's Dorfblattl Haiming - Digitalausgabe Dorfblattl Haiming Frühjahr 2017 - 02/17 | Page 20

Bibliothek Haiming
Filmdokument über den „ Tirggenanbau “
´ s Dorfblattl Haiming
Chronik
Der Kultur auf der Spur : Der „ Weichbrunnen “
Früher hing in jeder guatn Stube a Weichbrunnenkriagle . Darin tauchte man einen „ mittleren “ Finger ein und bekreuzigte sich beim Betreten und Verlassen des Hauses . Den Kindern zeichnete die Mame bzw . die Nale auch vor dem Schlafengehen ein Kreuz mit Weihwasser auf die Stirn . An bestimmten Tagen wurde es bei Segnungen im Haus , Stall und auf den Fluren reichlich versprenzt – dies im Wissen , dass der Tuifl nichts mehr fürchtet als das Weihwasser . Am häufigsten wird das Aussprengen von geweihtem Wasser noch auf Friedhöfen gehandhabt , bei Begräbnissen , aber auch beim Gedenken am Grab . Immer seltener wird das Weihwasser von Gläubigen in Anspruch genommen , bevor sie den Kirchenraum betreten oder diesen verlassen . Dazu sei die Bedeutung dieses Rituals in Erinnerung gerufen : Man bekreuzigt sich , um sich von Ärger , Konflikten und von dunklen Emotionen rein zu waschen . Dieses Ritual kann auch als Besinnung an die Taufe gedeutet werden . Wer sich nämlich mit Weihwasser bekreuzigt , vollzieht damit das noch einmal nach , was in der Taufe geschehen ist . Der mit Weihwasser benetzte Finger berührt zuerst die Stirn – das signalisiert die Bereitschaft , sich der bösen Gedanken loszusagen . Das Berühren des Oberbauches heiligt / heilt unsere Gefühle . Unsere linke Schulter steht für das Unbewusste . In der Berührung mit dem geweihten Wasser soll es von Aggressionen , Ängsten und aller Bitterkeit befreit werden . Die rechte Seite symbolisiert das Bewusste , das Tun in Worten und Werken . Diese Berührung mahnt dazu , das Leben positiv zu gestalten , die Arbeit selbstsicher anzupacken , aber dabei andere nicht zu verdrängen und zu unterdrücken . War schåd , wenn deïs Denkn und Fühlen verloarn geaht …. ( Text : Johann Zauner )
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Lesenswertes aus der Bibliothek

In der Bibliothek Haiming treffen nahezu wöchentlich die aktuellsten neuen Bücher ein . Zwei Highlights wollen wir euch in dieser Ausgabe wieder ans Leserherz legen :

Dörte Hansen : „ Altes Land “ Groß ist die Sehnsucht vieler nach dem Landleben , oft verklärt … Dörte Hansens Roman ist ein Heimatroman , aber ohne jede Romantisierung . Ein Bauernhaus südlich von Hamburg ist Mittelpunkt mehrerer Flüchtlingsschicksale :
Seite 20 Frühjahr 2017
Nach dem Zweiten Weltkrieg strandet dort Hildegard von Kamcke , eine ostpreußische Adelige , die bei der Kirschernte hilft , ohne je an Haltung einzubüßen . Später erbt ihre Tochter Vera das Haus . Auch sie flüchtet : vor der Nachbarschaft , vor der Vergangenheit und den dörflichen Konventionen . Dann kommt ihre Nichte Anne dazu , ein Großstadtflüchtling aus Hamburg-Ottensen . Anne hat genug von Müttern , die ihre Kinder „ wie Preispokale “ über die Spielplätze tragen . Wo aber die Heimat liegt , ist eine Frage , die sich jede Generation aufs Neue beantworten muss . Unbedingt lesen !
Juli Zeh : „ Unterleuten “ Der Titel könnte auch „ Unter Leuten “ lauten . Auch in diesem Roman geht es um ländliche Idylle ; doch diesmal kann sie die Hölle sein . In einem Dorf in Brandenburg nach der Wende , in dem noch viele schrullige Originale leben , brechen Streitigkeiten wieder auf , die lange unterdrückt wurden .
Filmdokument über den „ Tirggenanbau “

Traditioneller Maisanbau

Ernst Röck aus Roppen ist

Mitglied beim Filmclub Imst und produzierte zusammen mit Bio-Müller Glatzl aus Haiming einen Dokumentarfilm über die alte bäuerliche Tradition des „ Tirggenanbaues “ in Haiming . Der Film dauert 20 Minuten , die Dreharbeiten liefen über mehrere Jahre . Der Film wurde kürzlich fertiggestellt und zeigt alle wichtigen Arbeitsschritte vom Setzen der Körner bis zur Vermahlung in der eigenen Wassermühle .
Für Glatzl Johann ist es wichtig , dass diese alte Arbeitsweise , die noch vor einigen Jahrzehnten im bäuerlichen Arbeitsjahr einen sehr wichtigen Stellenwert hatte , auch dokumentarisch festgehalten werden konnte . Am Biohof Glatzl werden die zwei alten Tiroler Maissorten , der „ Gelbe und der Weiße Tirggen “, seit 1987 wieder ständig angebaut und nach alter Tradition geerntet und getrocknet .
Durch den geplanten Windpark in unmittelbarer Nähe des Dorfes bricht der Konflikt zwischen Wendegewinnern und Wendeverlierern wieder auf . Auch der Gegensatz zwischen den neu zugezogenen Berliner Aussteigern mit ihrer großstädtischen Arroganz und den alten Dorfbewohnern sorgt nicht nur für Aufregung , sondern … Ein Gesellschaftsroman mit historischem Hintergrund , den ich sehr empfehle . ( Text : Vroni Falkner )
Der Film kann für interessierte Institutionen wie Schulen und für spezielle Informationsveranstaltungen kostenlos ausgeliehen werden . Informationen per E-Mail : hans . glatzl @ gmail . com ( Text : Text Johann Glatzl ; Foto : Bildkreis )
Das „ Tirggenausmachen “ im Stadel des Biohofes Glatzl in Haiming ist einer der Höhepunkte im bäuerlichen Arbeitsjahr .