Sonntagsblatt 4/2018 | Page 27

gut, wie traurig die Situation der deutschen Sprache unter den Ungarndeutschen ist. Und wie der große ungarische Dichter, Fe- renc Kazinczy, es gesagt hat: „In ihrer Sprache lebt die Nation“ – meiner Meinung nach gilt diese Aussage auch für eine Volks- gruppe. Die deutsche Sprache sollte im Mittelpunkt der ungarndeutschen Identität stehen. Wir müssen die Ungarndeutschen davon über- zeugen, dass es sich lohnt, sich mit den – bereits geborenen und noch nicht geborenen – Kindern auch daheim deutsch zu reden. Natürlich können wir, als eine Zivilorganisation, die Situa- tion über Nacht nicht ändern, aber – so wie bisher – werden wir uns für die Erhaltung und Verbreitung der deutschen Sprache mit vollem Herzen einsetzen. Es ist wichtig, dass man nicht nur Kritik übt, sondern auch Vor- schläge auf den Tisch legt. Deswegen wollen wir in der Zukunft daran arbeiten, dass die Jakob Bleyer Gemeinschaft die Zahl ihrer Mitglieder erhöht, um dadurch – nach dem Motto „mehr Menschen haben mehr Gedanken“ – viele und gute Vorschläge ausarbeiten zu können. Der konstruktive Dialog soll in unserer Mitte praktiziert werden, und Motor dieser Entwicklung soll die ungarndeutsche Intelligenz werden, die auf eine lange Geschich- te zurückblickt. Jakob Bleyer und Edmund Steinacker, um nur zwei große Per- sönlichkeiten unserer Intelligenz hervorzuheben, die aus einer ganz anderen Perspektive das Ungarndeutschtum betrachtet haben. Bleyer sah eine auf dem Bauerntum basierende ungarn- deutsche Zukunft, währenddessen Steinacker das ungarndeut- sche Bürgertum stärken wollte. Sie beide hatten Recht! Ohne die ländliche Bevölkerung werden die akademischen Gespräche in den Kaffeehäusern nur Zeitverschwendung und ohne das Bürgertum werden die richtigen Lösungen auf die Herausforde- rungen der Zeit nicht gefunden. Die JBG will also den Begriff „ungarndeutsches Bürgertum“ wieder mit Leben füllen, was die Basis einer gemeinsam denkenden ungarndeutschen Intelligenz sein könnte. Bisher habe ich kein Wort über unsere Zeitung, das Sonntags- blatt, verloren, obwohl es eigentlich die Hauptrolle in der Tätigkeit des Vereins spielt. Wer die Zeitschrift verfolgt, konnte schon er- kennen, dass das Design des Sonntagsblattes deutlich verändert und an die Erwartungen des 21. Jahrhunderts angepasst wurde. Was ich aber für viel wichtiger halte, ist, dass auch der Inhalt der Zeitung weiterentwickelt wurde: Es wurden neue Themen, neue Perspektiven und neue Rubriken eingeführt. Wir versuchen immer mehr mit eigenen Materialen zu arbeiten, um den Inhalt exklusiver zu gestalten. Hierbei gibt‘s noch sehr viel zu tun, aber wir werden auch in der Zukunft daran arbeiten. nicht die Studienleistungen, sondern vielmehr das zivile Enga- gement im Mittelpunkt. Andererseits möchten wir den Namen der ungarndeutschen Persönlichkeit, Géza Hambuch, am Le- ben erhalten und sein Lebenswerk den heutigen Generationen bekannt machen. Als ich im Land unterwegs war, hatte ich von den Älteren immer gehört, wie bekannt und beliebt er war. Und, als ich mich mit Jugendlichen unterhielt, musste ich traurig er- fahren, dass fast niemand aus meiner Generation diesen Na- men kennt. Dies müsste geändert werden und – meiner Mei- nung nach – ist dieser Preis eine sehr gute Gelegenheit dafür. Nun, ich habe viele und vielseitige Ziele genannt. Alle haben aber eine Gemeinsamkeit: Wir wollen sie alle mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts erreichen. Kurz gesagt: Die JBG geht auf dem Bleyer‘schen Weg – nach den Werten unseren Namensgebers – weiter, aber in einer modernen Form. Dies wird zugleich der rote Faden in den kommenden Jahren der JBG – getreu dem Motto: „Für das Ungarndeutschtum des 21. Jahrhunderts!“ Sonntagsblatt-Lesertreffen in Fünfkirchen und Budapest Lesertreffen in Fünfkirchen (eigenes Foto) Die Jakob Bleyer Gemeinschaft startete vor kurzem eine landes- weite Programmreihe, in deren Rahmen sich die Redakteure des Sonntagsblattes in verschiedenen, von Ungarndeutschen be- wohnten Ortschaften mit den Lesern der Zeitung treffen. Das Ziel dieser Veranstaltungsreihe ist, dass man die Mitarbeiter der Zeit- schrift kennen lernt und daneben Gespräche über für die Zukunft des Ungarndeutschtums wichtige Themen führt. Eine andere großartige Neuigkeit war, dass wir ein Nachrichten- portal errichtet haben, die Seite www.sonntagsblatt.hu. Sie wird zweitäglich aktualisiert und bietet den Lesern dadurch aktuelle Nachrichten aus der Welt der deutschen Minderheiten. Ich kann stolz sagen, dass diese Seite – verbunden mit der Facebook-Sei- te – bereits jetzt viele Erfolge gebracht hat: Einige unserer Artikel haben Tausende erreicht. Ich verspreche es Ihnen sehr gerne, dass wir auf diesem Weg auch weitergehen werden. Das aktuelle Thema ist die Verwendung beziehungsweise Nicht-Verwendung deutscher Vornamen. Wir möchten erfahren, was unsere Leser über die heutige Praxis der Namensgebung unter den Ungarndeutschen denken, wie sie zum Beispiel dazu stehen, dass neugeborene Schwaben urmadjarische Namen wie Botond oder Csenge bekommen, während dessen deutsche Vornamen christlichen Ursprungs wie Johann oder Stefan selten gegeben werden. In der Zukunft möchten wir die zwei von uns gegründeten Preise weiterführen. Wir haben unsere Ziele mit diesen Auszeichnun- gen bereits mehrmals betont, dennoch möchte ich sie nochmal wiederholen. Beim Jakob-Bleyer-Preis ist es eindeutig: Unser Verein will damit solche Personen ehren, die in ihrem Leben vorbildlich für das Ungarndeutschtum gearbeitet haben bezie- hungsweise heute noch arbeiten. Beim Géza-Hambuch-Preis haben wir zwei wichtige Ziele. Einerseits möchten wir junge Erwachsene weiter motivieren, die im Minderheiten- und Ju- gendbereich schon jetzt beispielhaft aktiv sind. Dabei stehen Das allererste Lesertreffen, in Fünfkirchen, war recht interessant, so wie auch das zweite Treffen, das in Budapest stattgefunden hat. Die dritte Veranstaltung fand nach unserem Redaktions- schluss Ende November in Wudersch statt. Wir bedanken uns recht herzlich beim Lenau-Haus, das uns den Saal kostenlos zur Verfügung gestellt hat, und beim Ministerium für Humane Res- sourcen, das die Veranstaltungsreihe fördert. Ein großer Dank geht an die zivile Organisation „Társak a Teleki Térért“, die die Benutzung des Saals für die Veranstaltung in Budapest ebenfalls kostenlos ermöglichte. SoNNTAGSBLATT 27