. Und einstweilen sind diesbezüglich die Aussichten sehr schlecht. Deutsche Schulen in Ungarn – ein Traum. Dr. Wenzel Bohner O AUF NACH SÜDTIROL! „Deutsche Kulturgemeinschaft e.V.” Budaörs in Südtirol Ende September machte die „Deutsche Kulturgemeinschaft” Bu - da örs einen Studienausflug nach Südtirol, dessen Ziel das nähere Kennenlernen der deutschen Volksgruppe in der autonomen Region Norditaliens „Trentino – Südtirol” war. Nach einer ganztätigen Busreise durch Österreich und Deutsch - land kamen wir am Abend in der herrlichen Landschaft von Bozen/Bolzano im Gardenhotel Premstaller an, wo uns ein reich- haltiges typisches Südtiroler Abendessen erwartete. Bedient wur- den wir sechs Tage lang von der rührigen Wirtin mit ihrem zwei- sprachigen Personal freundlich und mit vielen Informationen über ihre Heimat versehen. Empfangen wurden wir von einem alten Freund der Ungarn - deut schen, Herrn Dr. Plunger, ein pensionierter Gymnasiallehrer, der noch immer sehr aktiv im kulturellen Leben und in der Volks - tumsarbeit ist. Er begleitete uns die ganze Woche durch seine Hei - mat, über die er sehr Vieles und Interessantes zu berichten wuss- te. Er war uns stets eine große Stütze auf dem langen Weg. Südtirol als integraler, dabei aber dennoch autonomer Teil Italiens erscheint uns ja heute weitgehend selbstverständlich. Ein Blick zurück in die Geschichte lehrt uns jedoch etwas Anderes, denn bis zum Jahr 1918, bis zum Ende des Ersten Weltkrieges gehörten Südtirol und das Trentino zur Grafschaft Tirol und wa - ren somit seit über 550 Jahren Teil des Habsburgerreiches. Den Habsburgern war die Grafschaft im Jahr 1363 von Margarete von Tirol, der legendären Margarete Maultasch, überschrieben wor- den, die selbst nach dem frühen Tod von Ehemann und Sohn keine direkten Erben hatte. Rund 100 Jahre davor war es den Grafen von Tirol gelungen, ihre Gebiete aus dem Herzogtum Bayern herauszulösen und als selbständiges Territorium anerkennen zu lassen. Die Bajuwaren wiederum hatten Südtirol schon seit der Zeit der Karolinger be - (Fortsetzung auf Seite 30) 29