2 Editorial
Europapolitische
Weichenstellungen
E
s ist der helle Wahnsinn. Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) fordert erneut und unverblümt den
EU-Beitritt als einzige Alternative zum bilateralen Weg.
Der Bundesrat hat kurz nach der Sommersession beschlossen,
Verhandlungen mit der Europäischen Union (EU) über institutionelle Fragen aufzunehmen. Er beabsichtigt mit diesen Verhandlungen eine weitgehende Unterordnung der schweizerischen Rechtsordnung unter jene der EU und wählt dabei einen
ganz besonderen Ansatz.
Verpackt (versteckt) im sogenannten „Strom-Dossier“ möchte
der Bundesrat eine Lösung für alle künftigen institutionellen
Fragen mit der Europäischen Union vorgeben. Ein eigentliches Musterabkommen mit umfassender Tragweite und dem
Charakter eines Kolonialvertrages wird so hinter einem technischen, sektoriellen Abkommen versteckt und würde uns für
alle Zeit an die EU binden. Dies würde für die Schweiz einen
gravierenden Souveränitätsverlust bedeuten. Die Folgen wären
eine zwingende Übernahme von EU-Recht, eine Unterwerfung
unter die Rechtssprechung der EU, die Schaffung einer neuen
Überwachungsbehörde sowie zusätzliche Sanktionsmöglichkeiten.
Es ist unverständlich, dass der Bundesrat mit einer EU, welche
sich in einer tiefgreifenden Krise befindet, Verhandlungen über
eine weitere Anbindung der Schweiz führen will. Die Fraktion
der SVP im Bundeshaus hat daher in der Sommersession
eine Motion für ein dreijähriges Verhandlungsmoratorium
für institutionelle Fragen mit der EU eingereicht.
Wieso sind in den nächsten drei Jahren keine Verhandlungen
mit der EU über institutionelle Fragen zu führen? Die EU befindet sich in einer immer gravierenderen Verschuldungs- und
Bankenkrise, welche deren Handlungsfähigkeit einschränkt
und auf die Zukunft und Organisation der Gemeinschaft weitreichende und heute noch nicht absehbare Konsequenzen haben dürfte. So ist die künftige Ausgestaltung des Euro-Raumes
völlig offen. Ebenso haben die EU-Staaten Gespräche über
eine koordiniertere Fiskal- und Haushaltspolitik in Aussicht
gestellt. Der institutionelle Rahmen der EU könnte sich damit
in den nächsten Jahren grundlegend verändern.
Mit dieser Ausgangslage und der damit verbundenen Unsicherheit über die künftigen Entwicklungen innerhalb der EU, liegen Verhandlungen über eine nähere Anbindung der Schweiz
keinesfalls im Interesse unseres Landes. Es gibt auch überhaupt keinen zeitlichen und sachlichen Druck für entsprechende Abkommen. Jetzt blind vorwärtszumachen und mit der EU
zu verhandeln, wäre für die Schweiz unverantwortlich.
Derweil geht die massive Zuwande