PhotoWeekly 06.02.2019 | Page 30

Interview S T E FA N S C H Ä F E R  30 „Fotografie kann auch Quälerei sein!“ Stefan Schäfer ist Landschafts- und Städte- Fotograf. Mit PhotoWeekly sprach er über neue Herausforderungen, aufwendige Bearbeitung und Nachteile der Landschaftsfotografie. Interview: Ruben Schäfer Stefan, das Jahr 2018 ist ja nun vorbei – nimm uns mal mit: Was war letztes Jahr ein großes Foto-Highlight? Ich bin 2018 für einen großartigen Job in Kasachstan gebucht wor- den – sehr überraschend und ei- gentlich auch eher durch Zufall. Wir sollten von der Hauptstadt Astana Bilder machen, für eine große Fotoausstellung. Nur sechs oder sieben Fotografen aus der ganzen Welt hatten die Ehre, zum Team zu gehören. Jeder sollte das Thema mit seinem Stil inter- pretieren. Ich kannte Kasachstan gar nicht, daher war das für mich wirklich Neuland, eine richtig tol- le Herausforderung. Zur Person: Stefan Schäfer (28) kommt aus der Region Berlin und begann 2012, sich für die Foto- grafie zu begeis- tern. Heute steht er für zahlreiche Foto-Unternehmen wie Skylum, Nisi oder Wacom auf der Bühne und gibt sein Know-how an Foto-Enthusiasten weiter. www.schaefer photography.de Für alle, die dich noch nicht näher kennen: Wie war dein Weg zum Profi? Was fotografierst du? Ich war bis 2012 Grafikdesigner, habe zu dem Zeit- punkt dann aber das erste Mal eine Kamera in die Hand genommen und gemerkt, dass mir das eigent- lich noch viel mehr Spaß macht. In die Fotografie habe ich mich dann richtig reingearbeitet, insbe- sondere mit YouTube-Videos gelernt und alles am nächsten Tag ausprobiert. Meine Leidenschaft ist dann die Städte- und Landschaftsfotografie gewor- den. Ich habe aber auch viel im Bereich Hochzeits- fotografie und Unternehmensfotografie gearbeitet. „Hallstatt ist im- mer eine Reise wert. Als ich dort ankam, konnte man vor Nebel die Ber- ge im Hintergrund nicht sehen. Mit viel Geduld wurde es am Ende aber doch noch was.“  21 mm (KB) | f/8 | 4 s | ISO 64 Stefan Schäfer arbeitet mit raf- finierter Bearbei- tungstechnik.  18 mm (KB) | f/11 | 6 s | ISO 64 Machst du das immer noch? Im Sommer hin und wieder, ja. Ich arbeite tatsächlich gerade an einem großen Projekt. Mein Fokus liegt aber aktuell definitiv auf dem Bereich Landscape und Citys. Da sind es aber weniger die Auftragsar- beiten, sondern eher Workshops und Trainings, die ich erfolgreich anbiete. In diesem Bereich ist mein Eindruck: Die meisten Menschen wollen gar keine Bilder mehr kaufen, sondern jeder will sie selbst machen können. Deine Bilder lassen ja einen gewissen Aufwand erahnen. Wie sieht dein Workflow aus? Ich starte meistens mit Google Earth, nur um zu schauen, welche Motive sich anbieten. Wenn ich irgendwo ganz neu bin, schaue ich auch mal, was Kollegen schon mitgebracht haben. Ich will aber schon andere Bilder mitbringen. Die Recherche geht dann weiter mit Apps für Sonnenstände „Heute will und dergleichen. Wenn jeder alles selber ich dann vor Ort bin, ist mein Ansatz, lange an fotografieren einem Ort zu bleiben können!“ und hinterher auszu- werten, wann das Licht perfekt gepasst hat. In der Nachbearbeitung treibe ich das auf die Spitze, da arbeite ich manchmal auch mit Timeblendings. Was bedeutet das? Timeblendings sind Fotos von einem Motiv zu ver- schiedenen Uhrzeiten, die kombiniert werden. Beim Sonnenuntergang sind etwa die Lichter der Stadt noch nicht an. Wenn ich aber einen Sonnenunter- gang mit den Lichtern haben möchte, muss ich die Bilder kombinieren. Das ist natürlich nicht 100 Pro- zent real, ich möchte aber eher die Stimmung und Gefühle des Moments zeigen. „Dubai von oben ist mit das Beste, was ich bisher an moderner Archi- tektur gesehen habe.“  19 mm (KB) | f/8 | 1/6 s | ISO 64 Eine Spiegelung kann die Komposi- tion eines Bildes sehr schön auflo- ckern.  35 mm (KB) | f/8 | 1/4 s | ISO 64 Welches Equipment verwendest du? Im Bereich Kameras war und bin ich immer mit Nikon unterwegs. Aktuell setze ich auf die Nikon D850, weil sie mit ihrem Dynamikumfang und der hohen Mega- pixel-Zahl den Job perfekt erfüllt. Bei den Objektiven bin ich natürlich eher im Weitwinkelbereich unter- wegs, Nummer-eins-Linse ist das 14-24 mm f/2.8 von Nikon. Vor zwei Jahren habe ich auch noch ein Tilt-Shift-Objektiv gekauft, das lohnt sich für City- scapes. Und ich arbeite viel mit Filtern, da vertraue ich voll und ganz auf Nisi, die haben für den Weit- winkel-Bereich ideale Lösungen gefunden. Du bietest auch Workshops und Fotoreisen an: Was lernen aufstrebende Fotografen bei dir? Meine Workshops sind eher fortgeschritten – ISO, Blende und Verschlusszeit sollte man beherrschen. Dafür gibt es ja meinen YouTube-Kanal, auf dem ich die Basics erkläre. Ich veranstalte gerne Foto-Reisen, aktuell zum Beispiel nach Südfrankreich zu den Lavendel-Feldern, nach Dubai oder ins alte Rom. Auf diesen Reisen fotografieren wir sehr viel und pro- bieren gemeinsam, wie ein Fotograf zum perfekten Landschaftsbild kommt. Abwechslung, Neues lernen und faszinierende Bilder stehen also im Fokus. Kannst du einen Tipp geben, den Landschafts- fotografen beherzigen sollten? Auf jeden Fall: Immer zur richtigen Zeit fotografie- ren. Das Licht ist in der Fotografie der Schlüssel zu allem, gerade in der Landschaft, wenn die Leute an dem Bild hängen bleiben sollen. Dafür braucht es Planung und es kann auch Quälerei sein, früh auf- zustehen, um einen Sonnenaufgang zu fotografie- ren. Aber das Ergebnis ist es wert, vertraut mir. Worauf fokussierst du dich 2019? Ich werde weiterhin viel auf YouTube veröffentli- chen und gleichzeitig mehr Fotoreisen zu tollen Orten anbieten. Ich werde auch noch den einen oder anderen Video-Kurs herausbringen. Unter anderem plane ich einen „Einsteiger-Kurs“ für Foto-Neulinge. Ich möchte anderen Leuten etwas beibringen, das macht mir am meisten Spaß. Stefan Schäfer zeigt seinen Bearbeitungsworkflow auch bei You- Tube. Nachmachen ausdrücklich erlaubt! Stefan Schäfer