Sonntagsblatt 2/2016 | Page 26

Eine Russlanddeutsche ist Deutschlands beliebteste Sängerin

Eine Russlanddeutsche ist Deutschlands beliebteste Sängerin

Berlin ( IMH ) – Die 1984 in Krasnojarsk geborene Helene Fischer hat bereits mehrere Millionen Tonträger verkauft . Ihr aktuelles Album „ Weihnachten ” war die erfolgreichste Musik-CD des Jah - res 2015 . In nur rund drei Wochen konnten über 500 000 Exemp - lare des Albums abgesetzt werden . Schon 2014 und 2013 kamen von ihr die meistverkauften Alben Deutschlands . Dreimal in Folge gelang das noch keinem anderen vor ihr . Zudem schaffte es zuvor noch kein Künstler mit einem so kurz vor Jahresende veröffentlichten Album auf Platz 1 der Hitparade . „ Weihnachten ” ist darüber hinaus das erste Weihnachtsalbum an der Jahresspitze . Helene Fischer liegt mit dieser CD in der Verkaufsstatistik weit vor ausländischen Interpreten wie Adele . Die Ausnahmesängerin wurde als zweites Kind des russlanddeutschen Ehepaares Maria und Peter Fischer in Sibirien geboren . Ihre Großeltern waren Deutschstämmige , die 1941 aus der autonomen deutschen Republik an der Wolga nach Sibirien de - por tiert worden waren . 1988 siedelten ihre Eltern mit ihr und ihrer Schwester nach Rheinland-Pfalz um . Schon früh nahm sie an der heimischen Realschule an Theater- und Musical-Arbeitsge - meinschaften teil . Nach dem Realschulabschluss im Jahr 2000 absolvierte Helene Fischer an einer Gesangsschule in Frankfurt / Main eine dreijährige Ausbildung , die sie 2003 beendete . Fischers Mutter schickte eine Demo-CD mit ihrem Gesang an einen Künstlermanager . Dem gefiel , was er da hörte . So erhielt Helene einen Plattenvertrag . Ihren ersten Fernsehauftritt hatte sie 2005 in einer Volksmusiksendung . Helene Fischer ist nicht die erste berühmte Russlanddeutsche im Musikgeschäft . In den 80er und 90er Jahren stürmte bereits Jule Neigel aus Barnaul mit ihren Liedern ( u . a . „ Schatten an der Wand ”) die deutsche Hitparade .

Scheein woar ’ s

Als interessierter Gast zu Besuch im HdU Von Richard Guth
Ein ungewohnter Anblick empfängt mich im Haus der Ungarndeutschen : Junge Damen bereiten sich im Beisein eines ungarndeutschen Fotografen auf eine Modeschau in moderner Dirndltracht vor . Es ist Teil einer Veranstaltung , diese wiederum Teil einer Veranstaltungsreihe , die nach Angaben von Organisa - torin und Moderatorin des heutigen Abends , Monika Ambach vom Ungarndeutschen Kultur- und Informationszentrum , seit 2013 regelmäßig stattfindet und zum Ziel hat , Städten und Gemeinden mit deutscher Bevölkerung eine Plattform zu bieten um sich vorzustellen . Durch finanzielle Unterstützung der LdU , des Ministeriums für Humane Ressourcen und der betroffenen Kommunen .
Beim Publikum , in dem sich ungarisches mit deutschem Wort abwechselt , bestehend aus Jung und Alt , Privatpersonen und Personen des öffentlichen Lebens , Kulturinteressierten und Blaufärberfans , steigt die Spannung : Gäste aus der fernen Branau werden erwartet , aus der Gemeinde Großnaarad nahe der kroatischen Grenze . Moderatorin Monika Ambach eröffnet die Veranstaltung und spricht durchgehend deutsch . Dem guten Beispiel folgen auch Vertreter der Großnaarader , die die Gäste mit Ansagen , Erläu - terungen und Geschichten durch den heutigen Abend führen . Lobenswert , denn eine rein deutschsprachige Veranstaltung ist bei uns Ungarndeutschen keine Selbstverständlichkeit . Das Kultur - programm mit Gesang , Musik , Tanz und Lyrischem wird ergänzt um Informationen über die Stifoldergemeinde Großnaarad mit einer – trotz Flucht und Vertreibung und Mischehen – deutschen oder deutschstämmigen Bevölkerungsmehrheit . Man erhält im vorgetragenen Text Informationen über die Dorfgeschichte , die bestehenden Institutionen , das rege Vereinsleben , das allmähliche Verschwinden der Volkstracht und über die Sprachensituation vor Ort , wonach man die Traditionen bewahre und die deutsche Sprache erhalte , in vielen Familien spräche man den Dialekt . Also ein insgesamt idyllisches Bild wird gezeichnet , was einen dennoch wundern lässt .
Nach einem „ Jó volt , Gyuri !”– Ruf aus dem Publikum nach dem Auftritt der örtlichen Tanzgruppe stellen sich durchaus kritische Fragen für mich , wie zum Beispiel : Gehört eigentlich zur Vorstellung einer Gemeinde neben hochwertigen und engagierten Darbietungen nicht auch ein offenes Gespräch darüber , wo der Schuh drückt , mit welchen Problemen die Gemeinde – wie viele andere – zu kämpfen hat ? Denn Großnaarad ist überall . Allein in den letzten 35 Jahren verlor das 700-Seelen-Dorf ein Drittel seiner Einwohner : „ Die jungen Leute wandern ab ”, erklärt Gisela Zsifkovits , Vorsitzende des Ungarisch-Deutschen Freundeskreises Großnaarad . Die 1994 erbaute Schule musste nach Worten der Vorsitzenden vor kurzem endgültig geschlossen werden , die Kinder werden fortan im nahe gelegenen Bohl unterrichtet . Die Grundschule dort biete zwar keinen zweisprachigen Unterricht , dennoch würden ein – zwei Fächer wie Umweltkunde und Ge - schichte in deutscher Sprache unterrichtet . „ Es ist irgendwo ko - misch , aber wenn die Kinder größer werden , sprechen wir mit ihnen ungarisch , während ich mit meinen Enkelkindern , als sie kleiner waren , deutsch sprach ”, gewährt Frau Zsifkovits Einblick und weist unbewusst auf die überwältigende Dominanz des Ungarischen in der „ Welt der Erwachsenen ”, im Alltag und im Bildungswesen hin . Nach ihrem Eindruck komme es sehr stark auf das Rollenbild der Eltern an , wie später dann ihre Kinder werden . Scheein woar ’ s , die Wahl des Titels ist kein Zufall . Denn der kulturelle Teil war nett anzuschauen , er weckte ( vermeintliche ) Erinnerungen an eine ( womöglich vergangene ) gute alte Zeit in einer Heimat voller Ordnung und Geborgenheit , nach der man sich so oft sehnt . Zweifel bleiben dennoch : Ist es sinnvoll , die Illusion intakter Dorfgemeinschaften voller Traditionen aufrechtzuerhalten , die spätestens bereits in den Sechzigerjahren im Auf - lösen begriffen waren , anstelle sich den Problemen und He raus - forderungen durch Abwanderung , die sprachliche ( und kulturelle ) Assimilation , die Mischehen , den Wertewandel und den demografischen Wandel , der Minderheitengemeinschaften überall in der Welt viel stärker trifft als die Mehrheitsgesellschaften , zu stellen und gemeinsam nach Antworten und Lösungen zu suchen ?! Viele würden sagen , das wäre doch nicht der richtige Rahmen gewesen , worauf ich nur entgegnen kann : Wo dann , wenn nicht hier ?
Scheein woar ’ s , – die Frage ist nur : Wie lange noch ?
Wir trauern um unseren Freund und Vereinsmitglied JOSEF BALING
Ein hervorragender Journalist , ein die Ungarndeutschen stets unterstützender Landsmann und ein außerordentlicher Mensch ist mit ihm von uns gegangen .
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