Sonntagsblatt 1/2015 | Page 7

sb15-1:sb14-2.qxd 2015.02.12. 8:44 Oldal 7 meine Frage, ob er keine Angst hat, antwortete er: ‚Ich hatte und habe nie Angst, um mich zu meiner deutschen Herkunft zu bekennen und mich mit meinem Volk zu identifizieren.’ (…) In der Innenstadtkirche von Fünfkirchen liefen seinerzeit schon die sonntäglichen deutschsprachigen Gottesdienste. Wir freuten uns aufs Kommen des neuen Bischofs und planten im Lenau-Verein, ab 1989 jedes Jahr am 26. Dezember, am zweiten Christtag, unserer ver- schleppten und vertriebenen Landsleute zu gedenken. Ein bisschen angstvoll gingen wir mit Herrn Josef Báling zum neuen Bischof, um diese Gottesdienste zu genehmigen und sie als Diözesanbischof selber zu halten. Er hat noch als Weihbischof – ohne lange zu überlegen – sofort zugesagt. Am 16. Dezember 1989 wurde er als Diözesanbischof in sein Amt eingeführt und 10 Tage später, am 26. Dezember hat er schon die erste deutschsprachige Gedenkmesse zelebriert. Nicht nur die Gekommenen, alle Deutschen der Region waren voller Neugier und Erwartung, war es doch nach Kriegsende der erste bischöfliche Gottesdienst in unserer Muttersprache, die bis dahin aus den meisten Kirchen fast verbannt war. Wir Ungarndeutsche wissen, was diese Treue zu unserem Glauben und zu unserem Volkstum gekostet hat, wir wissen, was es heißt alles verlieren zu müssen, wir erlebten es, im Stich gelassen zu werden, zum Teil auch von unserer Kirche, der wir so unzählig viele großartige, treue Diener gegeben haben, auf die wir schon immer unsere Hoffnungen gebaut haben. „Auch mein Vater und drei seiner Geschwister (2 Brüder und eine Schwester) wurden in die sowjetischen Arbeitslager verschleppt. Mein Vater, Peter Mayer, und sein Bruder Josef sind dort gestorben, wie euere Frauen und Männer, Väter, Mütter, Brüder, Schwestern und Kinder. Ich bete heute für alle unsere Opfer”, begann er (Mayer) seine Predigt. (…) Michael Mayer war der erste Bischof nach Kriegsende, der seinen deutschen Namen behielt und den bis heute mit Stolz trägt. Überall, wo er auftrat, hat er unser ungarndeutsches Volk liebevoll angespornt an der Muttersprache, an unseren reichen Sitten und Bräuchen, aber auch an unserem Glauben festzuhalten. Es sei Pflicht, Aufgabe und Verantwortung der Eltern und Großeltern, un - sere Kinder, die Erwachsenen von morgen, zur deutschen Mutter - sprache und Identität zurückzuführen. Das sind wir uns selber, unseren deutschen Vorfahren sowie unserer Heimat Ungarn schuldig, und diese mit unserem Fleiß, unserem Können, unseren Leistungen, unserem Geist und unserer Treue auch weiterhin bereichern, wie es über mehr als zwei Jahrhunderte unsere Ahnen taten. In diesem Sinne hat Bischof Mayer am 11. Januar 1997 in der Pester Redoute am ersten Festtag der Ungarndeutschen Selbstver - waltungen unsere historischen Wahrzeichen, auch Symbole genannt, geweiht: unsere Fahne, unser Wappen und unsere Hymne, die die gle- ichen sind als die unserer heimatvertriebenen Landsleute, unter ihnen auch die Tante unseres Preisträgers, die seit der Vertreibung in der Bundesrepublik Deutschland lebt. Herr Bischof Mayer befürwortete überall die Notwendigkeit der Denkmal-Errichtung für die deutschen Opfer des I. und II. Welt - krieges, aber auch die Gründung der deutschen Soldatenfriedhöfe in Südungarn war eine Herzensangelegenheit von ihm. Er feierte im vergangenen Jahr gleich zwei Jubiläen. Vor 50 Jahren wurde er zum Priester und vor 25 Jahren zum Diözesanbischof ge - weiht. Für alle seine unvergänglichen Verdienste um das Ungarndeutsch - tum danken wir ihm mit dem Lenau Preis”, betonte Lorenz Kerner in seiner Lobrede. Das „Németh-Gallusz-Duo” aus Großmanok und das Trio „Enig ma” aus Fünfkirchen sorgten für die musikalische Unter - malung der Veranstaltung. Stefan Seitz • MERKWÜRDIGkeiten • Deutschenhass in Ungarn In der letzten Nummer des Sonntagsblattes haben wir das Thema bereits angeschnitten: Ist es ein Wunder, dass unsere Deut - schen/Schwaben in Ungarn ihre deutsche Muttersprache meiden? Ich sage absichtlich meiden, denn ich weiß, dass viele – so von der alten wie auch von den jüngeren Generationen – noch/wieder Deutsch können, aber dennoch das Ungarische bevorzugen. Warum? Wie schon voriges Mal gesagt: Der Grund dafür hat tiefe (und alte) Wurzeln. Ein Beispiel dazu nennt uns Landsmann Georg Richter (ehemaliger Tiszalök-Insasse): „…Ich war ein 12 Jahre alter Gymnasiast im Jesuitengymnasium Kalocsa, als Hitler sich am 13. März 1938 Österreich einverleibte. In der Turnstunde ließ Turnlehrer János Csapp alle Schwaben heraus- treten. Von den etwa acht Schwabenmitschülern traten nur Kurt Bayer aus Zanegg (Mosonszolnok) und ich heraus. Wir ahnten nicht, warum bis Turnlehrer Csapp uns sagte, Hitler habe Österreich beset- zt. Kaum ausgesprochen erhielten wir rechts und links so kräftige Ohrfeigen, dass ich Sterne sah. Sich darüber zu beschweren, hätte nichts gebracht. Die Turnstunde lief weiter, als wäre nichts vorgefall- en. Ich habe den Vorfall auch für mich behalten. Im damaligen Ungarn klang der Begriff Schwabe dermaßen abschätzig, dass ich mich wegen meines Deutschtums schämen musste. Häufig kam ich mir vor wie ein von der Herrschaft gedemütigter, in die Ecke verkroch- ener Hund. Ich fühlte mich von der Gesellschaft verachtet und aus- gegrenzt. Gefragt war der „Rasseungar” mit adeligen Vorfahren, alles andere galt nichts. Natürlich gab es auch andere Lehrer als János Csapp. Dazu zählte mein K lassen- und Geschichtslehrer Dr. József Takács, ein grundsolider, gerechter Ungar aus Güns (Westungarn). Sein Motto lautete: „Mir ist es gleich, ob jemand Ungar, Slowake oder Schwabe ist, bei mir zählen nur die Leistungen, sonst nichts.” Das hat mich beruhigt, ich konnte mich dem Studium widmen. Da ich ein guter bis sehr guter Schüler war, erwachte in mir ein neues Selbst - bewusstsein...” Und noch ein weiteres Beispiel, das uns ebenfalls von Dr. Paul Flach überliefert wird (im letzten Sonntagsblatt – auf Seiten 7–8 – haben wir von ihm bereits ein Beispiel gebracht mit der Über- schrift „Spiele und Lieder als Vaterlandsverrat”): „Ja, um ein Lied ging es auch in diesem anderen Fall, der sich – wenn ich mich richtig erinnere – im Jahre 1942 im benachbarten Ort Tschatali (Csátalja) abgespielt hat. Wie jedes Jahr, veranstaltete die Ortsgruppe des VDU auch im betreffenden Jahr ihre traditionelle Maifeier. Nach dem Abspielen der ungarischen Nationalhymne, mit der die Feier eröffnet wurde, wollte Vereinsvorsitzender Matthias Pentz seine im behördlich genehmigten Programm vorgesehene Ansprache halten. Bevor er aber noch damit beginnen konnte, traten die anwe- senden Gendarmen vor ihn und untersagten ihm, eine auch noch so kurze Rede zu halten. Nachdem bei den Gendarmen kein Zureden geholfen hatte, war man gezwungen, von einer Festrede abzusehen und das Programm ohne diese fortzusetzen. Als nächster Programm - punkt folgte der Gesangchor mit einem alten Volkslied, von dem ich mit Sicherheit nicht mehr weiß, ob es das Lied: „Schwarzbraun ist die Haselnuss” oder aber „Mein Vater war ein Wandersmann” gewesen war. Die ersten Strophen beider Lieder laut- en: „Schwarzbraun ist die Haselnuss, schwarzbraun bin auch ich, ja ich, Schwarzbraun muss mein Mädel sein, gerade so wie ich; Vallera juvivallera, ha-ha-ha, – Vallera juvivallera, ha-ha-ha, – Vallera juvivallera, ha-ha-ha”, (Fortsetzung auf Seite 8) 7