PhotoWeekly 06.02.2019 | Page 28

Praxis PHOTO KLASSIK 28 www.photoklassik.de Praxis-Tipps für bessere Analogaufnahmen PhotoKlassik berichtet viermal im Jahr über die Welt der analogen Fotografie. In den nächsten Ausgaben von PhotoWeekly findest du an dieser Stelle jeweils einen PhotoKlassik-Tipp. Text & Fotos: Thomas Raatz (analoge-fotografie.net) Folge 9 von 10: Langzeitbelichtungen oder – wer ist Herr Schwarzschild? Bei diesem Tipp für die analoge Fotografie geht es um Langzeitbelichtungen. Hier tritt nämlich ein bemerkenswerter Unterschied zwischen der di- gitalen und analogen Fotografie auf Film auf. Ins- besondere das Verhalten der Belichtung bei Belich- tungszeiten, die länger als ca. eine Sekunde sind, sollte genauer betrachtet werden: Ein gewisser Herr Schwarzschild hatte näm- lich irgendwann entdeckt, dass sich die Schwär- zung (Belichtung) auf einem Film bei langen Belich- tungszeiten (ab ca. einer Sekunde) zögerlich verhält. Das bedeutet: Du musst bei Langzeitbelichtungen manchmal noch länger belichten als eigentlich ge- messen/ausgerechnet. Für alle Belichtungszeiten schneller als 1 Sekunde trifft dies nicht zu. Schwarzschild- Faustregeln 1 Sek. > 2 Sek. 2 Sek. > 5 Sek. 4 Sek. > 11 Sek. 8 Sek. > 35 Sek. 15 Sek. > 75 Sek. 30 Sek. > 3 Min. 1 Min. > 6 Min. Müsstest du also mit einem fotografischen Film 4 Sekunden belichten, dann solltest du dafür besser gleich ganze 11 Sekunden veranschlagen! Hier greift der Schwarzschild-Effekt! In der digitalen Fotografie spielt dieser Effekt überhaupt keine Rolle, wohl aber beim Belichten von Schwarzweiß- oder Farbfilm. Und jetzt wird es noch etwas komplizierter: Die Werte oben sind le- diglich Richtwerte. Inwiefern dein benutzter Film vom Schwarzschild-Effekt betroffen ist, musst du aus dem Datenblatt entnehmen. Der Effekt wird üb- rigens auch »Reziprozitätsgesetz« genannt. Bei dieser Langzeitbelichtung nachts konnte nicht einfach der Messwert des Handbelichtungsmessers übernommen werden! Da jener weit über einer Se- kunde lag (nämlich ca. 15 s), musste die Belichtung aufgrund des Schwarzschild-Effektes deutlich ver- längert werden (auf ca. 75 Sekunden). Versäumt man dies, erhält man unterbelichtete Bilder. Bei die- ser Nachtaufnahme erhielt ich jedoch durch Berücksichtigung des Schwarzschildeffektes eine Schattenzeichnung bis hinein ins dunkle Pflaster im Vordergrund. Unser Autor: Thomas Raatz fotografiert seit dem Ende der 1990er-Jahre und seitdem durchgehend analog: „Ich lege keinen Wert auf Nost- algie und Dogma, sondern bin an einer gewissen mechanischen Qualität interessiert und am fotografischen Original (am phy- sischen Datenträger [dem Negativ] und am Handabzug), zudem auch am qualitativ hochwertigen Digitalisieren (Scannen) eines solchen. Ich habe in den letzten Jahren vieles ausprobiert und sogar ein Studium im Bereich Fotografie absolviert.“ www.analoge-fotografie.net