Sonntagsblatt 1/2016 | Page 32

einem um diese Jahreszeit gerne aufkommenden Ge - wittersturm nicht reihenweise umfallen , denn sonst gibt es höchstens Tscha lamade ( Maisstengel , die grün ver - füt tert werden ) und keine Kukuruzkolben .
Da konnte es an manchen Tagen um die Mittagsstun - den , wenn kein Lüftlein weh - te und die Sonne am höchsten stand , so heiß sein , dass vor Hitze die Luft flimmerte .
Barfuß , nur die Gatyaho se , ‘ s Hemd und das Fürter am Leib und den alten Werk tagshut am Kopf , damit er keinen Sonnenstich be kommt , arbeitete an so einem heißen Tag der Stangl Andrasch ( Andreas ) am Paschkumacker draußen , Kukuruzzeile um Kuku - ruzzeile durch . Ringsherum gab es weit und breit keinen Baum und keinen Schatten . Soweit er sehen konnte , nur Kukuruzäcker und Getreidefelder , und während er so arbeitete , tropfte ihm der Schweiß nur so von der Stirn .
Da , plötzlich schob sich ein kleines Wölkchen vor die sengende Sonne und spendete dem Andrasch für einige Minuten ein Fleckchen wohltuenden Schattens .
Er erhob sich , kniff das eine Auge zu und mit dem anderen schielte er hinauf auf das Wölkchen und sagte laut vor sich hin : „ Na , so wea ’ s owa aa höö g ’ nuag !” ( So wäre es auch hell genug .)
Der Steffi – unser Musikant
Der Steffi war ein leidenschaftlicher Musikant und der beste Trom petenspieler bei der Blaskapelle im Dorf .
Jedesmal , wenn der Steffi sei ’ Trompet ’ n dabei g ’ habt hat , weil er bei der Musikprob ’ gewesen war , oder wenn beim „ Martiwirt ” Tanzmusi g ’ west is , oder wenn die Musikbanda ( Musikkapelle ) beim Herrn Pfarrer , bei einem Lehrer , beim Dorfrichter oder auch bei sonst einem guten Freund zum Namenstag anblos ‘ n hat und er ist spät in der Nacht heimgekommen , hat er immer den kürzeren Weg durch den Hausgarten genommen und ist dann von hinten in den Hof hereingekommen . Dabei hat er jedesmal seine Trompete geblasen , damit ihn sein Weiberl , die Fani , hört und ihm die Haustür aufschließt .
Freilich sind dabei jedesmal auch die Nachbarn aufg ’ wacht , aber geärgert hat sich deswegen keiner . Die , die ihn gehört haben , sagten höchstens : „ Na , da Steffi blost haamzua wieda hint ’ n eini ”, und nachher haben sie sich wieder um ’ dreht und weiter g ’ schla - fen . An einem schönen Tag in der Früh ’ hat ’ s g ’ heißen : „ Da Steffi , da Musikant is g ’ storb ’ n .” Er hat sich am Abend vorher schon früher ins Bett gelegt , weil ’ s ihm nicht gut war und ist am nächsten Morgen nicht mehr aufg ’ wacht .
„ A schena Tod is es ja , wenn man ’ s so nehmen tut ”, hab ’ n die Leut g ’ sagt . Am übernächsten Tag war dann die Leicht ( Begräb - nis ). Es war eine große , schöne Leicht , wie sie net ein jeder hat . Die ganze Gass ’ n war schwarz vor lauter Leut . Kein Weib ist daheim geblieben , alle sind sie ‘ kommen und haben dem Steffi die letzte Ehre gegeben . Ja , wenn er das noch sehen hätte können , da hätt ’ er sich bestimmt gefreut .
Die Musik hat Trauermärsche g ’ spielt . Der Leichenchor hat schön g ’ sungen und viel Leut hab ’ n g ’ weint . Am allerärgsten aber sein Weib , die Fani . Wie sie ihn ‘ nunter lassen haben in ’ s Grab , da hat sie ihm schluchzend nachgerufen : „ Oh mei ’ guata Steffi , ... oh mei ’ guata Mann , ... wie oft hast ma du hint ’ n einiblos ’ n ... mei Guata , ... wer wird mia denn jetzt hint ’ n eini blosn , wennst du nimmi do bist .”
Madjarisierungen
Der Michelberger Franzl-Vetter war auch im Aufsichtsrat der früheren „ Buda-Eörser Sparkasse ”. Als Anfang der dreißiger Jahre , in der sogenannten „ Gömbös-Ära ( ungarischer Ministerpräsident von 1932 bis 1936 ), die Madjarisierungsbestrebungen auf Hoch - touren liefen , haben die Herren des Sparkassenvorstandes nach einer Sitzung , als sie beim Poizlwirt bei einem Glas Wein in gemütlicher Runde beisammen waren , den Michelberger Franzl-Vetter ganz ernst gefragt , auf welchen Namen er sich madjarisieren lassen würde , wenn dies demnächst zur Pflicht werden sollte . Da sagte er : „ Also meine Herren , meinen schönen deutschen Namen geb ich net her . Aber wenn ’ s gar net anderst geht , dann ... ja dann höchstens auf Minkovics !” ( Minkovics ist eigentlich ein rein slawischer und kein madjarischer Name ).
Im frühen Österreich – Un - garn , vor dem Ersten Welt - krieg , gab es bei den Intellek - tuellen ( Intelligenzlern ) nichtmad jari scher Herkunft eine Mad ja risierungswelle , wobei so mancher Professor , Pfarrer , Lehrer und Beamter deutscher Abstammung sei nen schönen deutschen Na men für einen oft nichtssa genden ungarisch klin - gen den Namen hergegeben hat , nur weil er sich dadurch viel leicht bessere Aufstiegs - mög lich keiten und Vorteile er - hoffte . So hat sich damals auch der Obernotar aus unserer Nachbars ge meinde Wudigeß von heute auf morgen überraschend madjarisieren lassen . Und damit es die Leute im Dorf auch alle erfahren , mußte dies der Kleinrichter-Tonivetter austrommeln . Dabei hat er folgendes den Leuten bekanntgeben sollen : „ Unser Herr Oberno tar hat sich madjarisieren lassen . Er heißt von heute ab nicht mehr Herr Spanischberger , – sondern Herr Ormai !” Nun , der Kleinrich ter-Tonivetter hat seine Trommel umgeschnallt , ist losgezogen und hat an jeder Gassenecke – und wenn die Gasse lang war , auch einmal dazwischen – fest und laut getrommelt und mit seiner sonoren Stimme lauthals verkündet : „ Unser Herr Obernotar hat sich massakrieren lassen . Er heißt jetzt nicht mehr Herr Spanischberger , sondern Herr Urmaier !”
„ der Stoff hält ewig ”
Den Ring-Vetter haben in Wudigeß alle Leute gekannt . Er führte in der Hauptstraße der Gemeinde ein gutgehendes Textilien ge - schäft , wo man alles , was man so zum Anziehen brauchte , vom feinen Anzugsstoff über Kleiderstoffe aller Art , auch solche für die Trachten- , Ober- und Unterröcke und Blusen , bis zur Leinwand für die Bettwäsche und für die Gatyahosen der Männer , einkaufen konnte . Eine Wudigeßer Frau , die Rizzi-Basl ( Rizzi ist ein Kosename für Maria ), hat auch einmal beim Ring-Vetter eingekauft , und zwar einen schönen Stoff für einen Kittl , wie ihn die Frauen in der Wudigeßer Tracht getragen haben .
Bevor sie aber bezahlte , fragte sie noch den Ring-Vetter : „ Ist das aber sicher so a guater Stoff , wie Sie g ’ sagt ham ?” Da versicherte er ihr : „ Liawe Frau , der Stoff hält ewig und nachher können Sie für ihren klaana Sepperl noch a schöns Leibl draus machen lassen !”
Aus : H . Prach u . J . de Ponte „ Das Ofner Bergland von der Sonnenseite “
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