Frühenglisch statt Landessprache? 13
Der Kampf der Sprachen
Die Entscheidung des Thurgauer Grossrates, gefolgt vom Nidwaldner Regierungsrat, den Französischunterricht auf die Sekundarstufe zu verlegen, hat in der Romandie eingeschlagen wie eine Bombe. Dieser Aufschrei
wurde östlich des Röstigrabens aber wenig verstanden, denn die Westschweizer Kritik hat vielfältige Hintergründe, auch widersprüchliche.
E
s sind die Multikulturalisten, welche dem Credo anhängen, ein Maximum an Fächern und Sprachen
schon in jungen Jahren zu unterrichten.
Gleichzeitig bleiben sie stumm, wenn es
um das Problem geht, dass die Kinder auf
diese Weise, durch die Oberflächlichkeit
der obligatorischen Schule, nicht einmal
mehr ihre Erst- oder Muttersprache beherrschen.Thurgau und Nidwalden stel-
Spracherwerbs, ein totaler Gegensatz zur
schulischen Realität.
Französisch zu Gunsten des Englisch?
Es gibt aber auch jene, welche im
Frühsprachen-Entscheid der beiden
Kantone den Sieg der englischen Sprache über die sehr viel schwieriger erlernbare französische Sprache sehen.
Sie argumentieren, dass zuerst eine im
Kulturen unseres Landes. Deshalb
sollte der Französischunterricht dem
Englischen vorgehen.
Es ist unwahrscheinlich, dass der Französischunterricht durch einen intensiveren Unterricht auf der Sekundarstufe
gefestigt wird, selbst wenn er noch mit
einem Sprachaufenthalt ergänzt wird.
Kantonale Hoheit beibehalten
Grundsätzlich ist es aber
sicherlich eine richtige und beherzte Idee,
Sprachaufenthalte zu fördern. Die Entscheide im
Thurgau und in Nidwalden sind aber in den Augen vieler Westschweizer
trotzdem bedauerlich und
kritisierbar. Diese Kritik
versucht nun leider die
Regeln des Föderalismus umzukrempeln. Die
Kantone müssen aber
ihre (bereits beschränkte) Handlungsfreiheit im
Bildungswesen behalten.
In den Kanton Basel-Stadt, Graubünden, Luzern, Nidwalden, Schaffhausen, Solothurn und St. Gallen sind Vorstösse hängig, die den Beginn des Französischunterrichts nach
Sie müssen die Hoheit behinten verschieben wollen.
halten, wie sie ihre Ziele
QUELLE: BERICHT DER SCHWEIZERISCHEN ERZIEHUNGSDIREKTORENKONFERENZ (EDK) VON 2013
erreichen wollen und mit
Alltag nützliche Sprache erlernt wer- welcher Priorität. Jene, welche heute mit
len sich auf den wissenschaftlich gestützten Standpunkt, dass die Primarschule den soll, anstelle einer schwierigen einer Bundesintervention drohen, wären
nicht in der Lage ist, einen qualitativen Sprache, welche in Ton und Struktur besser beraten, eine kritische Betrachtung
Unterricht in zwei Fremdsprachen durch- weiter entfernt vom Schweizerdeut- der Methoden des Sprachunterrichts vorzuführen. Es muss daran erinnert werden, schen ist, aber dafür eine Sprache zunehmen.
dass die deutsche Sprache für Deutsch- mit hohem kulturellem Wert darstellt.
schweizer Schüler bereits eine Fremd- Englisch für den Alltag kann man
sprache ist, genau wie das Französische wahrscheinlich in einem zweimonatiin der Romandie für eine grosse Zahl von gen Praktikum erlernen. Französisch
von Grossrätin
fremdsprachigen Kindern. Ausserdem und Deutsch verlangen dagegen einen viel strengeren Unterricht, denn
Fabienne Despot,
sind die Methoden des FranzösischunterPräsidentin SVP Waadt,
richts unstrukturiert und basieren auf dem die Struktur ist viel komplexer. Diese
beiden Sprachen sind aber Träger der
Vevey (VD)
pädagogischen Prinzip des beiläufigen