Klartext Juni 2016 | Page 11

Selbstbestimmung

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Auch Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht

Menschenrechte sind die grösste Errungenschaft der Menschheit . Bereits in der Antike wussten die Menschen um die Bedeutung der Schriftlichkeit von Gesetzen , womit Rechtssicherheit geschaffen und der Willkür der Herrschenden Grenzen gesetzt wurden . Später waren es so bedeutende Rechtsakte , wie „ Habeas corpus “ oder die „ Magna Charta “, die die Macht der Mächtigen beschränkten .

Den schönsten Ausdruck fanden die aufklärerischen Ideen vom freien Menschen in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 , die das unveräusserliche Recht auf Leben , auf Freiheit und das persönliche Streben nach Glück verbrieft . Die einen Monat vor der darauf aufbauenden „ Bill of Rights “ 1798 in Frankreich verabschiedete „ Déclaration des Droits de l ’ Homme et du Citoyen “, war der erste in sich geschlossene Katalog der Menschenrechte .

Guillotine statt Menschenrechte in Frankreich Doch schöne und gut gemeinte Erklärungen sind das Eine , ihre Garantie und Durchsetzung das Andere . Das illustriert besonders eindrücklich das Beispiel Frankreichs . Die Tinte unter der 1948 verabschiedeten und 2003 sogar zum Weltdokumentenerbe erhobenen UN-Menschenrechtserklärung war kaum trocken , als sie bereits weitgehend toter Buchstabe war . Die neuen Machthaber wüteten nach Belieben . Sie schürten bewusst die Angst der Bevölkerung und setzten dazu auf Terror . Von einem fairen Prozess konnte , wer konterrevolutionären Verhaltens bezichtigt wurde , nur träumen . Die Menschenrechte wurden von ihren „ Erfindern “ gefressen .
Freiheitsrechte sind dem Staat lästig Grund- und Freiheitsrechte werden von den Regierenden naturgemäss oftmals als lästig empfunden . Auch in der Schweiz . Zwar droht Dissidenten hierzulande nicht die Guillotine , aber die Rhetorik gewisser internationalistischer Eiferer erinnert stark an jene der Sansculotten . Wenn etwa mit der Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien klares Verfassungsrecht gebrochen wird , so gehören jene zu dessen glühendsten Fürsprechern , die eben noch der Verfassungsgerichtsbarkeit das Wort redeten . Oder als Eveline Widmer-Schlumpf strafrechtliche Bestimmungen des Steuerrechts rückwirkend einführen und verschärfen wollte . Wurde sie in Handschellen abgeführt und wegen Verletzung jahrhundertealter Rechtsprinzipien verurteilt ? Nein , sie wurde von den Zeloten einer pervertierten Rechtsstaatlichkeit gefeiert !
Mündiger Souverän Wenn sich nun ausgerechnet jene , vor denen uns die Menschenrechte schützen sollen , als deren Schutzpatrone aufspielen , ist grösste Skepsis geboten . Was der Staat uns gibt , kann er uns auch wieder wegnehmen . Soweit dürfen wir es auf keinen Fall kommen lassen . In der Eidgenossenschaft bilden die mündigen und urteilsfähigen Bürgerinnen und Bürger den Souverän . Ohne sie hätten wir weder Freiheitsrechte noch Rechtsstaat . Beides ist darum bei ihnen wesentlich besser aufgehoben und geschützt , als bei irgendwelchen Funktionären , denen so Grenzen gesetzt sind . Gerade deshalb gilt es die Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger zu stärken , um sie vor der Willkür der Elite zu schützen . Genau das will die Selbstbestimmungs-Initiative , die Landesrecht vor nicht demokratisch legitimiertem nicht zwingendem Völkerrecht verankern will .
von Nationalrat Claudio Zanetti , Gossau ( ZH )