Sonntagsblatt 2/2015 | Page 5

Beraubung und Vertreibung der Deutschen war ja im Sinne ihrer neuen Kryptokommunisten-Legende nicht der edle und unbe- fleckte Kern der Nation. Das besorgten die Pufajka-Männer aus der Sowjetunion und ihre ungarischen Zöglinge. So einfach und verlogen werden Legenden konstruiert. Das Paneuropa-Publikum klatschte und war voll des Lobes: „Die Barbara macht das sehr gut!”, hörte ich wiederholt beim Abgang. Johann Till • MERKWÜRDIGkeiten • von Georg Krix Bei Durchsicht meiner Korrespondenz der letzten 12 Monate fand ich interessante Meinungsäußerungen, von welchen einige nachstehend erwähnt sein sollen: Zum Thema „Ungarndeutsche” und „Minderheitenwahlen” „…Eine noch größere Schande ist es, dass Ungarn als Mitglied der EU sich nicht dazu durchringen konnte, bei den Parlaments - wahlen mindestens 1–2 ungarndeutsche Abgeordnete einfach ohne eine bestimmte Stimmenzahl zuzulassen – siehe dänische Minderheit im Bundesland Schleswig Holstein!!” „In xy bin ich Mitglied des Deutschen Vereins und beteilige mich zusammen mit meiner Frau an seinen Veranstaltungen, natürlich auch an den Wahlen der örtlichen deutschen Selbstverwaltung. Wie auch jetzt im Oktober. Im April habe ich aber FIDESZ/KDNP ge - wählt, da ich meinte, dass dort meine Stimme wichtiger ist. Das gegenwärtige ungarische Wahlgesetz zur Wahl der Abgeordneten der nationalen Minderheiten ins Parlament halte ich für ausdrücklich falsch. Bis zur nächsten Parlamentswahl muss seine Änderung unbe- dingt erreicht werden! Vor ca. 7 Jahren habe ich im hiesigen katholi - schen Friedhof eine Fotodokumentation über Grabsteine mit deut - scher Inschrift angefertigt, da ich festgestellt habe, dass diese im Laufe der Jahre immer weniger werden. Ich konnte nur noch über 70 Grabsteine fotografieren. Im Begleittext der Fotos im Album habe ich geschrieben, dass ich den Traum habe, dass einmal wieder, hoffent - lich in nicht allzu vielen Jahren, wieder deutsche Grabsteininschriften erscheinen werden, wo der Tote deutscher Abstammung – wenigstens hier – z.B. nicht als János, sondern als Johann genannt wird. Dazu fehlt aber den Mitgliedern der deutschen Nationalität heute noch der Mut, der Mut zur öffentlichen Bekenntnis zur Abstammung. Die Festigung des Selbstbewusstseins der Deutschen in Ungarn (Diesen Ausdruck finde ich als richtig!) halte ich für eminent wichtig. Dazu trägt Gott sei Dank das Sonntagsblatt mit deutlichen Beiträgen bei. Ob diese Aufgabe noch zu meistern ist, dazu braucht man Glaube!” „…Sie, die Ungarn, mögen uns nicht. Selbst wenn man einen ungarischen Namen annimmt, kann man nie im Herzen ein ech- ter Ungar werden!! Vorteile aus den Beziehungen mit Deutschland werden natür- lich gerne angenommen! Dabei wird in der deutschen Öffentlich- keit immer von der beispielhaften Minderheiten – und Schulpolitik in Ungarn gesprochen und berichtet. Maßgebende Politiker in Deutschland haben keine Ahnung!!! Überall wird nur über die „Zaundurchtrennung” gejubelt !” MERKWÜRDIG, dass der Mann auf der Straße diese Er - schei nungen wahrnimmt, nicht aber unsere ungarndeutschen und deutschen Politiker! Eine Bemerkung zum Friedhof: Ja, warum sind die Grabinschriften unserer ungarndeutschen Toten heute in den meisten (Gott sei Dank nicht in allen!) Fried höfen Ungarns in ungarischer Sprache gehalten? Dafür gibt es kein Gesetz, keine Vorschrift! Die Angehörigen der Verstorbenen haben zu entschei- den, wie die Schrift auf dem Grabstein sein soll. Aber die Angehörigen meinen, glauben, dass dies so – also ungarisch – sein muss. Wozu haben wir deutsche Selbstver waltungen? Wissen auch die nicht Bescheid? Ja, sie – ausgehend von der LdU – müssten die Landsleute aufklären. Doch anscheinend ist denen die Ange legenheit gleichgültig, schön deutsch gesagt „wurscht”. Dazu wäre auch allgemein zu bemerken: Die meisten unserer Landsleute schreiben ihren Vorna - men/Taufnamen heute ungarisch (János, István, József), wobei auch dies nicht sein muss – ausgenommen in Dokumenten! Zum Them a „Doppelidentität” Dazu ein gutes Beispiel wie diese ungarischerseits verstanden wird, wenn es sich um inländische Nationalitäten handelt: – Ungarn begrüßt die Doppelidentität der Nationalitäten des Landes – in „Neue Zeitung” vom 2. Januar 2015 – Seite 1: „Die doppelte Identität birgt seelische und geistige Reserven, die das Land Ungarn und die ungarische Kultur nicht entbehren können, erklärte bei der Feier Minister Balog...” Dazu Meinungen: „Natürlich! Wie könnte es auch anders sein? Aber: Kann/darf diese Feststellung auch auf die madjarischen Minderheiten in den Nachbarländern – Slowakei, Rumänien, Serbien – bezogen wer- den? Ach woher! Dort heißt es: „aki magyar, legyen magyar!” = Wer Madjare ist, sei Madjare! – so ganz eindeutig.“ „…ich bin ganz einverstanden damit, was Sie im Sonntagsblatt über die doppelte Identität schreiben. Wenn es sie gibt, läuft sie auf eine baldige Assimilation hinaus, aber es kann sein, dass dieser Begriff auch theoretisch nicht tragfähig ist.” „…Doppelidentität ist die Vorstufe zur Assimilation. Das ist meine feste Überzeugung. Meine Lebenserfahrung. Bei den Un - garndeutschen allemal, weil das gesamtgesellschaftliche – politi- sche, geistige, völkische – Umfeld in Ungarn keinen anderen Weg ermöglicht. Ich weiß, wovon ich spreche, megjártam e hadak útját! Nach meiner Meinung haben die Ungd. heute keine Doppel - identität mehr, diese Phase gab es, sie ist längst vorbei. Die Un - garndeutschen (unter 50/60 J.) haben eine madjarische Identität, die mit dem Erinnerungssplitter einer deutschen Abstammung geschmückt wird. Die Vorgabe einer deutschen Identität hinzu betrachte ich als Irreführung. Die madjarische Identität betrachte ich genauso ehrenwert wie jede andere, das möchte ich anfügen.” „…Bei mir sieht die Identität so aus: Im Kopf bin ich deutsch, so wie meine Ahnen. Im Herzen bin ich ungarisch, weil hier meine Heimat ist…” Merkwürdig! – Viele unserer Landsleute machen sich (noch immer) keine Gedanken darüber, wie das heutige „a pissl des on a pissl sel” morgen lauten wird. Ganz eindeutig: Es bedeu - tet den Untergang der Volksgruppe der Ungarndeutschen. *** Dieses Thema behandelt der nachstehende Aufsatz von Prof. Dr. Johann Weiss (Uni Fünfkirchen) aus dem Jahre 2007, der in der ung. Zeitschrift „Élet és Irodalom” (Leben und Literatur) veröf- fentlicht wurde und auch in seinem Buch „Erinnerung der Ver - gangenheit” zu finden ist. Doppelidentität? Zu: Györgyi Bindorffer: Varianten zur Doppelidentität. Min - derheiten-Daseinslagen und Identitätsformen im Kreis der un garländischen Kroaten, Deutschen, Serben, Slowaken, Slo - wenen. – Gondolat-Verlag, Ethnisch–nationales Minderhei - ten-Forschungsinstitut, Budapest 2007 In der Einleitung des Buches „Minderheiten im historischen Un - garn” schrieb Zoltán Ács folgendes: „Zwischen den Kulturen der hier gelebten Völker und der Kultur der Madjaren hat es in den meisten ausschlaggebenden Fällen keine blutigen Auseinander - (Fortsetzung auf Seite 6) 5