von waren 1751 deutscher Muttersprache und 3039 Personen be -
kannten sich zur deutschen Nationalität. Zehn Jahre danach, also
bei der Volkszählung in 2011 ist die Einwohnerzahl auf 146 059
gesunken, dagegen aber gab es schon 6565 Bekenntnisdeutsche!
Jahrelang war die deutsche Messe in Fünfkirchen – die auch im
Rundfunk übertragen wurde – stets gut besucht. Allgemein – lan-
desweit – betrachtet ist die Nachfrage, der Bedarf für den deut-
schen Gottesdienst im Wachsen begriffen und die deutschen bzw.
deutsch-ungarischen Messen sind allerorts gut besucht.
Was ist also in Fünfkirchen geschehen oder eben nicht gesche-
hen? Fehlt es an Organisatoren? Ist das Ableben von Pfarrer Ga -
lambos-Göller und Josef Baling schuld an dieser (man könnte
sagen) Tragödie? Aber die Deutsche Selbstverwaltung gibt es doch
immer noch! Und es gibt mehrere ungarndeutsche Institutionen
in der Stadt mit Angestellten und Mitarbeitern. Nennenswert
dürf te auch die Zahl deutscher Schüler/Studenten sein. Ja, gehen
diese Menschen nicht in die Kirche? Oder sie gehen doch, nur
eben nicht zu deutschen Messen. Warum? Ist das Niveau der
kirchlichen Veranstaltungen nicht entsprechend?
Leider bekommen wir auf die hier gestellten Fragen im Bericht
der Neuen Zeitung keine Erklärung. Sollte es nicht auch Aufgabe
der Landesselbstverwaltung sein, derartigen Problemen nachzu-
gehen und versuchen Abhilfe zu schaffen?
Dass die Pfarrer fehlen – wie NZ andeutet, ist ein Problem von
einem Jahrhundert. Die katholische Kirche Ungarns übt seit Ende
des Ersten Weltkrieges keine deutsche Pfarrerausbildung. Wohl
haben einst (zwischen den Kriegen) noch viele Ungarndeutsche
die geistliche Laufbahn zum Lebensziel gewählt, d.h. es gab damals
noch viele deutschstämmige/„schwäbische” Geistliche und Or -
dens schwestern, deren Großteil aber leider als Opfer der wüten-
den Madjarisierung keine Deutschen mehr sein wollten. Den -
noch, sie beherrschten einigermaßen (gut oder weniger gut) die
deutsche Sprache und in den Schwabendörfern war damals der
Gottesdienst (wohl eingeschränkt) und die Anwendung der Sak -
ra mente noch in der Muttersprache möglich und auch üblich.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutsch sozusagen vollkom-
men aus der Kirche verdrängt und nur allmählich kamen wieder
deutsche Kirchenlieder, dann auch Gottesdienste und in ganz sel-
tenen Fällen deutsche Predigten zurück ins Gotteshaus. Aber
Geistliche werden in deuscher Sprache nicht ausgebildet und
wenn die Volksgruppe, bzw. deren Vertreter dies nicht ernsthaft
fordern (was leider nicht geschieht), wird sich die Lage diesbezüg-
lich auch nicht ändern. Auch dieser Umstand trägt dazu bei, dass
unsere Landsleute der Kirche abtrünnig werden und auch man-
cherorts den bloß „sogenannten” deutsche Gottesdienst meiden.
Georg Krix
O
Neuanfang möglich?
„Abschaffung” der deutschen Messe in Fünf kir chen
lenkt Aufmerksamkeit auf die ungelöste Frage der
deutschsprachigen Seelsorge in Ungarn
Von Richard Guth
Irgendwo in Ungarn: „Ich bin Pater Alex”, stellt sich der beschei-
dene Geistliche den Gläubigen vor. Die deutsche Messe beginnt.
Der Pater, der den Ortspfarrer vertritt, entschuldigt sich vielmals,
die Predigt nicht in deutscher Sprache zu halten, und verspricht,
beim nächsten Mal deutsch zu predigen (obwohl er die Sprache
nicht wirklich spricht). Dem Missionar scheint die muttersprach-
liche Seelsorge eine Selbstverständlichkeit zu sein. Und so bemüht
er sich, als sprachlich durchaus talentierter Mensch, um richtige
Aussprache und Betonung. Ortswechsel: Der Bischof zieht in die
SONNTAGSBLATT
Kirche ein. Die Zehn-Uhr-Messe, sonst in deutscher Sprache, fin-
det diesmal auf Ungarisch statt. Nach der Messe begegne ich dem
tschangomadjarischstämmigen Pfarrer in der Sakristei und frage
ihn nach dem Warum. Es sei eine Entscheidung des Pfarrge mein -
derates gewesen, so die Antwort des Geistlichen, dem das Ganze
sehr unangenehm zu sein scheint. Des Pfarrgemeinderates, wohl-
gemerkt, mehrheitlich bestehend aus Schwaben. Zeitsprung: Die
kleine Kapelle ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Es ist das letzte
Mal für den ungarndeutschen Pfarrer, der in einen anderen Ort
versetzt wird. Auch dort würden irgendwie Schwaben wohnen,
sagt er später. Er gedenkt auf Deutsch seinen Vorfahren, die einst
in dieser Kapelle von Woche zu Woche beteten, der Geistliche ist
den Tränen nahe. Wieder mal Ortswechsel: Wieder eine deut-
sche Messe, die deutsch anfängt, aber liturgisch zwischendurch ins
Ungarische wechselt, um doch deutsch zu enden. Deutschspra chi -
ge Predigt? Fehlanzeige. Der Pfarrer spricht die Sprache nicht, so
sind die vorgelesenen Stellen auch nicht immer verständlich. Ein
ungarndeutscher Gläubige Mitte 60 aus dem Nachbarort schüttelt
den Kopf und ruft seine Kindheit mit deutscher Messe und
ungarndeutschem Seelsorger in Erinnerung. Und zum letzten
Mal ein Ortswechsel: Man sucht die deutsche Messe vergebens.
Es gibt nur eine Heilige Messe am Sonntag, und die ist auf
Ungarisch, obwohl der Großteil der Gl äubigen Ungarndeutsche
sind. Dies zu ändern? Naja, es ist ja eh schon immer so gewesen, so
die Antwort der Gemeindemitglieder.
Fünf kleine Geschichten, allesamt aus dem Erfahrungsbereich
der Zeichner dieser Zeilen, aus einem geografisch überschaubaren
Raum. Fünf kleine Episoden aus dem Alltag ungarndeutscher Ge -
meinden oder besser gesagt Kirchengemeinden mit ungarndeut-
schen Mitgliedern, die von Vielfalt, aber auch von Schwie rigkeiten
zeugen. Trotz dieser differenzierten Wahrnehmung der Situation
traf mich die Nachricht von der „Abschaffung der deutschen
Messe in Fünfkirchen” in der Neuen Zeitung dennoch, war diese
doch eine Institution für mich. Die Gründe wären vielschichtig, so
unter anderen hätten die Messe immer weniger Menschen be -
sucht. Also, Faktor Demografie. Der zuständige Pfarrer würde laut
Zeitungsbericht von Christine Arnold aber grundsätzlich nicht
dagegen sein, gelegentlich deutsche Messen zu halten, insbesonde-
re beim Besuch von deutschen Reisegruppen. Nicht nur deswegen
könnte dieser Vorfall symbolischen Charakter haben, weil diese
im Radio landesweit übertragen wurde. Es stellt sich nämlich die
Frage: Wenn schon in Fünfkirchen nicht, dann wie ist es erst recht
auf dem platten Land!?
Auf Anfrage teilte der Kommunikationschef des Bistums, Dr.
György Heidl, mit, dass ungefähr in zwanzig Pfarrgemeinden der
Diözese Fünfkirchen regelmäßig deutsche Messen gelesen werden
würden. Er räumte allerdings ein, dass diese Regelmäßigkeit von
Messen in Zweiwochenrhytmus (sic!) bis Hochämter an hohen
Feiertagen reichen würde. In viel mehr Gemeinden würde man in
den meist Sonntagsmessen Raum für deutschsprachige Gebete,
Fürbitten und Lieder bieten. Deutschsprachige Predigten, so Dr.
Heidl, wären seltener, in der Regel situationsgebunden, meist bei
Besuchen von deutschen Gruppen praktiziert. Dies, obwohl nach
Angaben des Bistums gegenwärtig fünf–sechs Pfarrer Deutsch auf
Muttersprachenniveau beherrschten. Nach eigenem Bekunden
achtet das Bistum auf die muttersprachliche Seelsorge: Das
Bischöfliche Ordinariat Fünfkirchen unterhält ein eigenes deut-
sches Referat, mit Pfarrer Stefan Wigand als Referatsleiter. Dies
wäre einzigartig in Ungarn. Das Referat würde die Ortspfarrer
regelmäßig über Programme (Art und Frequenz) und hinsichtlich
Wünsche der Gemeindemitglieder befragen. Aus den Antworten
der Pfarrer würde hervorgehen, dass diesedieWünsche und
Ansprüche des Kirchenvolksbezüglich deutschsprachiger Gottes -
(Fortsetzung auf Seite 10)
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