Sonntagsblatt 3/2018 | Page 28

Perwall Gesellschaft für Fleischverarbeitung mbH ( ZIMBO Perbál Húsipari Termelő Kft .). Anlässlich dieses Doppeljubiläums haben wir mit der Geschäftsführerin ( CEO ) der ungarischen Tochter des zur börsennotierten Schweizer Bell AG gehörenden Unternehmens , Hedvig Szakács ( geb . Peller ) aus Werischwar , gesprochen . Die Managerin , auch für ZIMBO Rumänien GmbH der Bell AG ( größter Anteilseigner : COOP-Genossenschaft Schweiz ) zuständig , ist seit einem Jahr Vizepräsidentin der DUIHK und leitet dort den Arbeitskreis für Lieferantenentwicklung .
SB : Frau Szakács , Sie wurden vor über einem Jahr zur Vizepräsidentin der DUIHK gewählt – was sollen wir uns unter diesem Amt vorstellen ?
HSZ : Die DUIHK wählt einen Präsidenten und drei Vizepräsidenten , wobei die Vizepräsidenten jeweils einen Arbeitskreis leiten .
Ich stehe dem Arbeitskreis für Lieferantenentwicklung vor . Ziel ist die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten für lokale kleine und mittelgroße Unternehmen , um sie mittelfristig so weit zu qualifizieren , dass sie sich als Lieferanten unserer Mitgliedsfirmen bewerben bzw . in deren Qualifizierungsprogramme aufgenommen werden können . Zum Beispiel haben die deutschen Firmen verschiedene Qualitätsvorschriften und -standards , die sie auch gerne hier in Ungarn umsetzen wollen . Aktuelle Themen wie Digitalisierung und Generationswechsel haben auch für die Lieferketten Konsequenzen , wir versuchen dabei gute Beispiele und Lösungswege aufzuzeigen . Es lohnt sich darauf zu achten , wie diese Firmen mit der Digitalisierung umgehen , denn die großen Firmen haben auch hierbei strenge Vorgaben und Richtlinien . Konkret formuliert : Wie kommunizieren beziehungsweise arbeiten die Kunden und Lieferanten miteinander , welche Software oder Hardware kommen zum Einsatz usw .? Der Arbeitskreis besteht aus 10-15 verschiedenen Firmen , die allesamt in unterschiedlichen Bereichen tätig sind , wir treffen uns zwei- bis dreimal im Jahr , organisieren Veranstaltungen , Workshops und Firmenbesuche .
SB : Die DUIHK hat über 900 Mitglieder – wie würden Sie die Rolle und Bedeutung der Kammer für die ungarische Wirtschaft beschreiben ?
HSZ : Die Mitgliedschaft in unserer Kammer ist freiwillig , insgesamt gibt es noch deutlich mehr deutsche Unternehmen in Ungarn . Viele Leser denken bei „ deutschen Firmen “ vermutlich an die großen , international bekannten Konzerne . Diese sind auch Mitglied in unserer Kammer , doch die große Mehrzahl sind mittlere und kleinere Firmen , und auch viele ungarische Unternehmen haben eine Mitgliedschaft . Sie nutzen vor allem das große Netzwerk und die Dienstleistungen der DUIHK für ihr Geschäft . Aufgrund unserer Größe haben wir natürlich auch eine besondere Verantwortung für Ungarn . Deshalb arbeiten wir sehr eng mit der ungarischen Regierung und anderen Partnern zusammen , z . B . um gemeinsam das Berufsbildungssystem zu verbessern oder um noch bessere Bedingungen für künftige Investitionen zu schaffen .
SB : Welche Rolle spielen deutsche Firmen in der ungarischen Wirtschaft ? Gab es Veränderungen in den letzten Jahren ?
HSZ : Für Ungarn ist Deutschland der wichtigste Wirtschaftspartner , mehr als ein Viertel des Außenhandels und auch der ausländischen Investitionen entfallen auf Deutschland . Auffallend ist dabei , dass deutsche Firmen überdurchschnittlich stark ihre Gewinne wieder in Ungarn investieren , d . h . sie betrachten Ungarn als einen langfristigen , strategischen Standort . Das belegen auch die Umfragen der DUIHK , und natürlich auch die jüngsten Großinvestitionen deutscher Firmen im Land . Umgekehrt ist aber auch Ungarn in vielen Bereichen wichtiger Markt , Beschaffungsquelle und Produktionsstandort für deutsche Unternehmen . In
28 vielen Bereichen der Produktion sind die ungarischen Tochterniederlassungen unverzichtbarer Teil der weltweiten Lieferketten deutscher Konzerne .
SB : Sie sind Geschäftsführerin einer auch in Deutschland wohlbekannten Fleischverarbeitungsfirma bzw . deren ungarischen Tochter namens ZIMBO ( Zimmermann Bochum ), die seit 2008 zur Schweizer Bell AG gehört . Was sind die größten Herausforderungen für die ungarische ZIMBO GmbH gegenwärtig ?
HSZ : Die größte Herausforderung ist , für unsere qualitativ hochwertigen Produkte von den Kunden die Preise zu erhalten , die wir für realistisch halten . Ein zweites großes Feld ist der Mangel an Arbeitskräften . Wir haben von der DUIHK den Preis „ Verlässlicher Arbeitgeber ” erhalten , was uns stolz macht . Wir legen großen Wert darauf , mit den Mitarbeitern fair und sozial umzugehen , deshalb trifft uns der allgemeine Arbeitskräftemangel nicht in dem Maße wie die anderen Firmen in Ungarn . Wir haben viele Sonderleistungen , die bei diesem Preis anerkannt wurden . Auch wenn wir den Arbeitskräftemangel im Griff haben , führt er bei den Lieferanten dennoch zu Schwierigkeiten , die auch uns letztendlich betreffen . Deshalb ist es sehr wichtig , dass wir uns bei der Auswahl der Lieferanten gut überlegen , mit wem wir zusammenarbeiten .
SB : Sind auch andere Firmen mit deutschem und österreichischem Eignerhintergrund mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert wie Ihre Firma ?
HSZ : Ich meine , ja . Die DUIHK führt jährliche eine Konjunkturumfrage durch , an der sich neben unseren Mitgliedern auch andere ausländische Firmen beteiligen . Deren Erfahrungen und Meinungen unterscheiden sich kaum von denen der deutschen Unternehmen . Demnach bereitet der Fachkräftemangel allen Firmen in Ungarn Schwierigkeiten , und dies ist auch der Grund , warum sich die DUIHK verstärkt der Verbesserung der Ausbildung und der Unterstützung der Unternehmen in Personalfragen widmet .
SB : In einem Gespräch mit der Werischwarer Zeitung sprechen Sie von Ihrer Verbundenheit mit der deutschen Sprache – welche Rolle spielt Deutsch in Ihrem Berufsalltag ?
HSZ : Ich spreche jeden Tag deutsch , ich gehöre bei der Bell Food Group zum oberen Mangagement , d . h . ich habe jeden Tag Kontakt zu meinen deutschen und Schweizer Kollegen , per Telefon oder per E-Mail . Die Firmensprache von Bell mit Sitz in Basel ist Deutsch . Für mich ist es ganz natürlich , sich der deutschen Sprache zu bedienen . Ich liebe die deutsche Sprache , die ich seit der ersten Grundschulklasse spreche bzw . lerne .
SB : Und im Privaten ?
HSZ : Meine Großeltern haben noch schwäbisch miteinander , wir in der Familie hingegen bereits ungarisch gesprochen .
SB : Wie würden Sie sich definieren - Ungarin , Deutsche , Ungarndeutsche , Schwäbin - und wie ist die Fremdwahrnehmung , zum Beispiel in der DUIHK ?
HSZ : In der DUIHK ist die Herkunft nicht von Bedeutung , sondern lediglich die fachliche Leistung . Daher ist es dort weder ein Vor- oder Nachteil , deutscher Abstammung zu sein . Natürlich spielen meine guten Deutschkenntnisse eine Rolle , was ich , wie ich denke , auch meinem schwäbischen Hintergrund zu verdanken habe . Wenn ich in Deutschland bin , bin ich stolz darauf , eine Ungarin zu sein . Und wenn ich in Ungarn bin , dann bin ich sehr stolz darauf , dass ich deutsche Abstammung habe . Ich bin eine ungarndeutsche Ungarin . Auch unter den deutschen Vertretern der DUIHK-Mitglieder spüre ich insgesamt eine sehr große Sympathie für Ungarn und seine Menschen .
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