Sonntagsblatt 4/2015 | Page 8

– wie allgemein erwünscht – mehrsprachig ! Sie können außer dem ererbten Schwäbisch , das doch eine deutsche Sprache ist auch noch Ungarisch ( die Jüngeren schon – leider – als Mutterspache ). Aber wie ist es mit den madjarischen Mitbewohnern ? Sollten nicht auch die mehrsprachig sein ? Sollte man nicht auch die dazu bewegen , sich noch eine Fremdsprache beizulegen , sagen wir z . B . Deutsch ? Müsste man in einem solch mehrsprachigen Dorf nicht auch in mehreren , in verschiedenen Sprachen untereinander kommunizieren können ? Wohl richtig , dass Vater Staat von allen Bürgern erwartet die Staatssprache zu können . Doch ebenso sollte er auch erwarten , dass alle Bürger mehrsprachig seien ! – im „ gemischten ” Dorf brauchte da bestimmt ( noch ) nicht das Englische die Zweitsprache sein .
MERKWÜRDIG , dass in Ungarn die Sprachen nicht gleich - berechtigt sind .
Warum die „ ungrischen Schwaben ” nicht deutsch können
Als Erklärung stehe hier das Beispiel der Ortschaft Ganna , ein deutsches Dorf im ungarischen Buchenwald ( Bakonyer-Wald ):
… Mit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts ( 1900 ) wurde der deutsche Unterricht in der Schule von Ganna durch die Behörden bereits erheblich zurückgedrängt . Schon lange vor der Vertrei - bung wurde nur noch ungarisch unterrichtet . Die rein deutschsprachige Bevölkerung Gannas hatte somit schon längst keinen schulischen Zugang mehr zu ihrer Muttersprache . Davon unberührt , hat sich der in Ganna gesprochene bayerisch-österreichische Dialekt bis zur Vertreibung voll erhalten . Ein Bezug zur deutschen Hochsprache und zur deutschen Orthographie bestand jedoch nicht mehr …
Merkwürdig ? Nein , – in Ungarn war das schon immer so selbstverständlich .
So selbstverständlich , dass viele dieser ungrischen Schwaben keine Schwaben mehr sein wollten , sondern echte Madjaren . Ja , echte ! Weil Kindergarten und Schule hat sie dazu erzogen . Man darf sagen , seit dem 1 . Weltkrieg haben unsere Schwaben in der Schule nicht mehr Deutsch gelernt . Im Kindergarten ( den ich in den Jahren 1932 – 33 besuchte ) wurde mit uns Kindern nur Unga - risch gesprochen ( kein Wort deutsch , anfangs musste die Amme helfend übersetzen , wenn wir „ hinausgehen ” mussten ) – so haben wir jedoch nach 2-3 Jahren gut ungarisch reden können . In den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts lernten wir Kinder in der Schule das Gedicht von Lajos Pósa „ Magyar vagyok ”, dessen erste Strophe wir einbüffeln und fleißig aufsagen mussten . Magyar vagyok Magyar vagyok , magyar . Magyarnak születtem . Magyar nótát dalolt a dajka felettem . Magyarul tanított imádkozni anyám És szeretni téged , gyönyörû szép hazám ! Frei übersetzt : Ich bin Madjare – Madjare bin ich , Madjare . Zum Madjaren ge - boren . – Madjarisches Lied sang mir meine Amme . – Madjarisch lehrte mich meine Mutter beten – und lieben dich , mein herrlich schönes Vaterland !
Das wirkte . Kinder sind dafür empfänglich . Und manche Eltern gaben sich damit zufrieden . Unsere Kinder von heute müssen das nicht mehr einbüffeln .
Ihnen ist das eigentlich schon „ selbstverständliche ” Wirklichkeit . So merkwürdig das auch ist – man braucht sich darüber nicht zu wundern !

Lückenhafte Berichterstattung

Ich lese ( natürlich ) unsere Neue Zeitung und darin mit Vorliebe Buchpräsentationen / Rezensionen . Für solche habe ich immer Interesse , deshalb lese ich sie auch in anderen Zeitschriften . Da merkt man Unterschiede in der Bewertung und auch in der Auslegung . 1 ) In NZ Nr . 19 auf Seite 6 stach mir der Namen Senz ins Auge . Unter der Überschrift „ Ein Klassiker der Geschichte ” wird die Person Josef Volkmar Senz und sein Werk „ Geschichte der Do - nauschwaben von den Anfängen bis zur Gegenwart ” dargestellt . Gut und verständlich abgefasst . Doch eben beides ( Leben und Werk ) – leider – zu kurz und somit lückenhaft . Ein wenig über die Person Senz , nur kurz über das Buch und ebenso kurz – aber treffend – über Bedeutung der Geschichte . Was beim Leser bestimmt nachhaltigen Anklang findet : J . V . Senz ein Klassiker der donauschwäbischen Geschichte mit einem Leben für die Donau schwa - ben .
Worüber in der Rezension aber nichts zu lesen ist : Senz und das Ungarndeutschtum . Also ergänzend , doch ebenfalls kurz gefasst eine kleine Bio - graphie . Josef Volkmar Senz war als Kind Ungarndeutscher , – weil doch sein Geburtsort in der Batschka bis zum Ende des I . Weltkriegs zu Ungarn gehörte . Dann wurde er – infolge Trianon – Jugoslawiendeutscher . Im schönsten Mannesalter , als die Batsch - ka zu Ungarn „ heimkehrte ” war Senz plötzlich wieder Ungarn - deutscher . Zu einer Zeit , als die schulische Lage der Nationa li - täten für Ungarn zu einem großen Problem wurde . Als in den rückgegliederten Landesteilen auch viele deutsche Schulen Ungarn in den Schoß fielen . Deren Betreuung wurde – gewollt oder ungewollt – von der Regierung dem Volksbund der Deut - schen in Ungarn überlassen , der ja zur gleichen Zeit auch dabei war die ersten von der ungarischen Regierung zugelassenen deutschen Schulen zu organisieren . Senz wurde nach Budapest geholt in das Landesschulamt des VDU , hier hatte er die Abteilung für deutsche Volksschulen zu leiten . In dem von ihm verfassten Heft „ Volksdeutsche Schulerziehung in Ungarn ” ist , bezogen auf das Schuljahr 1942 / 43 , u . a . zu lesen : Als volksdeutsche Volksschulen betrachten wir die 47 Volksschulen des Deutsch – Evangelischen Generaldekanates in Siebenbürgen , an denen derzeit 104 Lehrkräfte nahezu 4500 Schüler unterrichten , und die 22 Volksschulen des Volksbundes der Deutschen in Ungarn mit 60 Lehrkräften und rund 2200 Schülern .
Über Leben und Wirken des Josef Volkmar Senz in Budapest ( mit Wohnung in Wudigeß / Budakeszi ) ist ausführlich in dem von seinem Sohn Ingomar Senz und Enkeltochter Rotraud Senz verfassten Buch ( München 1999 , 212 Seiten ) „ Ein Leben für die Donauschwaben “ zu lesen .
Der Donauschwabe , Mensch , Lehrer , Organisator , Historiker , Schriftsteller Josef Volkmar Senz soll Vorbild auch für uns Ungarn - deutsche sein ! 2 ) Und wieder in der NZ ( 19 . Juni 2015 ) wurde ich beim Lesen der Buchdarstellung „ Gesamtdarstellung der donauschwäbischen Geschichte ” darauf aufmerksam , dass viel ( gut und schön ) über „ Donauschwabentum ” mit Betonung des Schicksals der Jugosla - wien deutschen berichtet wird , jedoch Ungarn bzw . „ Ungarn - deutsch tum ” nicht erwähnt wird . Dabei ist es doch selbstverständlich , dass in der donauschwäbischen Geschichte neben Jugo - slawien ( Batschka ) und Rumänien ( Banat ) auch Ungarn nicht fehlen kann .
Da besagtes Buch unlängst auch im GERHARDSBOTE ( Heft 1 / 2015 ) besprochen wurde , will ich hier – der inhaltlichen Vollständigkeit halber – diese Rezension wiedergeben . Unlängst erschienen :
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