2 Editorial
Souveränität in Gefahr
E
ine Mehrheit von Bundesrat und Parlament sähen die
Schweiz lieber heute als morgen in der EU. Diese Kreise arbeiten
zwar weniger offensichtlich als auch
schon, aber nicht minder konsequent
daran, die Schweiz in die EU zu führen. Vor diesem Hintergrund ist auch
der Versuch von Bundespräsidentin
Calmy-Rey und Wirtschaftsminister Schneider-Ammann zu sehen, ein
Paket Bilaterale III ohne klaren Beschluss des Bundesrates zu lancieren.
In diesem Paket soll es auch um die
zwangsweise Übernahme von EURecht und die Schaffung von entsprechenden Gerichts-, Auslegungs- und
Überwachungsbehörden gehen. Die
Schweiz würde damit noch weiter gehen als seinerzeit mit dem EWR. Der
Souveränitätsverlust eines solchen
Schrittes wäre gravierend.
Im gleichen Sinn und Geist hat das
Parlament neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen
Währungsfonds in Milliardenhöhe
zugestimmt. Diese Mittel sollen insbesondere zur Rettung bankrotter Euro-Staaten dienen. Die Schweiz müsse sich solidarisch verhalten, hiess es.
Deshalb wurde zur Absicherung der
linken Stimmen im Parlament gleich
auch noch eine Aufstockung der Entwicklungshilfe im Umfang von mehreren hundert Millionen Franken beschlossen. Die Schweiz könne nicht
abseits stehen und habe letztlich keine
Wahl, begründete der Bundesrat diesen Schritt. Das Parlament versagte
dem Volk dann auch noch das Mit-
spracherecht und verzichtete auf eine
Referendumsmöglichkeit. Handelt so
ein souveräner, selbstbewusster Staat?
Es gibt aber auch andere beunruhigende Vorgänge. Das Parlament nimmt
einen neuen Anlauf zur Einführung
der Verfassungsgerichtsbarkeit. Dabei
geht es nur vordergründig um die „objektive“ Prüfung von Bundesgesetzen auf ihre Verfassungskonformität.
Es geht um die grundlegende Frage,
ob das Volk und die Volksvertreter in
den Parlamenten oder Gerichte das
letzte Wort im Gesetzgebungsprozess
haben sollen. Letztlich wollen diese Kreise aber insbesondere, dass die
Volksrechte ebenfalls einer Prüfung
zu unterwerfen sind. Sie wollen die
Ungültigkeitsgründe für Volksinitiativen erweitern und die Prüfung dieser
Gründe schon vor der Lancierung einer Initiative vornehmen, z.B. durch
ein Verfassungsgericht. Der Einfluss
des „unbequemen“ Souveräns, der
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger,
soll damit eingeschränkt werden. Vor
dieser Entwicklung kann nicht früh
genug gewarnt werden.
Eine weitere Preisgabe der Souveränität haben wir in den vergangenen
Wochen im Zusammenhang mit der
UNO-Resolution gegen Libyen erlebt.
Die Schweiz hat in diesem Zusammenhang britischen Truppen erlaubt,
in einem Konvoi die Schweiz zu
durchqueren. Weil die Schweiz Mitglied der UNO sei, bestehe quasi eine
Verpflichtung dazu. Neutralitätsrechtlich sei dies deshalb unbedenklich.
Fakt ist, dass die Schweiz damit Teil
der Kampfhandlungen gegen Libyen
wurde. Dabei geht es nicht darum,
ob wir Ghadhafi für einen Schurken
halten oder nicht. Es geht um Grundsätzliches. Es geht um nicht mehr und
nicht weniger als den Sinn und Geist
der Neutralität, deren Ziel es immer
war, den Kleinstaat Schweiz aus der
Machtpolitik und aus bewaffneten
Konflikten herauszuhalten. Das hat
uns während Jahrhunderten Sicherheit, Ansehen und Respekt verschafft.
Doch wer verteidigt heute noch diesen
Kern des souveränen und neutralen
Staates?
Auch in diesem Fall hat nur die SVP
gegen den Entscheid des Bundesrates
protestiert. Die SVP ist heute die einzige Partei, welche ohne Vorbehalte
für eine souveräne, unabhängige und
neutrale Schweiz einsteht. Wir tun
dies aus Überzeugung und mit allen
uns zur Verfügung stehenden Kräften.
Toni Brunner
Präsident SVP Schweiz