Sonntagsblatt 4/2015 | Page 11

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zu Ende . An einer „ echten deutschen ” Messe wird man in der großen Fünfkirchner Diözese , die einst dicht von Ungarndeutschen bewohnt war , nur mehr am Bischofssitz , in der Innerstädtischen Kirche in Pécs , aber in keiner Landgemeinde mehr teilnehmen können . Damit wird wieder ein schwäbisches Licht gelöscht . Gerade dort , wo man sich noch danach sehnt , wo es noch ein echtes Bedürfnis für die gläubige Bevölkerung gibt . Es ist so , als nimmt man ihnen das letzte Stück schwäbische Heimat weg . Und das , von der eigenen Kirche . Ohne ein Wort der Rücksprache oder des Verständnisses seitens des Bischofs . Der ausgezeichnet deutsch sprechende schwäbische Pfarrer Wigand wird in eine große Stadtgemeinde versetzt , wo das schwäbisch / deutsche Wort längst keine Alltagssprache mehr ist , wie in Ohfala .
Ob die Entscheidung des Bischofs von Fünfkirchen notwendig war , können die Gläubigen von Ohfala nicht beurteilen . Ob sie gut durchdacht war und ob dabei auch ihr Herzensanliegen bedacht wurde , daran zweifeln so manche . Ahnen sie doch alle tief im Inneren , dass sie „ Stiefkinder der Sprache ” sind . Nicht nur im politisch – gesellschaftlichen Leben , auch im kirchlichen . So wie es die ungarndeutsche Dichterin Valéria Koch mitfühlend zutreffend formulierte : Sag mal wer kennt dich für wen bist du wichtig aus irrer Rache bist Stiefkind der Sprache
( Valéria Koch : Stiefkind der Sprache )

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Vor 200 Jahren wurde Otto von Bismarck geboren

Ein großer Staatsmann

Von Jan Ackermeier
Otto von Bismarck , geboren am 1 . April 1815 , der Gründer des Deutschen Reiches 1870 / 71 und dessen erster , „ Eiserner ” Kanz - ler , ist die prägende Figur der europäischen Politik im letzten Drittel des 19 . Jahrhunderts . Zwischen 1862 und 1890 bestimmte er zunächst die preußische , später die deutsche Politik . Zunächst zutiefst antidemokratisch , kämpfte er gegen liberale Ideen und demokratische Reformen . In sein politisches Handeln fallen der Kulturkampf und die Sozialistengesetze , mit denen er gegen den Einfluss der katholischen Kirche und die aufstrebende Sozial demokratie mit staatlicher Härte vorgegangen ist . Auf ihn gehen aber auch bis heute geltende Regelungen wie die Zivilehe und das Sozialversiche - rungs system in Deutschland zurück . Es sollte kein Staatskirchen - tum geben , die geistliche Schulaufsicht wurde abgeschafft , der Unterricht in den Volksschulen sollte unentgeltlich sein . 1875 wurde für das ganze Reich die obligatorische Zivilehe eingeführt und der Taufzwang aufgehoben ( Beurkundung des Personen - standes durch Standesämter ).
Außenpolitisch setzte er die Einigung der deutschen Staaten zu einem ersten deutschen Nationalstaat durch . Dabei vertrat er aus realpolitischen Gründen die „ Kleindeutsche Lösung ”, die ein Deut sches Reich ohne die deutschen Teile Österreichs oder gar der gesamten Donaumonarchie bedeutete . Um dies zu erreichen , führte er in den 1860er Jahren drei Kriege : den deutsch – dänischen Krieg , den Krieg Preußens gegen Österreich und den deutsch – französischen Krieg von 1870 / 71 , an dessen Ende die Gründung des zweiten deutschen Kaiserreichs stand . Bismarck betrachtete das neue Deutschland als einen „ saturierten ” Staat , der keines Machtzuwachses mehr bedurfte .
Der „ letzte große Staatsmann Europas ”, Otto von Bismarck , dachte im Sinne des überlieferten Staatensystems , das erst durch die nationalstaatliche Einigung Italiens und Deutschlands seine Vollendung erfahren hatte . Bismarcks Außenpolitik seit 1871 zielte darauf ab , die bestehenden „ Machtverhältnisse Europas in einem System des Friedens zu erhalten .” Bismarck suchte ständig Freundschaft mit Russland . Er sah in Russland die befreundete Monarchie , deren Gewicht im Kreise der Mächte weitgehend auf dem starken deutschen Anteil an der führenden Schicht beruhte , die zudem durch die polnische Frage an die Interessengemein - schaft mit Preußen gebunden war . Russland war für Bismarck nicht aggressive , sondern konservative Macht , deren Aufgabe in Asien lag . Das folgenreiche Ergebnis seiner Petersburger Mission 1859 / 62 war gewesen , dass das Zarenreich die preußischdeutsche Einigung akzeptierte . Noch 1867 bezweifelte er , dass in Russland jemals eine antideutsche Stimmung Oberhand gewinne . Er hat die unverbrauchte Kraft der Slawen beobachtet und wohlbedacht richtig prophezeit : „ Vielleicht hält der Osten die Schlüssel der Zu - kunft Europas : China , Russland oder beide ”, so schrieb Bismarck in seinen „ Erinnerungen ”.
Bismarck baute seine Pläne auf einer scharfsichtigen Diagnose und kühnen Prognosen der weltpolitischen Lage auf . Bismarcks Politik und die Gründung des ersten deutschen Einheitsstaates waren aber auch undenkbar ohne die Rückendeckung , die Russ - land ihm bot . Seine Politik war also eher eine „ Revolution von oben ”. Bismarck schuf in der Verfassung des Deutschen Reiches einen Kompromiss zwischen dem überlieferten monarchischen Staat und den Forderungen der Liberalen , die den Vertretern des Volkes sowohl das Recht der Gesetzgebung als auch den bestimmenden Einfluss auf die Regierung in die Hand geben wollten .
Sein politisches Ende ging einher mit dem Tod Wilhelms I . im „ Dreikaiserjahr ” 1888 . Wilhelm II . und Bismarck fanden politisch und menschlich nie zueinander , sodass Bismarck 1890 als Reichs - kanzler und genialer Außenpolitiker zurücktrat , und mit ihm steuerte auch die deutsche Außenpolitik in eine gefährliche Isolation , die mit dazu beitrug , dass Deutschland knapp 20 Jahre nach seinem Rücktritt von Gegnern umzingelt war . Am 30 . Juli 1898 starb der Ausnahmepolitiker Otto Eduard Leopold von Bismarck- Schönhausen , ab 1865 Graf , ab 1871 Fürst von Bismarck , ab 1890 Herzog zu Lauenburg , auf seinem Gut in Friedrichsruh bei Hamburg .
Aus : DER ECKART , Heft April 2015
Es geschah zu Kriegsende :

Ans Messer geliefert

von Jan von Flocken
Generalleutnant Charles Keightley , Kommandeur des V . britischen Armeekorps , erließ am 24 . Mai 1945 einen verhängnisvollen Befehl : „ Es ist von allergrößter Wichtigkeit , daß sämtliche Offiziere und vor allem die höheren Dienstgrade ergriffen werden und daß wir keinen von ihnen entkommen lassen . Die sowjetischen Streitkräfte legen darauf ganz besonderen Wert ; wahrscheinlich betrachten sie die Auslieferung der Offiziere als einen Prüfstein des britischen Wohlverhaltens .”
Dieses Wohlverhalten war tatsächlich ein ebenso schäbiges wie
( Fortsetzung auf Seite 12 )
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