PhotoWeekly 06.03.2019 | Page 9

News T E C H N I K | T R E N D S | K U LT U R  09 FOTOMESSE CP+ IN JAPAN Im Osten ein bisschen was Neues Die CP+ ist die wichtigste Fotomesse Japans. Nun könnte man meinen, da müsste ein wahres Neuheitenfeuerwerk gezündet werden. Ist aber nicht so. Gelohnt hat sich unser Besuch dennoch. Text & Fotos: Florian Schuster Zum zehnten Mal veranstal- tet die CIPA, der Verband der japanischen Kameraindustrie, seine eigene kleine Messe in Yo- kohama in der Nähe von Tokio. Und klein meinen wir genau so: kein Vergleich zu einer photo- kina. Die CP+ ist im Prinzip eine Messehalle und das war’s. Klar, alle Großen sind dabei und in 10 Minuten hat man die Stände von Sony, Nikon, Canon und Fujifilm (in der Reihenfolge) abgeschrit- ten. Und es ist voll, das Interes- se am Thema Foto also ungebro- chen groß – von der Dichte auf den Gängen vergleichbar mit ei- ner photokina, was aber fehlt ist das Lebensgefühl Foto. Es ist kein Raum der Begegnung, sondern einer, wo man hinkommt um ein Stück Technik anzufassen und vielleicht noch einem kurzen Fo- tografen-Vortrag zu lauschen. 70.000 Besucher kommen an vier Tagen und frönen einem klassi- schen Messebesuch. Das wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen und ist weit entfernt von einem Messekonzept der Zukunft. Aber dennoch kann man klare Trends erkennen, wenn man mit offenen Augen durch die Halle läuft: Die CP+ ist die wichtigste Foto- messe Japans, dem Kernland der Foto- Imaging-Branche. www.cpplus.jp Trend 1: Starker Start für L-Mount Eines der großen Highlights der photokina war die Ankündigung der L-Mount Alliance und der ersten Produkte unter dem neuen gemeinsamen Schirm von Panasonic, Sigma und Leica. Ein halbes Jahr später gibt es nicht nur die ersten Kameras – son- dern es dauert nicht mehr lange, und die Kunden haben die Auswahl aus sage und schreibe 36 Objek- tiven. Darunter 11 neue, die Sigma jetzt frisch zur CP+ fürs L-Mount angekündigt hat. Dazu kommt noch ein Adapter, mit dem 29 Sigma-DSLR-Objek- tive (SA- und EF-Mount) an den L-Mount passen. So eine Auswahl für ein so junges System kann sich sehen lassen! Trend 2: Mit Software gewinnen Vieles, was eine Kamera besonders macht oder wirklich nützliche Features haben wenig mit der Hardware zu tun. Erst mit der richtigen Software wird eine moderne Kamera zu dem, was sie ist. Im- mer mehr Firmen gehen dazu über, über Firmware- Updates neue Funktionen auszurollen. Meist sind es minimale Verbesserungen, zum Beispiel auch um die Kompatibilität mit Objektiven sicherzustel- len. Es kann aber auch etwas ganz Großes sein, wie das von Nikon angekündigte Z-Firmware-Update, das im Mai kommen soll – hierfür hat man auf die Kunden gehört und die haben einen Eye-Tra- cking-Autofokus gewollt. Erstmals auszuprobieren übrigens auf der CP+. Trend 3: Offenblende ohne Ende Ob das neue Tamron 35 mm f/1,4, das Sony 135 mm f/1,8, Samyang 85 mm f/1,8 oder das Nikon Noct f/0,95 – das aktuelle Motto lautet wohl: je mehr Lichtstärke, desto besser. Faszinierende neue foto- grafische Möglichkeiten und ein Bokeh zum Nieder- knien versprechen die Hersteller. Und haben damit durchaus recht. Die ersten Testbilder vom neuen Tamron machen einen großartigen Eindruck, die neue Porträt-Linse von Sony ebenso. Und wer die Anwendungsbeispiele vom Nikon Noct sieht, von Party bis Sternenhimmel, der möchte es am liebs- ten gleich selbst ausprobieren. Die Kunden indes definieren sich offenbar gerne über diese neu in den Fokus gerückte Zahl. Man könnte auch sagen: Nachdem Vollformat immer bezahlbarer wird, muss man ja ein neues Unterscheidungsmerkmal finden … Zum Schluss noch drei Kuriositäten der CP+: 1. Der „Ribbon Cut“: Wie traditionell (um es mal po- sitiv zu formulieren) die Japaner das Thema Messe angehen, zeigt sich schon, bevor es losgeht. Zur Er- öffnung der Messe wird feierlich ein Band zerschnit- ten – von den Veranstaltern, der Bürgermeisterin von Yokohama und einigen wichtigen Partnern, darunter Christian Müller-Rieker vom deutschen Photoindustrieverband PIV. Da stehen sie also mit Schleifen geschmückt und goldenen Scheren … 2. Vollmundige Werbeaussage: Vieles in Japan ist „Lost in Translation“, klar. Wenn aber eine kleine is- raelische Firma behauptet, sie führe die mobile Revolution in der Fotografie an, dann stutzt man doch sehr. Wie auch immer: Pictar ist ein Kamera- handgriff, mit dem sich das Smartphone wie eine Kompaktkamera bedienen lässt. Fühlt sich gut an, funktioniert auch ganz witzig und probieren wir demnächst mal aus. Eine Revolution ausgelöst oder angeführt hat das Ding aber sicher nicht. 3. Japanische Messehostessen-Kultur: Ähnlich aus der Zeit gefallen wie der stocksteife „Ribbon-Cut“ ist der Einsatz leicht bekleideter Messehostessen, mit kurzen Röcken, Lackstiefeln und bauchfrei – für jeden Geschmack ist etwas dabei.