's Dorfblattl Haiming - Digitalausgabe Dorfblattl Haiming Winter 2015 - 01/15 | Page 25

´s Dorfblattl Haiming Spuren der Vergangenheit Ein Hausberg, der viel zu erzählen hat a und dort sieht man sie noch – die Spuren der Vergangenheit. Der Amberg, von vielen als die östliche Säule des ÖtztalEinganges bezeichnet, wurde von den eiszeitlichen Gletschern ebenso gezeichnet, wie von Menschenhand viele tausend Jahre später. Geologe Werner Schwarz und Geschichtsforscher Adi Meierkord zeichneten bei Vorträgen in Oetz und Haiming für rund 800 Besucher ein spannendes Bild des südlichen Hausberges. Professor Werner Schwarz begann mit der geologischen Entwicklung des Amberges, der zum Höhepunkt der letzten Eiszeit wohl etwa 600 Meter unter der Eisdecke begraben war und durch das Schieben der riesigen Eismassen seine charakteristische runde Form erhielt. Er entführte die Zuhörerschaft mit stimmungsvollen Bildern zum Naturjuwel Brandsee und sensibilisierte für diesen ökologisch einzigartigen Moorsee, der von außen immer weiter zu wächst. Obwohl der Amberg auf nicht kalkhaltigem Gestein basiert, blüht dort im Frühjahr die Erika, die ausschließlich auf Kalkböden gedeiht. Doch durch den Tschirgant-Felssturz vor etwa 3000 Jahren lagerten sich kalkhaltige Partikel am gegenüber liegenden Amberg ab, die noch heute die perfekte Unterlage für das Wachstum der Erika bilden. Abgesehen von diesen geologischen Merkmalen findet man am Amberg unzählige von Menschenhand geschaffene Mundlöcher und Stollen. „Als Kind bin ich beim Pilze suchen mit meiner Oma immer wieder vor diesem großen schwarzen Loch gestanden, von dem uns die unglaublichsten Schauergeschichten erzählt wurden, sodass wir uns damals nie hineingetraut haben“, erzählte der Haiminger Bürgermeister Josef Leitner. Diese Stollen entstanden in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, obwohl das zugrunde liegende Kraftwerksprojekt schon im Jahr 1931, also in der Ersten Republik, geboren wurde. Damals wollte man das Längenfelder Talbecken mit einem Stausee fluten, der 600 Millionen Kubikmeter Wasser hätte fassen sollen. Davon hätte ein 15 Kilometer langer Stollen durch das Ötztal heraus geführt werden sollen und am Fuß des Amberges am Gelände der heutigen Firma „Westbeton“ hätte ein Kraftwerk mit 850 Megawatt Spitzenleistung entstehen sollen. Doch einerseits war das Riesenprojekt nach der Weltwirtschaftskrise quasi unfinanzierbar und vor allem stellte man bei Bodenbohrungen am Winkler Berg in Längenfeld fest, dass der Untergrund instabil und wasserdurchlässig ist, wodurch das Errichten der Staumauer so gut wie unmöglich wurde. So wurde das Projekt fallen gelassen und man dachte ein neues dezentrales Projekt mit neun Kleinkraftwerken und unzähligen kleineren Aufstauungen an. Dabei hätte man zum Beispiel das Venter Tal, Zwieselstein, Niederthai und Ochsengarten fluten wollen, aber auch diese Idee wurde mangels Finanzierung fallen gelassen. Der Stollen durch den Amberg ist an zwei Stellen so gut wie fertig betoniert. Heute ist er Lebensraum für Fledermäuse und Spielplatz für Abenteuerlustige. 1941, Österreich war inzwischen Teil des großdeutschen Reiches, war die deutsche Luftfahrtbehörde auf der Suche nach einem geeigneten Standort für den weltgrößten Windkanal, der Windgeschwindigkeiten bis zu 1000 km/h simulieren hätte sollen. Dabei stieß man auf die Kraftwerkspläne im Ötztal und wollte auf diese aufbauen, um die Anschlussleistung von 76 Megawatt elektrischer Energie zu erzeugen. Man wollte im Nedertal, das von Ötz hinauf ins Kühtai führt, einen Stausee errichten und das Wasser in einem 1,6 Kilometer langen, fast ebenen Stollen durch den Amberg leiten, wo das Wasser dann am Ende 590 Meter in die Tiefe gestürzt wäre, um dort zwei gegenläufige Pelton-Turbinen anzutreiben, an deren Achsen direkt die Windräder hätten sitzen sollen. Baufertigstellung war Ende 1945 geplant. Insgesamt bestand das Riesenprojekt aus rund 50 Baustellen. Um das Baumaterial befördern zu können, errichtete man eine riesige kuppelbare Materialseilbahn, die Im Frühjahr 1945 war der Windkanal so gut wie fertig. Nach Ende des Krieges wurde er nach Frankreich verfrachtet. Winter 2015 von Ötztal-Bahnhof freitragend über den Amberg bis ins Nedertal führte. Dort wurde ein mehrere Kilometer umfassendes Gleissystem sowie eine eigene Betonmischanlage installiert. Die 2500 am Bau beteiligten Arbeiter lebten in eigens für sie errichteten Lagern in Schlatt über Oetz, am Brandsee oder am Haimingerberg über dem Weiler Larchet. Zu Kriegsende im Frühjahr 1945 waren rund 75 Prozent der gesamten Anlage fertig gestellt und die Besatzungsmacht Frankreich zögerte nicht lange und ließ den Windkanal zerlegen und in der Nähe von Grenoble in Frankreich wieder zusammenbauen. Für den Transport der teilweise riesigen Einzelteile waren 13 Güterzüge notwendig. Dieser Windkanal ist bis heute in Betrieb und man nutzte ihn maßgeblich zur Grundlagenforschung für die Concorde oder den französischen Kampfjet Mirage. In und rund um den Amberg blieben die Stollensysteme und viele Betonfundamente, die mit den Jahren von der Natur überwuchert wurden und mit den Jahren immer unsichtbarer werden. Der Ambergstollen wurde vor einigen Jahren von den Touristikern für den Abenteuersport im Sommer wiederentdeckt, während sich in den Wintermonaten von November bis Mai unzählige Mopsfledermäuse hier im zweitgrößten Winterquartier Österreichs zusammenfinden und in Ruhe gelassen werden wollen. (Text und Fotos: 1 mams, 1 Dokumentationszentrum Ambergstollen) Seite 25 Chronik D