Klartext September 2013 | Page 10

10 Landesrecht vor fremdem Recht FDP Bundesrat Burkhalter will fremde Richter Bei Streitfällen mit der EU soll der Europäische Gerichtshof den Schiedsrichter spielen. Die Mehrheit im Bundesrat gibt die Selbstbestimmung der Schweiz preis. Die direkte Demokratie wird gezielt ausgehebelt. Peter Keller, Nationalrat aus Nidwalden, ist ein Experte in der Aussenpolitik und des Völkerrechts. Regelmässig äussert er sich zu diesem Thema, wie auch hier an einer öffentlichen Konferenz in Stans (NW). E r ist so etwas wie der Geschäftsführer der Schweizer Aussenpolitik: Staatssekretär Yves Rossier. Die Nummer eins im Departement von Bundesrat Didier Burkhalter (FDP). In dieser Funktion sollte Rossier die Interessen der Schweiz im Ausland vertreten – und das heisst in diesem Fall vor allem die Interessen der Schweiz gegenüber der Europäischen Union. Nun gab dieser Staatssekretär am 19. Mai 2013 der NZZ am Sonntag ein Interview und sagte, er finde es „logisch“, dass „nur das oberste EU-Gericht über die Auslegung von EU-Recht urteilen kann“. Wenn also die Schweiz und die EU sich in gemeinsamen Rechtsfragen nicht Katz- und Maus-Spiel des Bundesrates Man kann davon ausgehen, dass ein Staatssekretär nur ausführt, was sein Vorgesetzter ihm aufgetragen hat. Ich wollte deshalb in der letzten Sommersession von Bundesrat Didier Burkhalter wissen, ob Rossier ein Verhandlungsmandat des Bundesrates erhalten habe und ob auch Burkhalter es „logisch“ finde, dass ein EU-Gerichtshof über der Schweizer Rechtsauslegung stehe. Interessant und typisch war die Antwort des Aussenministers: Er wollte nichts von „Verhandlungen“ wissen. Es sei bloss ein „technischer Dialog“ mit der EU im Gange und es bestehe kein Verhandlungsmandat. Auch auf die Nachfrage, was er denn von den Äusserungen seines Staatssekretärs halte, weicht Burkhalter aus. Das war am 10. Juni 2013. einig sind, dann ist es für Burkhal- Das Katz- und Maus-Spiel geht in ters Chefbeamten „logisch“, dass die nächste Runde: Am 16. August ein Gremium mit EU-Richtern über erklärt Burkhalter gegenüber den Richtig und Falsch entscheidet. Medien: „Wir wollen nicht fremde Und die Schweiz darf den Entscheid „So weit sind wir: der Chefunterhändler (!) dann noch abnider Schweiz findet nichts dabei, dass fremcken. des Recht über Schweizer Recht stehen soll. Für ihn ist es ,logisch‘...“ So weit sind wir: der Chefunterhänd- Nationalrat Peter Keller, Hergiswil (NW) ler (!) der Schweiz findet nichts dabei, dass fremdes Richter als letzte Instanz.“ Auch hier Recht über Schweizer Recht stehen erweist sich der Aussenminister vor soll. Für ihn ist es „logisch“, dass allem als Wortakrobat, denn nur ein fremde Richterentscheidungen über paar Tage später, am 21. August, wird der Schweizer Rechtsprechung ste- klar, was Burkhalter damit meint: hen sollen. Mit diesem Ergebnis Wenn es zum Streit im Rahmen der kam jedenfalls Staatssekretär Rossi- bilateralen Verträge kommt, soll die er nach Gesprächen mit seinem EU- Schweiz den Europäischen GerichtsKollegen nach Hause. hof um „Auslegung anfragen.“