Sonntagsblatt 1/2017 | Page 5

rich tungen im kommenden Schuljahr bei über 50 liegen. Die ungarndeutsche Bildungszene ist derzeit von der Bestrebung ge - prägt, die Trägerschaft von immer mehr ungarndeutschen Schu - len und Kindergärten in die Hand von örtlichen Nationalitä - tenselbstverwaltungen zu geben. Um Niveau und finanzielle Ausgewogenheit zu sichern, hat die Landesselbstverwaltung 2014 eine Liste von Kriterien erarbeitet, die bis zur Trägerschafts über - nahme obligatorisch erfüllt werden müssen. Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen ist auch sel- ber Trägerin von mehreren Bildungsinstitutionen – unter ande- rem auch des Valeria-Koch-Bildungszentrums in Fünfkirchen. Schü lerinnen und Schüler dieser Einrichtung werden es ab dem kommenden Schuljahr noch bequemer als zuvor haben: das Schulgebäude soll schon bald um einen größeren und modernen Speisesaal und neue Klassenzimmer erweitert werden. Das Ungarndeutsche Pädagogische Institut der LdU und der Parlamentssprecher der Ungarndeutschen arbeiten derzeit ge - mein sam an einer Lösungsstrategie eines gravierenden Problems, dass es nämlich an deutschen Nationalitätenkindergärten an ent- sprechend ausgebildeten Kindergärtnerinnen mangelt. Dr. Hajnalka Gutai, Leiterin der LdU-Geschäftsstelle stellte der Vollversammlung einen neuen Mitarbeiter vor: ab Anfang Februar beschäftigt die Landesselbstverwaltung einen hauptberuflichen Jugendreferenten zur Betreuung aller Jugendprojekte. Die LdU-Vollversammlung legte auch den endgültigen Spiel - plan der Deutschen Bühne fest. Inszeniert wird demnächst William Shakespeares und Peter Dehlers Stück „Katharina, oder William Shakespeares »Der widerspenstigen Zähmung«”; „Pac - man City Blues” von Daniel Wild über eine Generation selbstver- liebter Egomanen; E.T.A. Hoffmanns romantische Novelle „Der goldne Topf ”; ein Projekt zum 500. Jubiläum der Reformation; das lustige musikalische Bühnenstück von Johann Nestroy „Der Talisman”; sowie ein klassisches Märchen für Kinder. Laut des Berichts des Parlamentssprechers Emmerich Ritter würde demnächst die staatliche Förderung der von Nationalitä - ten selbstverwaltungen getragenen Bildungsinstitutionen und die deren Träger erhöht. Ganz aktuell vom Ministerium für Human - ressourcen kam auch die Nachricht, dass die Fortsetzung der Re - no vierung des Waschludter Jugendlagers – die Ersetzung der alten Holzhäuser durch neue und komfortablere, sowie die Verschö - nerung der Parkanlage - mit einer weiteren beträchtlichen Summe unterstützt wird. Das Bundesministerium des Innern fördert auch demnächst zahlreiche Projekte, die die Entwicklung der ungarndeutschen Kultur und Bildung erzielen. Ab diesem Jahr wird es auch eine neue Ausschreibung geben: deutsche Selbstverwaltungen können sich schon bald um Förderung zum Ausbau eines ungarndeut- schen Lehrpfades bewerben. Die Entstehung eines landesweiten Netzwerks ungarndeutscher Lehrpfade ist das angestrebte Ziel, die Konzipierung von zwei neuen thematischen Wegen soll bereits in den nächsten Monaten beginnen. O Der „Kallstadt-Impuls” Trumps deutsche Vorfahren Von Anke Petermann Der Großvater des designierten US-Präsidenten Donald Trump stammt aus dem pfälzischen Kallstadt. Die AfD ist begeistert, spricht vom „Kallstadt-Impuls”, der touristisch genutzt werden müs se. Dabei war Trumps Opa ein illegaler Auswanderer. Und Pfäl zer galten in den USA als eher „integrationsunwillig”. Kallstadt an der Weinstraße. Bislang hauptsächlich bekannt als Durchfahrtsort auf dem Weg zum „Dürkheimer Wurstmarkt”, dem größten Weinfest der Welt. Doch seit sich herumgesprochen hat, dass die Vorfahren des neuen US-Präsidenten von hier stam- men, interessiert sich zumindest die Presse sporadisch für das 1200-Einwohner-Dorf. Wenn Donald Trump ins Amt eingeführt wird, fährt der ein oder andere Ü-Wagen vor, das gilt als sicher. Medienrummel auch im Kallstadter Saumagen-Paradies Reporter belagern dann gern das Saumagen-Paradies – so heißt die Kallstadter Metzgerei mit überregionalem Ruf. „Ist eine schö- ne Abwechslung. Man sieht andere Leute als die Kundschaft, die man sowieso jeden Tag sieht”, sagt Verkäuferin Edelgard Keller - mann. „Und dann muss man auch die verstaubten Englisch- Kenntnisse wieder hervorkramen – eine Herausforderung.” Sie quittiert mit Gelassenheit, dass sie immer wieder zum Opfer des medialen Trump-Hypes wird. Die energische Fleischerei-Fachverkäuferin lässt sich nicht lange um ihre Meinung zum neuen US-Präsidenten bitten. Eine Fleischereifachverkäuferin macht Trump „Komplimente” Der Herr Trump sei nicht dumm, auch wenn er so rüber komme, meint sie. „Der hätte nicht dieses Immobilienvermögen und eine Steuererklärung mit null Einkommensteuer, wenn er doof wäre. Und auf der anderen Seite kann er – sage ich jetzt mal - das durch- schnittliche Volk mitreißen, wie der in den 40er-Jahren mit dem kleinen Schnäuzer.” So drastisch würden es die meisten Kallstadter wohl nicht for- mulieren, schon gar nicht der äußerst diplomatische Bürgermeis - ter. Thomas Jaworek windet sich ein wenig angesichts der ständig gestellten Frage, ob Kallstadt stolz darauf sei, dass der Nachfahre eines Auswanderers mächtigster Mann der USA wird. Mit Stolz auf Trump tut sich Kallstadt schwer Theoretisch könne man sich freuen, meint der CDU-Politiker, doch die verächtlichen Wahlkampf-Pöbeleien Trumps gegen Frauen, Einwanderer und Minderheiten seien ja nicht vergessen und trübten das Glück: „Jetzt hat er es geschafft, er ist einer der mächtigsten Männer weltweit. Und ja, wenn seine Familie aus die- sem Ort stammt, kann man eigentlich stolz darauf sein, und hat trotzdem den Wahlkampf noch im Kopf ”, sagt Jaworek. Deswegen sei es im Moment noch „ein Spagat, wo sich der ein oder andere Bürger sicher auch noch schwertut zu sagen, wir sind stolz drauf, dass ein Nachfahre aus unserem Ort US-Präsident geworden ist”. In der Vitrine vorm Weingut Heinz kündet eine Flasche Ketchup neben dem einheimischen Riesling davon, dass die Kallstadter Trau ben-Anbauer große Stücke auf die verwandten Tomaten-Ver - werter in Pittsburgh halten. Keine Hinweis-Tafel erinnert dagegen an die Vorfahren Trumps. Nach Ansicht der AfD im Mainzer Land tag muss sich das ändern. Rheinland-Pfalz solle Konzepte für eine Themenroute „Deut - sche Auswanderer” quer durchs Land erarbeiten. Anstatt auf Karl Marx, Trier und chinesische Touristen zu setzen, lieber Trump und Kallstadt promoten, damit Amerikaner anlocken. Der „Kall - stadt-Effekt” der US-Präsidentschaft – absehbar, meint die AfD. Wallfahrtsort für Trump-Anhänger will der Winzerort nicht werden Bislang aber: kein Konzept, kein Opa-Trump-Denkmal und auch noch keine Pilgerströme. Kallstadts Bürgermeister Jaworek nimmt sich neben seinem Job bei der BASF Ludwigshafen gelegentlich Zeit, orientierungslose Journalisten zu den Stätten der „donaldinischen” Vorfahren zu führen. Obwohl er gemeinsam mit der SPD-Beige - ordneten für Tourismus strikt dagegen ist, aus Kallstadt einen Wall - fahrtsort für Rechtspopulisten zu machen. (Fortsetzung auf Seite 6) 5