Sonntagsblatt 2/2017 | Page 4

Darauf hat das EU-Parlament vor Kurzem hingewiesen. Zur Begründung sagte die Vorsitzende des Ausschusses für konstitu- tionelle Fragen, Danuta Hübner, nur die britische Regierung habe Englisch als Amtssprache geltend gemacht. Irland und Malta als weitere englischsprachige Länder hätten sich auf Gälisch beziehungsweise auf Maltesisch festgelegt, erklär- te die polnische EU-Abgeordnete. Jedes Land habe nur das Recht, eine Amtssprache einzureichen. „Wenn wir kein Vereinigtes Königreich haben, haben wir kein Englisch”, folgerte Hübner. Englisch wichtigste, deutsch meistgesprochene Sprache Die EU hat derzeit 24 Amtssprachen. Davon zu unterscheiden sind die drei Arbeitssprachen Englisch, Französisch und Deutsch, die benutzt werden können, wenn kein Dolmetscher bereitsteht. Als wichtigste dieser Arbeitssprachen hat sich Englisch durchge- setzt, das von etwa der Hälfte der Europäer verstanden wird. Vor allem die Osterweiterung der EU 2004 hat dazu beigetragen, weil in Polen oder den baltischen Ländern Englisch als Fremdsprache weitaus geläufiger ist als Französisch. Dass künftig gar kein Englisch mehr in den EU-Institutionen gesprochen wird, ist also eher unwahrscheinlich. Auch viele wichtige Dokumente liegen oft nur in englischer Sprache vor. Ob sich das ändern wird, ist noch offen. Frankreich hat in den vergangenen Jahren penibel darauf geachtet, dass Fran - zösisch als ehemals dominierende Sprache in den EU-Insti - tutionen nicht noch weiter an Bedeutung gegenüber Englisch ver- liert. Spanien und Italien würden ihren Landessprachen ebenfalls gerne mehr Bedeutung bei den EU-Institutionen in Brüssel, Luxemburg und Straßburg verleihen. In der Praxis wird Deutsch in EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Rat seltener verwen- det, obwohl es mit einem Anteil von etwa 20 Prozent die am häu- figsten verwendete Muttersprache ist. Die EU-Kommission verfügt mit 1750 Sprachexperten und 600 Verwaltungsbediensteten über einen der größten Übersetzungs- dienste weltweit. Im Dolmetscherdienst der EU-Kommission ar - beiten 600 festangestellte Dolmetscher, 3000 freiberufliche Dol - metscher und 250 Personen als Unterstützungspersonal. Um die geltenden Regeln zu ändern, ist ein einstimmiger Beschluss der übrigen 27 Mitgliedsländer nötig. Möglich ist, dass Länder ihr Veto dagegen einlegen, um Englisch doch zu behalten. Frankreich hat in den vergangenen Jahren penibel darauf geachtet, dass Französisch als ehemals dominierende Sprache in den EU- Institutionen gegenüber Englisch nicht noch weiter an Bedeutung verliert. Deutsch ist die am weitesten verbreitete Muttersprache in der EU. Als Fremdsprache liegt sie ungefähr gleichauf mit dem Französischen auf einem geteilten zweiten Platz nach Englisch. Deutsch ist eine von 24 gleichberechtigten Amts- und Arbeits - sprachen der EU. Laut Verordnung Nr. 1 von 1958 gilt das Voll - sprachenregime – d.h. die Übersetzung in alle Amts- und Ar - beitssprachen – für alle Rechtstexte und das Amtsblatt. Jeder Unionsbürger kann sich schriftlich in einer der 24 Amtssprachen an jedes Organ und jede Einrichtung der EU wenden und muss eine Antwort in derselben Sprache erhalten. Das Vollsprachenregime gilt ebenso bei wichtigen EU-Treffen, z.B. bei allen Tagungen des Europäischen Rates und den formellen Ratstreffen auf Ministerebene. In einer Reihe weiterer Gremien haben sich feste Traditionen herausgebildet. So wird im Ausschuss der Ständigen Vertreter – dem wichtigen Ausschuss der Botschafter/innen der EU-Mit - gliedstaaten – Deutsch/Englisch/Französisch gedolmetscht. In den Gremien der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wird Englisch und Französisch gesprochen – ohne Dolmetschung. 4 Seit dem deutlichen Anstieg der Zahl der EU-Amtssprachen 2004 gilt für die Mehrzahl der Ratsarbeitsgruppen das sogenann- te Marktmodell. Es erlaubt den Mitgliedstaaten, die Dolmetschung ihrer eigenen Amtssprache zu beantragen. Deutschland beantragt dies, wo immer möglich. Nicht zuletzt weil sich die Mitglied - staaten an den Kosten beteiligen müssen, führt dies im Vergleich zur Alternative einer gemeinschaftlich finanzierten Volldol - metschung zu erheblichen Einsparungen. Deutsch genießt als eine von drei Verfahrenssprachen eine Sonderstellung in der Europäischen Kommission: Das Kollegium der Kommissare arbeitet in Deutsch, Englisch und Französisch und auf Grundlage von Dokumenten, die in diesen drei Sprachen vorgelegt werden müssen. Das Auswärtige Amt bietet in Kooperation mit dem Goethe- Institut ein umfangreiches, themenorientiertes Sprachkurs - programm speziell für höhere EU-Bedienstete und Minis - terialbeamte aus EU-Partnerländern und weiteren europäischen Nachbarländern an, um Deutsch als Arbeits- und Verhand - lungssprache