Sonntagsblatt 5/2015 | Page 23

vollendete Er zählung , in der noch immer das Vor - bild Jean Pauls spürbar ist . 1832 und 1833 bemüh - te sich Stifter er - folglos um amtliche Lehrstellen . Im Februar 1833 brach Fanny ( die
Stifters Geburtshaus in Oberplan erste große Lie - be Stifters ) die sporadische Be ziehung ab . Kurz darauf lernte Stif ter die Putzma - cherin Amalia Mohaupt ( 1811 – 1883 ) kennen : „ Der ersten Rose schneller Tod weckt seiner Thränen Lauf , und dort , wo seine Thräne fiel , blüh ’ n neue Rosen auf ” ( Stifter ).
Nach 1841 nahm Stifter wieder die Tätigkeit als Hauslehrer auf und unterrichtete u . a . von 1843 bis 1846 Richard von Metternich , den Sohn des österreichischen Staatskanzlers . Der Pester Verleger Gustav Heckenast , der schon den Condor ( Stifter erstes großes Werk ) herausgegeben hatte , begann nun , Stifter zu fördern : Er wurde Herausgeber des Sammelbandes Wien und die Wiener und veröffentlichte 1842 die Erzählung Der Hochwald in der Iris . Es folgten zunächst einige publizistische Arbeiten , bis dann mit Abdias 1842 der literarische Durchbruch gelang , der Stifter auch materiell zunehmende Unabhängigkeit brachte . Es folgten bis 1844 Brigitta und Das alte Siegel , dann Der Hagestolz und Der Wald - steig . 1843 arbeitete er seine ersten Erzählungen um , und schon 1844 konnte der nunmehr vorwiegend schriftstellerisch tätige Stifter seine gesammelten Erzählungen in den ersten Bänden der Studien vorlegen . Während diese ersten Bände schnell Aner - kennung fanden , hatte Stifter mit den 1850 erschienenen letzten zwei Bänden der Studien keinen Erfolg mehr . Auch der Dichter Friedrich Hebbel kritisierte die Werke des Neulings nun scharf . Die Unruhen des Revolutionsjahres 1848 veranlassten Stifter , der als ein Anhänger der revolutionären Bewegung und als der „ fortgeschrittenste Liberale ” galt und auch als Wahlmann für die Nationalversammlung fungierte , Wien zu verlassen und nach Linz überzusiedeln . Hier veröffentlichte er 1849 die Erzählung Die Landschule , die die Arbeit der Landschullehrer positiv hervorhob . 1850 wurde er selbst , nun wieder zunehmend von finanziellen Sorgen geplagt , zunächst provisorisch und 1853 endgültig zum Schulrat ernannt . Im selben Jahr wurde er auch als Landeskon - servator für Oberösterreich der k . k . Central-Commission zur Er - for schung und Erhaltung der Baudenkmale ernannt . So machte er sich um die Erhaltung und Restaurierung des Kefermarkter Flügelaltars oder um das Stadtbild von Steyr verdient . Während der 1850er Jahre war er maßgeblich am Aufbau des Oberöster - reichischen Kunstvereins und der Gründung der Oberösterrei - chischen Landesgalerie beteiligt .
Stifters Gesundheitszustand verschlechterte sich Ende der 1850er Jahre zunehmend . Mehrmals begab er sich zu Kuraufent - hal ten für ein „ Nervenleiden ”, diese verbrachte er vorwiegend in Kirchschlag bei Linz , wo er die gesunde Luft genoss und sich in das „ Badhaus ” für seine Kurbehandlungen zurückziehen konnte . Die Arbeit an seinem historischen Roman Witiko verzögerte sich – zum Leidwesen seines Verlegers Gustav Heckenast – über mehrere Jahre hinweg . Schließlich konnte er sein Amt nicht mehr ausfüllen . Durch die Intervention eines Gönners wurde er mit dem Titel eines Hofrates pensioniert . Stifter galt als übermäßiger Esser und Trinker , was ursächlich für seine gesundheitlichen Probleme angesehen werden kann . Sein Speisezettel umfasste gewöhnlich täglich sechs Mahlzeiten .
So konnte das zweite Frühstück durchaus aus einem Schnitzel mit Erdäpfelsalat bestehen . Das Mittag- und Abendessen bestand aus drei Gängen . So wird berichtet , dass einmal die Vorspeise aus sechs Forellen und der Hauptgang aus einer ganzen gebratenen Ente bestand . An das Mittagessen schloss sich Kaffee und eine Jause gefolgt vom Abendessen an .
Von den zunehmenden Beschwerden einer Leberzirrhose geplagt , öffnete sich Stifter am 26 . Jänner 1868 auf dem Kranken - bett mit einem Rasiermesser die Halsschlagader . Er starb zwei Tage darauf . Sein Suizid blieb in der Todesurkunde unerwähnt . Auf dem St . Barbara-Friedhof in Linz fand Adalbert Stifter seine letzte Ruhestätte . Adalbert Stifter gilt als Meister der biedermeierhaften Natur - dar stellungen . Diese für seine Zeit neuartigen Landschaftsbe - schrei bungen haben dem naturverbundenen Schriftsteller den zweifelhaften Ruf eines Heimatschriftstellers eingebracht . Bis heute wird ihm nachgesagt , er habe die ländliche Lebenswelt als Idylle idealisiert .
Unbestritten ist , dass die meisten seiner Erzählungen im Mühl - viertel , einer ländlichen , um die Flüsse Donau und Moldau gelegenen Raum spielen , d . h . in einer Gegend , die bis heute von Dör - fern und großen Waldgebieten geprägt ist und im abgelegenen Grenzgebiet von Bayern , Böhmen , Mähren und Österreich liegt .
Stifter schrieb als Erzähler einen klaren und scharf beobachtenden Stil . In seiner genauen Sprache beschrieb er meist , dass eigent lich nichts passiert . Seine episch breiten Naturdarstellungen führten zu einer Entschleunigung der Handlung seiner Erzäh - lungen . Zu Stifters Bewunderern zählt Friedrich Nietzsche . Karl Kraus hielt die meisten Schreiber seiner Zeit für völlig bedeutungslos und forderte sie auf , sofern sie noch „ ein Quentchen Menschen - würde und Ehrgefühl ” besäßen , sollten sie „ vor das Grab Adalbert Stifters ziehen , das stumme Andenken dieses Heiligen für ihr lautes Dasein um Verzeihung bitten und hierauf einen solidarischen leiblichen Selbstmord auf dem angezündeten Stoß ihrer schmutzigen Papiere und Federstiele unternehmen .” Das StifterHaus in Linz , ein ehemaliges Wohnhaus Adalbert Stifters , beherbergt heute das Adalbert- Stifter-Institut ( eine For - schungs stätte für Litera turund Sprachwissenschaft ) sowie das Oberösterreichische Literaturhaus .
Stifters Leben und Wirken im Grenzbereich zwischen deutschund tschechischsprachiger Kultur ließ Adalbert Stifter zum Na - menspatron einiger verbindender Projekte werden .
Seit 1947 engagiert sich der Adalbert-Stifter-Verein in Mün - chen , das Erbe der deutschsprachigen Kunst und Kultur in Böh - men zu erhalten . Seit 2001 ist hier auch das offizielle deutschtschechische Kulturinstitut angesiedelt , das den kulturellen Austausch zwischen Deutschland , Österreich und Tschechien fördert und unterstützt .
Auf Antrag der sudetendeutschen Ackermann-Gemeinde wur - de eine Büste des Dichters am 26 . September 1954 durch bayerischen Ministerialbeschluss in die Walhalla aufgenommen . Sie stammt von Otto Herbert Hajek und erfuhr neben Anerkennung heftige Kritik und Polemik . Mehrere Schulen wurden nach Stifter benannt , so z . B . in Bozen ( Südtirol ), Grundschulen in Erlangen , Forchheim , Fürth , Heusenstamm und Würzburg , Realschulen in Heidenheim , München und Schwäbisch Gmünd sowie Gymnasien in Castrop- Rauxel , Linz und Passau .
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