Jahrzehnten davor. Eines der schrecklichsten vorangegangenen
Massaker geschah 1909 in der südtürkischen Provinz Adana. Etwa
17 000 Armenier wurden dabei von Türken ermordet. Zu dieser
Zeit hielten sich in der Provinz viele Deutsche auf, die dort die
sogenannte „Bagdadbahn” bauten. Die deutschen Eisenbahn-
Ingenieure und -Arbeiter gerieten teils direkt in die Hetzjagden
auf Armenier und schwebten selbst in Lebensgefahr. Der Inge -
nieur Emil Heubusch tat sich nach neuesten Forschungen in dem
Gemetzel durch eine besondere menschliche Großtat hervor. Er
rettete etwa 100 armenische Verfolgte, indem er sie in sein Haus
aufnahm, das er und ein paar Kollegen mit Waffen verteidigten.
Bei dieser Aktion setzte der Deutsche sein eigenes Leben für
andere aufs Spiel – ähnlich wie Oskar Schindler für Juden in Polen
oder John Rabe für Chinesen bei der japanischen Invasion Nan -
jings. Während die Hilfsleistung Heubuschs von 1909 in Ver ges -
senheit geraten ist, wurde zumindest einem anderen Deutschen,
der sich fast ein Leben lang für Armenier und Armenien einsetz-
te, kürzlich in Potsdam eine Gedenk- und Forschungsstätte gewid-
met. Es ist der Orientalist und Theologe Johannes Lepsius (1858–
1926), der schon früh von der Armenier-Verfolgung erfuhr und
daraufhin 1896/97 das „Armenische Hilfswerk” gründete. Er half
durch Spendensammlungen, die Errichtung von Flüchtlingslagern
und durch die Veröffentlichung zahlreicher Publikationen über
das Schicksal der getöteten oder vertriebenen Christen im dama-
ligen Osmanischen Reich. 2011 wurde zu seinen Ehren in Pots -
dam das Lepsiushaus eingeweiht. Die türkische Regierung, die
den Völkermord an den Armeniern bis heute leugnet, versuchte
die Einweihung der Gedenkstätte zu behindern.
Weitere Informationen: www.lepsiushaus-potsdam.de
O
Die Begriffe „Pegida” und „Lügenpresse”
verbreiten sich in Europa
Wie die „Welt” berichtete, wird das deutsche Akronym „Pegida”
auch bei Demonstrationen gegen die Islamisierung Europas
außerhalb Deutschlands verwendet. Anhänger dieser Bewegung
nutzten den Begriff in Belgien, in den Niederlanden und in Skan -
dinavien. Auch das Unwort des Jahres 2014 „Lügenpresse” ver-
breitete sich auf diesem Weg: „180 Jahre nach seiner Entstehung
überschreitet das Wort ‚Lügenpresse’ die Grenzen des deutschen
Sprachraums und könnte zum globalen Propagandaschlagwort
werden.” In den Niederlanden und Belgien werden Lehnformen
des Begriffs verwendet: „leugenpers” oder „leugenmedia”. Die
Ge schichte und Verwendung des Wortes „Lügenpresse” erklärt
die „Welt” ausführlich auf dieser Seite: www.welt.de
O
Es gibt sie noch:
Jiddischsprachige Zeitungen und
Zeitschriften in aller Welt
von Björn Akstinat
Berlin/New York (IMH-Deutschland.de) – Jiddisch lebt! In der
Komischen Oper Berlin wird momentan eine jiddischsprachige
Operette vorbereitet, die Schauspieler der New Yorker Folks -
biene/Volksbühne feiern in diesem Jahr den 100. Geburtstag ihres
jiddischen Theaters und eine junge kanadische Regisseurin hat
kürzlich einen Kinofilm komplett auf Jiddisch abgedreht.
Ein weiteres Zeichen der lebendigen Kultur sind auch die welt-
weit über fünfzig Druckmedien in jiddischer Sprache. Sie wenden
sich an die bis zu zwei Millionen Menschen, die dieses früher meist
einfach „Judendeutsch” genannte Idiom noch beherrschen bzw.
im Alltag sprechen. Ihren Anfang nahm die jiddischsprachige
Presse im 17. Jahrhundert. Nachdem man 1605 in Straßburg die
erste Zeitung der Welt gedruckt hatte, die deutschsprachige „Re -
la tion”, verspürten auch immer mehr Juden in Mittel- und Ost -
europa den Wunsch nach einem Medium in der eigenen Mut -
tersprache. So kam es, dass um 1686 in Amsterdam die „Diens -
tagische und Freitagische Kuranten” gegründet wurden. Sie
waren die ersten zeitungsähnlichen Publikationen in Jiddisch.
Herausgegeben und gedruckt wurden sie von Uri Faybesch Hale -
vi. Halevi zählte nicht nur zu den führenden jüdischen Druckern
und Verlegern Amsterdams, sondern ganz Europas. Amsterdam
war zur damaligen Zeit das Zentrum des hebräischen und jiddi-
schen Buchdrucks. Die „Kuranten” erschienen nur ein paar
Monate lang. Bis die nächsten Zeitungen in der „Mameloschn”
der Ju