Sonntagsblatt 4/2016 | Page 15

Drei Typen von Minderheitenschulen schuf diese Verordnung : Typ A mit muttersprachlichem Unterricht , Typ B mit ungarischer und deutscher Unterrichtssprache , und Typ C mit ungarischer Unterrichtssprache , wobei in 2 Wochenstunden Deutsch unterrichtet wurde .
Im Jahre 1931 gab es in 390 deutschen Ortschaften 463 Volks - schulen ; von diesen gehörten 49 zum Typ A , 98 zum Typ B und 316 zum Typ C . Es hatten also die 551 000 Ungarndeutschen 49 Volks - schulen mit deutscher und 98 mit gemischt ungarischer und deutscher Unterrichtssprache . Dass man Schulen , wo in 2 Wochen - stunden Deutsch unterrichtet wurde , als deutsche Anstalten be - zeichnen könnte , ist außerhalb Ungarns niemandem eingefallen .
Fortsetzung folgt
Beitrag deutscher Menschen zum Wohl des ungarischen Vaterlandes

Deutsche Kulturleistungen im Donau- und Karpatenraum

Beispiele zu diesem Thema werden wir im Sonntagsblatt laufend bringen
Das deutsche Theaterwesen in Ungarn – 1 . Teil
Graf Stefan Széchenyi schrieb am 22 . Juli 1832 in sein Tagebuch , Ungarn sei „ ersäuft in teutscher Intelligenz ”, und am 28 . Juni 1830 hatte er der Befürchtung Ausdruck gegeben , das Madjaren - tum werde die Kultur des ungarländischen Deutschtums niemals erreichen und es also nie assimilieren können . Und noch 1846 erklärte Josef Bajza , der Führer der ungarischen Literatur vor 1848 , die hohe Kultur der Ungarndeutschen sei „ so ansteckend und für unsere Nation gefahrvoll ”.
Man fragt sich , was mit dieser hohen deutschen Kultur in Ungarn geschehen ist , denn die Ungarndeutschen , die 1945 / 46 vertrieben worden sind , waren ein Bauernvolk , die meisten konnten kaum deutsch lesen und schreiben . Von einer Kultur , über die sich führende Madjaren im vorigen Jahrhundert noch so besorgt äußerten , war kaum eine Spur zu finden .
Ungarische Forscher versuchten diesen Verfall der Kultur des Ungarndeutschtums und die Madjarisierung des Stadtbürgertums mit dem „ großartigen Schwung des madjarischen Nationalgeis - tes ”, der Anziehungskraft der politischen Ideen des ungarischen Vormärz zu erklären doch zeigten eingehendere Untersuchungen , besonders die bekannt gewordenen Tagebuchnotizen des Grafen Széchenyi , dass der in Schwung geratene madjarische Nationalgeist auch Faust und Prügel mitschwingen ließ und die Madja - risierung des Stadtbürgertums mit großem physischem und seelischem Terror erfolgte . Die nun folgende Untersuchung über den Untergang des deutschen Theaterwesens in Ungarn soll eine bisher wenig beachtete Seite des Madjarisierungsvorgangs im 19 . Jahrhundert beleuchten .
In fast allen königlichen Freistädten Ungarns und Kroatiens gab es schon im 18 . Jahrhundert nicht nur deutsche Theatergesell - schaften , sondern auch feste Schauspielhäuser . Sie richteten sich nach dem Vorbild des Wiener Burgtheaters , und manche von ihnen hielten zeitweise einen Vergleich mit dieser Bühne aus . Ein intelligentes deutsches Publikum füllte allabendlich die Räume der Theater , doch gehörten zu den Besuchern auch Mitglieder des ungarischen hohen und mittleren Adels , gebildete Serben und Rumänen , die allesamt die deutsche Sprache sehr gut beherrschten . Beachtenswert ist , dass im Ofener Theater bereits 1784 deutsche Schauspieler Vorstellungen in ungarischer Sprache gaben ; die Begründer des madjarischen Schauspiels waren also Deut - sche . Im Preßburger „ Magyar Hírmondó “ ( Ungarische Nachrich - ten ) konnte man darüber lesen :
„ Es gereicht den Direktoren der in Ofen und Pest spielenden deutschen Gesellschaft zum ewigen Ruhm , dass sie das , was sich von den Madjaren bisher keiner gewagt hat , vollendet haben . Sie haben nämlich Möllers » Graf Waitron oder die Subordination « in der ungarischen Übersetzung von Johann Kónyi aufgeführt .”
1790 erscheint die erste ungarische Spieltruppe in Ofen ; unter dem Eindruck des nationalen Aufbrausens auf dem Landtag 1790 hatte sich eine Gruppe unter László Kelemen zusammengefunden und spielte aus dem Deutschen übersetzte Schauspiele auf der deutschen Bühne . Die ungarischen Literaturforsche betonen , dass für diese Schauspieler das Theater nur ein Mittel im Dienste des Madjarentums und der ungarischen Sprache war ; sie pflegten die Schauspielkunst lediglich zur Verbreitung des Madjarischen .
Darum betätigten sie sich auch nicht in den madjarischen Groß - siedlungen des Tieflandes , sondern in den deutschen Städten , wo es deutsche Schauspielhäuser und eine gute Theatertradition gab . Während die deutschen Gesellschaften von den Eintrittsgeldern lebten und den Städten hohe Mieten zahlen mussten , waren die ungarischen Schauspieler unabhängig von der Zahl der Besucher ; sie konnten auch vor leeren Häusern spielen , denn ihre Geldgeber waren die Großgrundbesitzer und der Komitatsadel . Als um 1840 diese Gruppen einen verstärkten Druck auf die politisch machtlosen Städte ausübten , ließ der Temeschburger Ma gistrat in den Vertrag mit dem deutschen Theaterdirektor den Punkt aufnehmen , wonach , wenn eine ungarische Gesellschaft käme , diese von jeder Miete frei sei und weder für das Gebäude noch für die Benützung der Requisiten etwas zu zahlen habe . In Fünfkirchen gewährten die Aristokraten dem ungarischen Direktor Erdôs 4000 Gulden Unterstützung ; und als er sich über den geringen Besuch beklagte , teilten ihm die Mäzene mit , er ha - be damit rechnen müssen , dass der Kampf in Fünfkirchen schwer und der Ausgang ungewiss sei , denn dort , wo der größte Teil der Bevölkerung deutschsprachig ist , sei die Gründung eines madjarischen Theaters schwierig .
Aber schon früher hatten die Städte die deutschen Gesell schaf - ten verpflichtet , ihre Bühnen wöchentlich zweimal ungarischen Schauspielern zu überlassen , sollten sich solche einfinden . Cha - rakteristisch ist auch , dass Graf Paul Ráday , der 1814 Pächter und Direktor des Pester deutschen Theaters wurde , seinen Entschluss in einem Brief an Franz Kazinczy damit begründete , er wolle mit den Einnahmen des deutschen Theaters die ungarischen Schauspieler unterstützen .
Im Jahre 1812 wurde in Pest auf dem heutigen Vörösmarty- Platz in der Innenstadt ein neues deutsches Theater eröffnet . Mit 3 500 Sitzplätzen war es das wohl größte Schauspielhaus seiner Zeit . Es schien ein uneinnehmbares Bollwerk der deutschen Kul - tur zu sein in einer fast rein deutschen , von zahlreichen deutschen Dörfern umgebenen Großstadt . Dennoch war diese Bühne schon vor 1848 ausgeschaltet . Ihr bereitete das 1837 eröffnete ungarische National-Theater in Pest , vorn Pester Komitat errichtet und finanziert – 1840 übernahm der Landtag die Finanzierung – eine gewisse Konkurrenz ; die große Überschwemmung fügte ihr großen Schaden zu , während das am Stadtrand gelegene National - theater davon fast unberührt blieb . Aber die eigentliche Gefahr kam nicht von den Naturelementen her , auch nicht von der madjarischen Konkurrenz . Immerhin begann das ungarische Theater , das über fast unbegrenzte Mittel verfügte , gespeist aus den Steuergeldern des ganzen Landes , seine Tätigkeit , indem es gute deutsche Kräfte abwarb und ihnen gelegentlich die sechsfache Gage zahlte . So gelangte u . a . Franz Erkel , der zweite Dirigent des
( Fortsetzung auf Seite 16 )
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