Sonntagsblatt 5/2014 | Page 22

gar nicht repräsentiert das eine das andere. Wäre es anders, so dürften z.B. Gegenstände (»Sachen«) kein maskulines oder femi- nines Genus aufweisen (der Tisch, die Kommode etc.), männliche Lebewesen kein sächliches Genus (das Mädchen).” Das unerschöpflich scheinende Thema bzw. die Diskussion um dieses geht durch fast alle österreichischen Medien unter Betei - ligung namhaft Persönlichkeiten aus den verschiedensten Berei - chen aus Wissenschaft, Forschung und Kultur. In einem Gastkommentar schreibt die Ethnologin Ingrid Thur - ner in DIE PRESSE vom 17. Juli auf S. 26 unter dem Titel „Wider den Sex im Satzbau” unter anderem: „Die feministische Forde - rung nach Reduzierung des maskulinen bedeutet schon deswegen keine Gefahr, weil Männer ja weiterhin die wichtigen Positionen in Wirtschaft und Staat bekleiden werden. Aber nicht bloß an den oberen Rändern der Gesellschaft, bei Führungskräften und Entscheidungsbefugten tummeln sich zahlenmäßig mehr Männer als Frauen. Auch an den unteren Ausläufern, bei Obdachlosen und Kriminellen, bilden sie die größeren Prozentsätze. Und sie werden auch künftig die meisten Baggerfahrer, Maurer, Schweißer, Schlächter, Soldaten, Söldner, Mörder, Räuber und Diktatoren stellen, Arbeitsfelder bei denen auch Hardcore-Femi - nistinnen eine Gleichstellung meist kein besonderes Anliegen ist . nicht in der Berufsausübung und nicht in der Sprache[…] Es bedarf der Übung und der Überlegung und manchmal vieler Worte, dass die Geschlechtslosigkeit nicht auf Kosten des Inhalts erfolgt. Im Übrigen können viele Sätze ohne Bedeutungsverlust in den Plural verlegt werden, dort gibt es nur den Artikel die. Selbst wenn eine Million Männer etwas tun, dann tun sie es. In der Mehrzahl herrscht seit jeher das Weibliche. Sollte es eines Tages soweit kommen, dass Männer eine Geschlechtersymmetrie im Plural fordern, dann sind sie wohl von jenem Untergang bedroht, der ihnen schon heute prophezeit wird. […] Dann wären Männer tatsächlich eine bedrohte Spezies, die zu schützen, zu fördern und sprachlich gleich zu behandeln ist. […]” Wer unbedingt dem Gebrauch des Binnen-I entgehen bzw. diese meiden möchte, kann auf Formulierungen wie „Studen - tenschaft” anstatt StudentInnen, „Kollegenschaft” anstatt Kol - legInnen, „Arbeiterschaft” anstatt ArbeiterInnen u.a.m. zurück- greifen. FAZIT: im Spracherwerb und Sprachgebrauch müssen den traditionsgemäßen verallgemeinernden Wortformen (der Mensch, die Leute, das Volk) zwecks Verständlichkeit von Texten Vorrang vor den feministischen Anliegen eingeräumt werden, denn Sprache ist Allgemeingut und kein probates Mittel für die Durchsetzung von wie auch immer gearteten Gruppeninteressen. Nikolaus Márnai-Mann A ECHT’S BATSCHKAER KIND In tausend Eck tr Welt Hinkfekt vum Wirbelwind, Reich oder ohni Keld Pleipscht a Batschkaer Kind. A Schwob aus der Batschka Verkesst sein Homet nie, Heert er mol a Polka Nie were miet sei Knie. Tes Lewe wie a Strum hot uns weggeploose. Siekscht noch ten Kerichturm? Oder a ti Rose? In ti scheenschti Jahre Am Ent toch zuruckfind, Wu Freit un Leid ware, A echt’s Batschkaer Kind. 22 NIKOLAUS MÁRNAI-MANN (1914–2001) Vor hundert Jahren wurde der un - garndeutsche Mundartdichter Niko - laus Márnai-Mann in Kumbai/Kunbaja bei Almasch/Bácsalmás geboren. Er gehört noch zu jener Generation, die drei Weltkriege (Kalter Krieg inklusive) mit- und überleben musste. Aufgewachsen ist er noch in seiner donauschwäbischen Mundart, schulisch aber schon in nationalmadjarischer Gesinnung bei den Jesuiten in Kalocsa erzogen. In der kommunistischen Ära übernahm er Verantwortung in der Lehrergewerkschaft in Ungarn,