Sonntagsblatt 5/2014 | Page 25

„Große Ungarn” = Stolz der Madjaren Menschen deutscher Abstammung von Georg Krix Vor 100 Jahren geboren NIKOLAUS YBL (1814–1891) Das 18. Jahrhundert war im wahrsten Sinne des Wortes der Er - bauer Ungarns. Nach den Verheerungen durch die Türken im 16. und 17. Jahrhundert galt es, das Land in schnellem Tempo wieder aufzubauen. Dafür gaben Österreich und die Kaiserstadt Wien im besonderen dem Ungarlande nicht nur Vorbilder und Baupläne, sondern auch Baumeister und Handwerker. Die Wiener Baumeis - ter J. L. Hildebrandt, Jakob Fellner, Emanuel Fischer von Erlach, der Salzburger A. Mayerhoffer usw. erbauten in Ungarn zahlreiche Schlös ser und Kirchen, der große Österreichische Bildhauer Raphael Donner und der Maler Maulbertsch verbrachten ihre frucht barsten Jahre in Ungarn. Im 19. Jahrhundert traten allmäh- lich auch aus Ungarn stammende Baumeister auf – fast durchwegs Ungarndeutsche – die das Aufbauwerk der Österreichischen Ar - chi tekten erfolgreich fortsetzten. Der bekannteste unter ihnen ist Nikolaus Ybl, der am 6. April 1814 in Stuhlweißenburg/ Szé- kesfehérvár ge boren wurde und ursprünglich Eibl hieß. In den Jahren 1825–1832 studierte er an der Wiener Kunstaka - demie, setzte dann seine Studien in München fort, ließ sich nach- her in Pest in die Maurerzunft aufnehmen und arbeitete bis 1836 unter der Leitung des Wiener Baumeisters Michael Pollak, des Erbauers des Nationalmuseums und des Ministerpräsidiums. Am Bau des M useums und der Militärakademie hatte Ybl Anteil wie in Prag an der Erbauung des Kinsky-Palastes. Nach seiner ersten Italienreise, 1839-1840, errichtete er, bereits selbständig gewor- den, die ersten Bauwerke im romantischen Stil: das Schloss der Grafen Károlyi und die Kirche in Fót, eines seiner Hauptwerke, wie auch die Kirchen von Nagycenk und Kaplony. Seine meisten Werke schuf er im Stil der Neurenaissance zur Zeit des Aus - gleiches; sie sind auch heute noch die Wahrzeichen Budapests: die Oper, der Schlossgarten-Basar, die Sankt-Stefans-Basilika, die Franzstädter Kirche, das Hauptzollamt, die Kurie, die Bauwerke der Margareteninsel, der Palast der Grafen Pálffy an der Ecke der Josef- und Eszterházy-Straße; weiters die Paläste, die das Natio - nalmuseum umgeben: die Palais der Grafen Festetich, Károlyi und Degenfeld, das alte Parlament, die Nationale Reitschule usw. Ybl plante auch die neue Königliche Burg und erbaute zahlreiche Privathäuser, Schlösser und Kirchen in der Provinz, so zum Bei - spiel die evangelische Kirche in Kecskemét, das Csurgóer Schloss der Grafen Károlyi und das Kígyóser Schloss der Grafen Wenck - heim; er baute die großen Kirchen von Groß-Karol und Hódmezõvásárhely um, errichtete in Ercsi das Eötvös-Denkmal, in Budapest das Raizische Bad und das Salzbad, mehrere Geld - institute und wirkte als technischer Berater auch bei dem Bau der Akademie der Wissenschaften mit. Ministerpräsident Graf And - rássy beachtete bei der großangelegten Bauplanung von Budapest in erster Linie Ybls Vorschläge. Er war zweifellos zu seiner Zeit der größte Baumeister Ungarns, der durch seine Autorität und sei nen vornehmen Geschmack die Architektur Ungarns und haupt sächlich die Budapests entscheidend beeinflusste. Er war auch Vorsitzender des Vereins ungarischer Ingenieure und Architekten und Mitglied des Oberhauses. Am 22. Jänner 1891 starb Ybl in Budapest; sein Denkmal, ein Werk Eduard Meyers. wurde vor dem Schloss-Basar in Ofen im Jahre 1891 enthüllt. Aus: Johann Weidlein: Die verlorenen Söhne Interessant ist die deutsche Eintragung über Ybl im Internet bei Wikipedia, wonach alle Großen (in diesem Falle Architekten) Unga - ren (gemeint Madjaren) waren. Dagegen wird jedoch daselbst im ungarischen Text erwähnt „Sohn deutscher Eltern”. Merkwürdig! Dazu muss erwähnt werden, wenn ungarische Medien über außer- halb der Grenzen Ungarns lebenden Persönlichkeiten ungarischer Herkunft berichten, dann wird nie versäumt zu betonen: xy ungari - scher Abstammung. Da muss man sich doch fragen: warum ma - chen deutsche Medien es nicht ebenso? z.B. der ungarische xy (Sportler, Künstler, Politiker usw,) deutscher Abstammung… Hier ein Auszug aus der Ybl-Biographie bei Wikipedia: Miklós Ybl war ein ungarischer Architekt und ein bedeutender Vertreter des europäischen Historismus. Zu seinen bekanntesten Werken gehört das Opernhaus in Budapest. Ybl studierte am Wiener Polytechnikum. Ab 1832 arbeitete er im Büro des Architekten Mihály Pollack, ab 1836 bei Henrik Koch. Am Anfang der 1840er Jahre unter- nahm er Studienreisen nach München und nach Italien. Seinen ersten Auftrag führte er mit Ágost Pollack, dem Sohn von Mihály Pollack aus. Es war das Schloss Ikervár von Lajos Batthyány. Den frühen Stil Ybls kann man als romantisch mit romanischen Elementen bezeichnen. Seine spätere Arbeit ist eher den Neore - naissance zugehörig. Eine große Enttäuschung in seinem Leben war, dass er zwar bei der Gründung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften mitwirkte, aber nicht zum Mitglied gewählt wurde. Miklós Ybl starb am 22. Januar 1891 in Budapest. Sein Grab be findet sich auf dem Kerepesi temetõ in Budapest. Also: Alle Vornamen auf Ungarisch. Das muss aber nicht so sein! Diesem schlechten Beispiel zufolge schreibt heute auch (beinah!) jeder ungarndeutsche Bürger János, István, Antal, György usw. an - statt Johann, Stefan, Anton, Georg usw. – wobei es doch dafür keine Vorschrift gibt. Ja, der Verlust unseres deutschen Namens sind die erste Stufe zum Verlust unserer deutschen Muttersprache. O Wer in Budapest wohnt oder dem Budapest näher bekannt ist, dem ist der Name Mechwart nicht unbekannt. Schließlich gibt es doch einen Mechwart-tér (Mechwart Platz) unweit der Margarethenbrücke, wo das Bürgermeisteramt vom 2. Budapester Stadtbezirk und nicht weit davon das Statistische Landesamt (OSH) zu finden ist. Unbe - kannt ist jedoch – allgemein – der Namensgeber dieses Platzes. Erinnerung an ein industrielles Genie Andreas Mechwart Eine der genialsten Führungspersön - lich keiten der ungari schen Industrie war Andreas Mechwart. Mit ihm eh - ren wir den Mann, der die Ganz-Fabrik weltberühmt machte, den einfallsrei- chen Ingenieur, den umsichtigen Fir - men organisator und vielleicht erfolg- reichsten „Kaderpolitiker” der ungari- (Fortsetzung auf Seite26) 25