Sonntagsblatt 1/2015 | Page 12

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ben im Grunde das Bestreben , einen so großen Teil der deutschen Minderheit wie nur möglich zu vertreiben . (…) Hinter der ganzen Überlegung stehen diejenigen Madjaren , die jederzeit zum Rassenhass und zu Brutalitäten bereit sind , die die Gewalt und der Mythos der Rasse unveränderlich angesteckt haben , die jegliche Übel eines Landes , dessen Gesellschaft organisch krank im Geist ist und auch sonst krank ist , in den – als Fremde angesehenen – Minderheiten sehen , und die sich in die Illusion wiegeln , dass sie dadurch einen Platz in den Geschichtsbüchern finden . Wir wissen wohl , dass wie viele Madjaren , die sich lediglich aus falsch verstandenem Patriotismus zu den Rechtsextremen hin bewegten , wurden auch viele Schwaben nur deshalb Volksbund-Mitglieder , weil sie zu ihrer Identität selbstbewusst standen und nicht in der Mehrheitsbevölkerung aufgehen wollten . Das konnte und kann keine Sünde sein !” Im Zusammenhang mit der Vertreibung der ungarländischen Schwaben stellt er bezüglich des Programms der „ neuen madjarischen Landnahme ”, propagiert von Politikern und Schriftstellern , beurteilend fest , „ dass das Ganze noch durch solche Pläne verschärft wird , wonach an die Stelle der zu vertreibenden Schwaben madjarische Flüchtlinge und Madjaren aus Transistanien gesetzt werden sollen , so , dass sich die » telepesek « ( Neusiedler ) nicht nur in dem Besitz der geflüchteten und zu vertreibenden Schwaben , sondern auch in ihren Häusern und Mö - belstücken breitmachen sollen . Wie demoralisierend das wirkt , das ist leicht zu erkennen . Der ganze Plan unterscheidet sich in keinster Weise von der Vertreibungs- und Ausplünderungsopera - tion , die ein Jahr zuvor ein kleiner , aber tonangebender Teil der ungarischen Mittelschicht , des Kleinbürgertums und Proletariats den Juden gegenüber vollzogen hat . Die Wegnahme der Gegen - stände kann man nicht anders als Raub bezeichnen , unabhängig davon , ob das einem Juden oder Schwaben passiert .” ( Vorgetra - gen Mai 1945 !!)
Es ist aus der Geschichte bekannt , dass die Mahnungen Bibós gegenüber den chauvinistischen Emotionen wirkungslos blieben . In der Regierungssitzung am 22 . Dezember 1945 wurde mit großer Mehrheit die Argumentation angenommen , dass „ aus nationalpolitischer Sicht Ungarn das Interesse hat , dass – auf Grund - lage der zu verabschiedenden Verordnung – Menschen deutscher Volkszugehörigkeit gezwungen werden sollen , in der größtmöglichen Anzahl das Land zu verlassen . Es ist eine nie wiederkehrende Chance , die Schwaben loszuwerden ”, sagte der Minister für Wiederaufbau , József Antall sen . ( Kleinlandwirtepartei ), der das Amt für Volksfürsorge ( das Regierungsamt , das die Vertreibung der Schwaben vorbereiten sollte ) aufbaute . Das Ergebnis der Ab - stimmung bei der Regierungssitzung ist allgemein bekannt . Mit 11 Ja-Stimmen und zwei Nein-Stimmen wurde eine Verordnung gebilligt , in der die Bekenntnis zur Nationalität bei der vorangegangenen Volkszählung ausreichte , dass jemand entrechtet , enteignet im Viehwaggon außer Landes gebracht wurde .
Wie die Regierungsmitglieder auf der Sitzung betonten , mit der Vertreibung hätte man nicht eine Bestrafung angestrebt , sondern die radikale „ Endlösung ” der ungarndeutschen Frage , ähnlich zu der Bestrebung , die vor knapp einem Jahr in der Judenfrage verwirklicht wurde . Deshalb lohnt es sich nicht , über Kollektivschuld zu sprechen , also die wahren Gründe der Ereignisse verschleiernd damit zu erklären . Es ist bemerkenswert , dass hinsichtlich der Frage der Vertreibung , die mit einer 80 % -Mehrheitsentscheidung ( 11 Ja , 2 Nein ) des damaligen Ministerrates besiegelt wurde , eine derartige Übereinkunft zwischen der christlich – konservativen Sei - te ( 7 Ja-Stimmen ) und der kommunistischen Linke ( 4 Ja- Stim - men ) seitdem beispiellos geblieben ist . Die Tatsache , dass die Vertreibung der ungarländischen Schwaben entgegen der Beru - fung auf äußeren Druck der Großmächte , die Jahrzehnte lang verlautet wurde , aufgrund des eigenen Entschlusses der damaligen ungarischen politischen Elite erfolgte , bestärkt den Standpunkt eines unserer ehemaligen Staatspräsidenten , wonach diese Ge - schichte einen würdigen Platz unter den Schandflecken ungarischer Geschichte finden könnte .
( Bei dem Verfassen des Artikels wurde die Studie „ Die Vertrei - bung der Deutschen aus Ungarn ” von Georg Richter , erschienen in der Bajaer Zeitschrift „ Batschkaer Spuren ”, März 2013 , verwendet .)
Peter Stelczer ( Übersetzung : Richard Guth )
Volksbund Deutsche Kriegsgräber - fürsorge e . V . zeichnet ehrenamtliche ungarische Helfer aus
Auf dem Bild v . l . Herr Imre Kovács , Repräsentant des VdK e . V . in Ungarn ; Herr Balázs Kocsis , Bildhauer und Restaurator ; Herr Attila Szôlôsi , Forstdirektor ; Herr Klaus Riedel , Chargé d ’ affaires der Deutschen Botschaft in Ungarn ; Oberstleutnant i . G . Uwe Clemens , Verteidigungsattaché für Ungarn (© Deutsche Botschaft Budapest / Z . Sipos )

Zur Lage des Wetschescher Deutschtums

Am 18 . Dezember übergab der Landesbeauftragte des Volks - bundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e . V ., Herr Imre Kovács , Dankesurkunden an zwei ehrenamtliche Helfer für ihren Einsatz zu Pflege und Erhalt von Gedenkstätten gefallener Deutscher im Ausland . Forstdirektor Attila Szôlôsi und Bildhauer und Restau - rator Balazs Kocsis hatten unter großem persönlichen Einsatz dazu beigetragen , dass ein im Schildgebirge aufgestellter Ge - denkstein zum Gedenken fünf deutscher Soldaten , die bei einem Flugzeugabsturz im Jahr 1942 ihr Leben ließen , wieder in neuem Glanz erstrahlt .
Michael Frühwirth im Gespräch mit dem Ungarischen Rundfunk
Übersetzung : Richard Guth , Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des geschäftsführenden Vorsitzenden der öffentlich – rechtlichen Rundfunkanstalt MTVA
Ansagetext : Die ersten Deutschen kamen bereits im Mittelalter nach Ungarn . In Siebenbürgen und im nördlichen Teil der heutigen Slowakei haben sich Sachsen angesiedelt , die zweite große Ansiedlungswelle erfolgte im 18 . Jahrhundert . Die in dieser Zeit nach Ungarn eingewanderten Deutschen , also die Schwaben , haben sich in den von den Türkenkriegen am stärksten betroffenen Gebieten , also in der Umgebung von Pesth-Ofen , in den
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