´s Dorfblattl Haiming
Ein Blick in die Geschichte
Vom Kleinod zum Ärgernis
m Jahre 1908 weckte das goldene Jubiläum der MarienErscheinungen in Lourdes auch
in Haiming den Wunsch zum Bau
eines Marienkirchleins. Nach umfangreichen Vorarbeiten wurde
sodann im Herbst 1911 unter der
Leitung des Baumeisters Lahnbach (Tarrenz) mit dem Bau am
Vorplatz zum Bahnhof Ötztal begonnen. Im Juni 1913 stieg dort
ein Waldfest, dessen Reinerlös
für die „Erstellung und Ausgestaltung des hiesigen Kirchleins“
gedacht war. Die Zahl der Besucher wurde auf 3.000 taxiert;
neben lustigen Aufführungen
und dem „reich ausgestatteten
Glückstopf“ wurden in Presseberichten die Musikkapellen
von Haiming und Silz lobend
erwähnt, die „äußerst eifrig“
konzertiert hatten. Am 10. Juli
1913 konsekrierte Abt Stephan
Mariacher von Stams das neue
Marien-Kleinod. Die Initiatoren
dieses Kirchenbaus hofften an
diesem Freudentag auf weitere
Almosen, „damit die Schuldenlast verringert und nach und
nach die Einrichtung besorgt
werden kann“. Der Erreichung
dieses Zieles wird dann aber der
Ausbruch des Ersten Weltkrieges
nicht sonderlich dienlich gewesen sein.
Am 20. September 1923 berichtete der Tiroler Volksbote von
einer neuerlichen Einweihungsfeier:
Durch den Opfermut einheimischer Kreise, von Fremden, die
das Ötztal besuchen und im Ötztalerhof für längere oder kürzere
Zeit Rast halten, ganz besonders
aber dank der großen Opferwilligkeit des Konrad Witzmann und
dessen Frau Emmi, Besitzer des
bestbekannten Ötztalerhofs,
kam die Vollendung der lauschigen Waldkapelle zustande.
Kunstmaler Thaler schuf damit
ein bodenständiges Heimatwerk von bleibendem Werte.
Unter zahlreicher Beteiligung
von Einheimischen, besonders
aus dem nahen Haiming, wurde
vom Kooperator dieses Dorfes
die kirchliche Feier durchgeführt.
Der Haiminger Sängerchor sang
dabei Schuberts „Deutsche
Messe“. An dem von den Klosterschwestern zu diesem Zwecke freundlichst zur Verfügung
gestellten Harmonium saß der
Lehrer aus Haiming. ...
Im Frühjahr 1934 konnte dank
der Bemühungen des Pfarrers
Baumgartner und der Unterstützung des Hoteliers Buchholz ein
neuer, schöner Fußboden verlegt werden. Im Tiroler Volksboten wurde weiters lobend verzeichnet: Der größte Wohltäter
dazu ist die Firma Herelier, Sägewerksbesitzer am Bahnhof, die
das Brettermaterial gratis beigestellt hat. Leider hat diese Firma
das Sägewerk verkauft und wird
uns nächstens verlassen. Das
Kirchlein wird’s merken. Die Kirchenbesucher aus Riedern und
Ötztal haben mit Fronschichten
mitgeholfen, damit die Auslagen
nicht allzu hoch kommen. Höher
anzuschlagen als der neue Fußboden ist, dass wir beim dermaligen Priestermangel regelmäßig
an Sonn- und Feiertagen einen
Gottesdienst haben, den der
alte Pfarrer von Haiming schon
seit Jahren besorgt. Der Gottesdienst wird von den Bewohnern
am Bahnhof und in Riedern und,
wenn der Inn einen niedrigen
Wasserstand hat, auch von der
Schlierenzau aus besucht. Letz-
Das Lourdes-Kirchlein vor 100 Jahren; hier wurden auch Hochzeiten zelebriert;
als erste wurde jene der Hotelierstochter Elvira Lutteri (Ötztalerhof) mit
Leutnant Dr. phil. et jur. Friedrich Eggert am 12. August 1918 registriert.
tere setzen sich in ein Schifflein
und überqueren den Fluss. Auch
Chauffeure und Fremde gehören
öfters zu den Besuchern des Gottesdienstes.
In den Dreißigerjahren sei das
Kirchlein auch von den Brunauern aufgesucht worden. Sie hätten den Sautner Pfarrer sogar
ganz offiziell um Nachsicht dafür gebeten, dass sie lieber zum
Kirchlein am Bahnhof gehen,
hielt ein Chronist fest.
In den Vierzigerjahren ist das
Kirchlein auch polnischen, italienischen, holländischen und
russischen Zwangsarbeitern eine
Stätte des Trostes und der Hoffnung gewesen.
Nach dem Krieg verlor das Kirch-
lein augenscheinlich nach und
nach seine Anziehungskraft. Im
März 1971 war über „Blickpunkt“
zu erfahren: Dieser Tage fällt das
alte Ötztaler Kirchlein der Spitzhacke zum Opfer. Seit 1964 dient
es nur mehr zur Aufbahrung.
Nun ist aber die Aufbahrungshalle an der neuen Kirche fertiggestellt und das alte Kirchlein hat
seine letzte Bedeutung verloren.
Es würde heute niemand mehr
für seine Erhaltung aufkommen
wollen. So ist es besser, wenn es
abgetragen wird. In einem Fremdenverkehrsort geben vernachlässigte Kultstätten nur Anlass zu
Ärgernis.
(Text und Repros: Johann Zauner)
Haimingerberg
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Am 4. September fanden am Haimingerberg die Wahlen der Bäuerinnen im Vereinshaus statt. Als
neue Ortsbäuerin wurde Kordula
Prantl gewählt und als Stell ٕ