Sonntagsblatt 4/2018 | Page 23

Demokratieverständnis mit meinem Gewissen nicht vereinbaren und zwingt mich dazu, als die einzige Form meines Protestes meinen Rücktritt aus der LdU-Vollversammlung zu erklären. Die- se Abstimmung war für mich der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Dass ein Gesetz – rechtswidrig – erlaubt, NGO-Mitarbeiter, die ihre alltägliche Arbeit tun, mit bis zu einem Jahr Haftstrafe zu bedrohen, lässt in mir die Frage aufkommen, ob nun nicht eine Lawine in Bewegung gesetzt würde, bei der nun im nächsten Schritt die Vereine, ehrenamtliche Mitarbei- ter, auch engagierte Angehörige der deutschen Minderheit in Ungarn, betroffen sein könnten? Meine Befürchtung lässt sich mit meinem Gewissen als Mitglied der Vollversammlung nicht vereinbaren und ich bitte darum, meinen Rücktritt anzunehmen. Ich kann nur darauf hoffen, dass dies bei der nächsten Sitzung ausreichend behandelt wird, gerne kann auch mein Brief (vor) gelesen werden, um eine Diskussionsbasis zu schaffen. Ich verstehe meine Rücktrittserklärung als kleines Sandkörnchen in der Wüste, und es ist mir bewusst, dass mein persönlicher Protest nichts bewirken und verändern wird, trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass mir bei der genannten Abstimmung eine Enthaltung genügt hätte, um durch den (unabhängigen?) Ver- treter der ungarndeutschen Gemeinschaft ein Zeichen gesetzt zu bekommen. Ich distanziere mich von der Ja-Stimme unseres ungarndeut- schen Abgeordneten in dieser wichtigen, zukunftsbeeinträch- tigenden Entscheidung. Pluralismus heißt nämlich auch die Stimmen derer zu vertreten, die nicht meiner Meinung sind, sich jedoch als konstruktive und wichtige Akteure unserer Gemein- schaft auszeichnen. Diesen Aspekt sehe ich nicht gesichert! Ich bitte darum, dieses mein Anliegen zu diskutieren und meine Rücktrittserklärung anzunehmen. Für die Zukunft wünsche ich der Vollversammlung gute Arbeit, konstruktive Diskussionen, weiterführende Gespräche und alles Gute! Mit besten Grüßen: Angela Korb Das Niedersächsische wurde offiziell anerkannte Sprache in den Niederlan- den Von Stefan Pleyer wird somit mehr geschützt. Die niederländische Zentralregierung und die Regierungen der Provinzen sprachen sich an diesem Mittwoch (10. Oktober, Red.) dafür aus, dass sie alles tun werden, um das Niedersäch- sische am Leben zu erhalten und ihre Verwendung in der Be- völkerung zu stimulieren. Die Sprache wird derzeit in Groningen/ Gröningen, Drenthe, Overijssel, Nord-Ost Veluwe, dem Achter- hoek und in Oost- und Weststellingwerf gesprochen. In den Niederlanden hatte das Niedersächsische bis jetzt bloß den inoffizellen Status eines Dialekts, aber durch diese Entschei- dung wird es im Weiteren als Regionalsprache betrachtet. Das bedeutet, dass es nun anerkannt wird und die Regierung seine Verwendung fördert, aber es ist beispielsweise nicht möglich, es zu unterrichten, und die in Niedersächsisch verfassten juristi- schen Dokumente sind derzeit nicht rechtsgültig. Genau dies ist der Fall beim Friesischen. Die Anzahl der Sprecher, die das Niedersächsische regelmäßig verwenden, ist nicht bekannt. Die Zahl in den Niederlanden wird auf rund 4,8 Millionen geschätzt. Außer in den Niederlanden kommt es auch in Deutschland, Dänemark, Russland und Po- len vor. In den Niederlanden ist die Anzahl der Sprecher in den letzten Jahrzehnten wesentlich zurückgegangen, weil Eltern die Sprache nicht mehr standardmäßig an ihre Kinder weitergeben. s Literatur Buchrezension von Anna Gáspár Uns erreichte vor einigen Monaten eine Buchbesprechung von Anna Gáspár, einer pensionierten Bauingenieurin und Buchau- torin aus dem Budapester Stadtteil Burgerberg/Sasad, die das Werk aus der Perspektive einer madjarischen Akademikerin ana- lysiert. Das Buch hat vergangenes Jahr auch Johann Till (Oh- falla/Wemding) rezensiert (SB 03/2017). Deutsche Übersetzung: Richard Guth __________________________________________ Anna Kerekes: Ohne Beschönigung - Das bewegte Leben einer schwä- bischen Familie /Megszépítés nélkül – Egy sváb család hányattatásai/, Verlag Ad Librum, Budapest, 2017, 306 Seiten, in ungarischer Sprache, 2990 Ft Dieses Buch ist keine Belletristik, sondern ein Sachbuch. Prä- zise, gewissenhaft, unbefangen, ehrenhaft, ehrlich. Es ist nicht tendenziös. Und lässt sich auch nicht in diese oder jene Rich- tung biegen. Deshalb beschreibt der Titel des Buches – Ohne Beschönigung – am besten Sinn und Wert des Werkes. Anna Kerekes macht auf 300 kleingedruckten und vollgeschrie- benen Seiten mit erstaunlicher Detailtreue Lebensform, Vergan- genheit und Traditionen einer bedeutenden Bevölkerungsgruppe in Ungarn publik. Warum hat mich das Buch angesprochen und gefesselt? Die niederländische Regierung und die Provinzen Gröningen, Drenthe, Friesland, Overijssel und Gelderland unterzeichneten diese Woche (des 8. Oktober, Red.) einen Vertrag, der das Nie- dersächsische (Nedersaksisch) zur offiziell anerkannten vollwer- tigen Sprache (Regionalsprache) macht. Die sterbende Sprache SoNNTAGSBLATT Zum einen, weil ich nie in einem schwäbischen (deutschsprachi- gen) Milieu gelebt habe, weder auf dem Dorf noch in der Stadt. Es ist meine eigene Beobachtung während Urlaubsaufenthalte in meiner Kindheit, dass das unterschiedliche äußere Erschei- nungsbild der Dörfer von der dort ansässigen Bevölkerung ab- hängt. Ich sehe in meinen Erinnerungen die gepflegten, saube- ren schwäbischen Dörfer des Donauknies, die stets arbeitsamen, schlechtgelaunten, mürrischen, ordnungsliebenden, gesetzes- treuen Menschen, Frauen, Kinder. Viele von ihnen waren bei den Staatsbahnen und bei der Post angestellt und sind es auch heute (Fortsetzung auf Seite 24) 23