Sonntagsblatt 5/2015 | Page 11

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Schulen ab ( 18 – 19 .). Besonders drastisch äußerte sich das in der böswilligen Annahme , dass die Nationalitätenlehrer , die in der ungarischen Sprache das angeforderte , pädagogisch jedoch irreale Maß nicht erreichten , dies aus bewusster Versäumnis oder aus Sabotage machten , wofür sie dann auch zur Rechenschaft gezogen werden konnten . Nicht umsonst sprach die rumänische Tribuna im Zusammenhang mit dem Gesetz über Polizeikontrolle und reinen Machiavellismus .
So drastisch sich die Lex Apponyi Gesetze im Interesse der Madjarisierung in die Verhältnisse der Nationalitätenschulen auch einzumischen versuchten , konnte die feste Massenbasis der Schulen und auch ihre wirklich vorhandene Selbständigkeit die Auswirkung dieser Verordnungen einschränken . Die Bemühun - gen , die Nationalitätenschulen zu madjarisieren , mussten also notwendigerweise einen Misserfolg erleiden . Diesen Bestrebungen waren von vornherein Schranken gesetzt durch den Mangel an Nationalitätenlehrern , die ungarisch sprachen und durch den Widerstand , den man in der praktischen Lehr- und Erziehungs - tätigkeit ausübte . Auch die Erfahrung des praktischen Nutzens der ungarischen Sprache konnte dies kaum ausgleichen . Die schädliche Auswirkung der Lex Apponyi Gesetze äußerten sich in erster Linie nicht in der Ausbreitung des ungarischen National - geistes oder in der sprachlichen Madjarisierung . Sie zeigte sich v . a . in der Verwahrlosung der Nationalitätenschulen , an der abnehmenden Zahl der Nationalitätenschulen , der Schüler und Lehrer und damit im Zusammenhang an dem Analphabetismus und dem zähen Weiterleben der kulturellen Rückständigkeit der Nationalität . In der Zeitperiode zwischen den Schuljahren 1906 / 07 und 1913 / 14 ging die Zahl der Nationalitätenschulen ( Grundschulen ) von 4395 auf 3321 zurück , es blieben also nur 75,56 % des ursprünglichen Bestandes . „ Die Frage ist nicht die – betonte der bürgerlich – radikale Oszkár Jászi –‚ ob die Nationa - litäten weiterhin Slowaken , Rumänen usw . bleiben oder Ungarn werden , sondern die , ob sie sich slowakisch , rumänisch jenes Kulturminimum aneignen , ohne welches europäische Verwaltung und Ökonomie nicht möglich sind .”
Die Revolutionen um 1918 / 19 eröffneten auch in der Nationali - tätenpolitik neue Wege . Die Ungarische Räterepublik sagte schon am 29 . April 1919 in seiner Verordnung Nr . LXXVII der Natio - nalitätenunterdrückung den Kampf an : „ Die Ungarische Räte - republik , welche auf dem Bund des Proletariats verschiedene Sprachen sprechender , doch gleichberechtigter Völker beruht , wird diesen Zustand lndern .” Die am 23 . Juni angenommene Ver - fassung erklärte die Räterepublik für einen föderalistischen Staat , deklarierte die sprachliche , kulturelle Gleichberechtigung der Minderheiten aufgrund der Rasse oder der Nationalität , und bot den befreiten Nationen die Möglichkeit an , sich der Ungari schen Räterepublik anzuschließen .
Die Revolutionen brachen mit der 50-jährigen Fiktion der ungarischen politischen Nation und erkannten die Nationalitäten Un - garns als selbständige Nationen an . Den Ruthenen ( den Karpato- Ukrainer ), den Deutschen , den Slowaken wurde verwaltungsmäßige , kulturelle und sogar territorial vollständige Autonomie zugesprochen . Dies bedeutete die uneingeschränkte Möglichkeit zum Ausbau eines selbständigen Nationallebens . Erste in dieser Reihe war die Gleichberechtigung der Nationalitätensprachen und die Gründung von Nationalitätenschulen . Auf den von Nationalitäten bewohnten Gebieten ist die Nationalitätensprache als Unter - richts sprache Schritt für Schritt in allen Schulen eingeführt worden . Die ungarische Sprache ist als extra Fach gelehrt worden . Besonders gute Ergebnisse konnten im Unterricht der größten Nationalität , im Deutschen erreicht werden . Bis Anfang Mai 1919 sind 500 Schulen „ verdeutscht ” worden , d . h . man gestaltete sie zu Schulen mit deutscher Unterrichtssprache um .
Die Nationalitätenpolitik der Revolutionsjahre 1918 / 19 be - deutet einen solchen Höhepunkt in der ungarischen Nationa - litäten-Schulpolitik , der in den vergangenen 70 Jahren nicht übertroffen werden konnte .
Fortsetzung folgt

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Runde Gedenktage
Vor 60 Jahren gestorben ROBERT HOHLBAUM starb 1955 ( geb . am 18 . August 1886 in Jägerndorf ). Sudetendeutscher Dichter . Seine Romane und No - vellen behandeln historisch – politische Themen und Künstlerbio - graphien .
Wohl haben anders wir ’ s erdacht im Sonnenglanz und Flaggenprangen ; heut sind wir schweigend durch die Nacht zu euch auf dunklem Weg gegangen . Und doch : uns winkt ein reines Haus und eines lieben Lichtes Keim ; in all dem dunklen Wettergraus fühlen wir tief ; wir kehren heim .
Ob auch kein bunter Wimpel weht , ob alle Jubellieder starben , in uns erklingt ein Dankgebet und unser Herz hisst frohe Farben . Wir waren lang mittellos , uns führte keine gute Hand ; heut bergen wir in deinen Schoss das Haupt und stammeln : „ Vaterland ”.
Robert Hohlbaum
Vor 130 Jahren geboren INA SEIDEL , geb . am 15 . September 1885 in Halle an der Saale ( gest . am 2 . Oktober 1974 in Schäftlarn bei München ). Dichterin ; vor allem Romane und formschöne Lyrik . Bekannt durch die Ro - mane „ Das Labyrinth ”, „ Das Wunschkind ”, „ Lennacker ” und „ Das unverwesliche Erbe ”.
Warum lässt du nicht an dir geschehen , Was doch Berg erleidet und Gestirn ? Warum neigst du nicht dem steten Wehen Einfältig in Demut deine Stirn ? Dass der Hauch dich streift , Der die Frucht gereift , Der zur lauen Flut gelöst den Firn –
Ina Seidel
Vor 140 Jahren geboren FERDINAND PORSCHE , geb . am 3 . September 1875 in Maf - fersdorf bei Reichenberg ( gest . am 30 . Januar 1951 in Stuttgart ). Automobil-Konstrukteur und Gründer der Porsche-AG . 1934 : Bau beginn der Prototypen des späteren Volkswagens , dann auch Panzerfahrzeuge . 1949 : Neugründung des Werkes mit Schwer - punkt sportliche Serienfahrzeuge .
Wir können dem Ewigen nur dienen , wenn wir dem Zeitlichen dienen .
Moeller van den Bruck
Vor 140 Jahren geboren CECILIA TORMAY – die größte ungarische Schriftstellerin Mit dem früheren Familiennamen Krenmüller wurde Cecilia Tormay am 8 . Oktober 1875 in Budapest geboren , – sie starb am 2 . April 1937 in Mátraháza . Interessant ist , dass ihr Geburtsdatum und Ort
( Fortsetzung auf Seite 12 )
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