8 JA zum Gripen
Blicke in die Zukunft
von Jürg Stüssi-Lauterburg, Historiker, Windisch (AG)
Wo der Wunsch zum Vater des Gedankens wird, zieht Gefahr auf. Das
goldene Zeitalter - eine Sehnsucht des
Römers Vergil, das Wolkenkuckucksheim - eine Ausgeburt des Griechenkopfes Aristophanes, das Schlaraffenland - ein Märchenmotiv. Obwohl
wir um unsere Neigung zur Flucht ins
Irreale wissen, erliegen wir stets von
neuem der Versuchung. Das ist nicht
ehrenrührig. Wer, wie Henry Dunant,
von einer besseren Welt träumt, bringt
manchmal die Menschheit tatsächlich
voran. Allein, wer nicht glaubt, dass
das Böse real existiert, dürfte schon
lange keine Zeitung mehr gelesen haben. Wir alle aber tragen heute Verantwortung für die Freiheit der nächsten Generation.
Thomas Jefferson hatte die amerikanische Unabhängigkeitserklärung redigiert. Jefferson war Chef der US-Diplomatie in Frankreich. Dieser doppelte
Kenner von Revolution und Frankreich
beschrieb am 13. August 1786 für
George White in Amerika die Länder
Europas “in denen Unwissenheit, Aberglauben, Armut und Unterdrückung
von Leib und Seele so stark auf der
Masse des Volkes lasten, dass dessen
Erlösung davon niemals erhofft werden
kann. Hätte der Allmächtige tausend
Söhne und nicht nur einen gezeugt, so
hätte das für diese Aufgabe nicht ausgereicht.“ Man werde die Europäer
auch in 1000 Jahren nicht auf die Stufe
der – revolutionären - Amerikaner heben können. Drei Jahre später war die
Bastille gestürmt, sechs Jahre später die
Tuilerien und sieben Jahre später war
König Ludwig XVI guillotiniert.
«Allein, wer nicht glaubt, dass das
Böse real existiert, dürfte schon
lange keine Zeitung mehr gelesen
haben. Wir alle aber tragen heute
Verantwortung für die Freiheit der
nächsten Generation.»
Jürg Stüssi-Lauterburg,
Historiker, Windisch (AG)
Jefferson war ein kluger Kopf. Die
Zukunft konnte auch er nicht vorhersehen, nicht auf drei Jahre, schon gar
nicht auf sieben. Wir wissen es ja:
Wer 9/10 erlebt hat, den
10. September 2001, weiss
genau, dass er damals nicht
an die sicherheitspolitische
Lage gedacht hat, welche
einen Tag später, nach den
Terrorangriffen der Leute Osama Bin Ladens auf
World Trade Center und
Pentagon herrschte. Sind
wir denn dumm? Nein, aber
es sind zu viele Faktoren
mit laufend sich änderndem Gewicht am Werk, um
Terroranschläge, um Kriege, wie in Georgien 2008,
oder Revolutionen, wie
in Ägypten 2011 oder in
der Ukraine 2014, und die
Folgen exakt zu prognostizieren. Eine vernünftige
Vorsicht ist deshalb angezeigt, wo man Versäumtes
nicht nachholen kann, sei
es beim zweckmässigen
Haushaltvorrat, sei es bei
einer minimalen Bereitschaft unserer Schweiz in
der Luft.