PhotoWeekly 29.01.2020 | Page 25

Technik M E TA -T E S T 25 FUJIFILM X-PRO3 Nischen- Kamera für Nostalgie- Fans Die Fujifilm X-Pro3 ist keine gewöhnliche Kamera. Ihr verdecktes Display führt dazu, dass sich Fotografen wieder mehr Zeit für ihre Bilder nehmen. Ein Ansatz, den wir sehr begrüßen. Von Thomas Probst Mit der X-Pro3 wagt Fujifilm ein kleines Experiment. Es geht bei dieser DSLM nicht dar- um, möglichst schnell zu schö- nen Bildergebnissen zu kommen. Ziel ist es vielmehr, Kameraein- stellungen wieder bewusster zu wählen und nicht einfach drauf- los zu fotografieren. N O 113 05/2020 Fujifilm X-Pro3 sehr gut Ausstattung Erst nachdenken, dann auslösen – Fujifilm möchte erreichen, dass sich Fotografen für ihre Bilder wieder mehr Zeit nehmen. Dafür dreht der Hersteller das im Digi- talzeitalter gewohnte, große Dis- play auf der Rückseite einfach um, sodass es in Richtung des Kamerage- häuses zeigt und damit beim Einschalten der X-Pro3 verdeckt ist. Wer es verwenden möchte, Quick Facts: kann es um 180 Grad Preis: ca. 2.100 Euro nach unten ausklappen. Sensor: APS-C CMOS Anstelle des großen Dis- mit 26 Mio. Pixel plays ist auf der Rück- Video-Auflösung: C4K/30p seite ein neues, recht Display: 3,0-Zoll-Touchscreen (1.620.000 Bildpunkte) kleines OLED-Display ISO: 80-51.200 zu finden, das lediglich Serienbild: bis zu 11 B/s Kameraeinstellungen und keine Aufnahme- bilder anzeigt. Diese Umgewöh- nung wird sicherlich nicht jedem gefallen. Wer aber die Geduld aufbringt, sich in Ruhe mit sei- nen Einstellungen zu beschäf- tigen und Motive statt über das Display, wie zu Zeiten der analo- gen Fotografie, wieder über den großen Sucher anzuvisieren, der wird eine entschleunigte Art der Fotografie für sich entdecken, die durchaus erholsam sein kann.   Der verbaute Hybrid-Sucher kom- biniert eine optische und eine di- gitale Anzeige und wurde gegen- über der X-Pro2 im Hinblick auf das Sichtfeld, den Kontrast und die Farbwiedergabe verbessert. Für den Wechsel zwischen den Anzeigeoptionen wird lediglich der Hebel vorne auf der Kamera zur Seite geschoben. Darüber hin- aus fällt auf, dass Fujifilm bei der Bedienung auf das sonst typische Tastenkreuz verzichtet. In der X-Pro3 werden Einstellungen, wie auch das Autofokus-Feld, über einen Joystick navigiert. Das Gehäuse zählt zu den robustesten im gesamten X-Line- up. Fujifilm kombiniert Magne- sium- und Titanium-Elemente und spendiert der Kamera zu- dem Dichtungen gegen Staub und Feuchtigkeit. Selbst bei fros- tigen Temperaturen bis zu mi- nus zehn Grad Celsius bleibt die Kamera betriebsbereit. Zum Funktionsumfang gehören zahl- reiche Filmsimulationsmodi für den Look analoger Filmer, ein Low-Light-Autofokus, der bis zu einem Helligkeitswert von -6 Lichtwertstufen arbeitet, eine neue HDR-Funktion und ein ebenfalls neuer Mehrfach- belichtungsmodus.  Das kleine Display auf der Rückseite zeigt Kameraein- stellungen und eine grafische Dar- stellung des ge- wählten Filmtyps. Die Einstellrä- der für die Belich- tungszeit und die ISO-Empfindlich- keit liegen zwar übereinander, kön- nen aber separat bedient werden. Bildqualität Die Bildqualität gehört zur Königs- disziplin der X-Pro-Reihe. Das gilt auch für die X-Pro3. Im Chip- Test erreichte der mit 26 Mega- pixel auflösende X-Trans-CMOS- 4-Sensor im APS-C-Format eine sehr gute Bildqualitätsnote 1,2 und überzeugt dort vor allem mit einem enorm niedrigen Bild- rauschen bis einschließlich ISO 6.400. Auch das Labor von dpreview.com bescheinigt der Kamera exzellente Ergebnisse, die mit denen aus dem Schwes- termodell X-T3 vergleichbar sind. Dabei werden insbesondere der hohe Dynamikumfang, die Farb- wiedergabe-Optionen und das geringe Bildrauschen gelobt. Was den neuen HDR-Modus betrifft, so werden die drei unter- schiedlich lang belichteten Auf- nahmen zwar gut in der Kamera zusammengesetzt, dpreview-Tes- ter Richard Butler bemerkte aller- dings einen kleinen Beschnitt des Bildes an den Rändern. Das hängt damit zusammen, dass die Kamera den Rand als Spielraum verwendet, um bei Freihandauf- nahmen einen möglichen Ver- satz durch leichte Bewegungen zwischen den einzelnen Bildern ausgleichen zu können. An- schließend werden die Fotos, laut Butler, wieder auf 26 Megapixel hochskaliert. Dabei fällt die De- tailtreue etwas niedriger aus, als wenn die drei Belichtungen aus einer einzigen fertigen RAW-Auf- nahme gespeichert und überein- andergelegt werden.  Wer das große Dis- play verwenden möchte, muss es zuerst nach unten ausklappen. Das sagen die Kollegen ...  85 %, Silver Award „Ich habe das Fotografieren mit der X-Pro3 sehr genossen. Es ist die Art von Kamera, die den Anwender dazu bringt, selber etwas herunterzufahren und über die aufgenom- menen Bilder nachzudenken. [...] In einer Zeit, in der das Smartphone so ziemlich alles kann, ist es erfrischend, mit einer Kamera zu arbeiten, die sich voll und ganz an puristi- sche Fotografen richtet.“  (Dan Bracaglia)       „Die Fujifilm X-Pro3 bietet eine exzellente Bildqualität, eine gute Auswahl an Objektiven und eine einzigartige Aufnah- me-Erfahrung. Die Kamera mag nicht jeden Fotografen an- sprechen. Wer jedoch nach einer traditionellen Mess- sucherkamera Ausschau hält, wird an der X-Pro3 seine Freude haben.“  (Joshua Waller)       „Von außen wirkt die spiegellose Fujifilm X-Pro3 wie eine nur leicht modernisierte Version der drei Jahre alten X-Pro2, die nun einige Kernfunktionen der X-T3 geerbt hat und diese mit dem traditionellen Design einer Messsucherkamera ver- bindet. Schaut man dagegen etwas genauer hin, dann wird deutlich, dass Fujifilm durch das ungewohnte Display ganz gezielt darauf hingearbeitet hat, die X-Pro3 noch nischiger und noch traditioneller zu gestalten, als es ihre Vorgängerin war.“  (Mark Goldstein) Das PhotoWeekly-Urteil  Das hat uns gefallen: Die X-Pro3 ist in ihrem robusten Retro-Gehäuse ein echtes Schmuck- stück. Die Bedienung erinnert an analoge Kame- ras, bei denen das Motiv noch über den Messsu- cher und nicht über ein Kameradisplay gewählt wurde. Bei der Bildqualität sind sich die Testlabo- re einig. Vor allem das geringe Bildrauschen und der hohe Dynamikumfang sind erstklassig.  Hier besteht Nachbesserungsbedarf: Es ist etwas schade, dass Fujifilm auf einen eingebau- ten Bildstabilisator verzichtet. Darüber hinaus kommt das Gehäuse etwas wuchtig daher. Das verdeckte Hauptdisplay ist in unseren Augen kein wirklicher Nachteil, wird aber nicht jeder- manns Sache sein. Fujifilm X-Pro3 N 113 O 05/2020 sehr gut