Klartext Dezember 2011 | Page 4

4 Bundesratswahlen „Es wird nun eine stärke Das Parlament hat bei den Gesamterneuerungswahlen des Bundesrates der SVP den berechtigten Anspruch auf einen zweiten Sitz in der Landesregierung erneut verwehrt. Damit hat sich das Parlament von der bewährten Konkordanz verabschiedet und definitiv eine Mitte-Links-Koalition installiert. Es wurde eine Chance verpasst, langfristige politische Stabilität zu schaffen. Die SVP als weitaus wählerstärkste Partei und mit ihr mehr als ein Viertel der Bevölkerung sind in der Landesregierung weiterhin untervertreten. Die SVP wird sich nun voll auf die Probleme und Herausforderungen konzentrieren, vor denen das Land steht: den Erhalt von Arbeitsplätzen, die Verteidigung der Unabhängigkeit, die Sicherung der Sozialwerke, die Rückgewinnung des Handlungsspielraums in der Migrationspolitik, und die Lösung der massiven Probleme im Asylbereich. Interview von Beni Gafner mit Fraktionspräsident Caspar Baader in der Basler Zeitung vom 15. Dezember 2011 H err Baader, es nachtet ein, ihr Stress scheint vorbei zu sein. Sie haben erstmals Zeit zu reflektieren. Was bleibt? Enttäuschung? Caspar Baader: Ehrlich gesagt bin ich schon enttäuscht und zwar, weil das Parlament mit der jahrelang bewährten Regierungsform der Konkordanz gebrochen hat. Jetzt sind wir in ein ähnliches Regierungssystem geschlittert wie unsere Nachbarländer – in eine Mitte-Links-Koalition. Da wir nun nicht mehr angemessen im Bundesrat eingebunden sind, haben wir als Partei einen anderen Auftrag. Welchen? Caspar Baader: Wir haben nun in erster Linie die Anliegen unserer 660‘000 Wählerinnen und Wähler, nötigenfalls auch ausserhalb der Regierung mit Initiativen und Referenden, zu vertreten. Dafür müssen wir hart arbeiten. Was bedeutet dies im Parlamentsalltag? Caspar Baader: Es wird eine stärkere Polarisierung, das heisst eine grössere Instabilität geben. Die voll in die Regierung eingebundenen Parteien werden sich vermehr hinter die Regierungskräfte stellen und wir müssen diese noch kritischer hinterfragten. Bringt die Regierung beispielsweise im Zusammenhang mit der EU Vorlagen, welche die automatische Übernahme von EU-Recht und die Unterwerfung unter EU-Gerichtsentscheide beinhalten, muss die SVP mit einem Referendum dagegen antreten. Welche Fehler haben Sie bei der misslungenen Bundesratswahl der SVP selbst zu verantworten? Caspar Baader: Über Strategien lässt sich immer streiten. Wir hätten vermutlich einen zweiten Sitz bekommen können, wenn wir von Anfang an dem Druck der SP nachgeben hätten, nicht für die Konkordanz einzustehen, sondern nur den FDP-Sitz anzugreifen. Das wollten wir nicht. Der Preis eines zweiten SVP-Sitzes von SP-Gnaden wäre für unsere politische Zukunft zu hoch gewesen. Wir wären ihnen in den nächsten vier Jahren in inhaltlichen Fragen verpflichtet gewesen. Das kam für uns nicht in Frage. Wie sahen ihre Absprachen mit der FDP genau aus? Caspar Baader: Unser Ziel war es, die Konkordanz als stabilste Regierungsform wieder herzustellen. Wir haben von Anfang an klar kommuniziert, sollte die Konkordanz durch die Wiederwahl der BDP-Bundesrätin gebrochen werden, für uns alle Optionen offen sind. Nach dem Bruch der Konkordanz konnten wir nur noch versuchen, eine Mitte-Rechts- anstelle einer Mitte-Links-Regierung an- zustreben. Daher haben wir den SP-Sitz angegriffen. Nachdem wir dort gescheitert sind, mussten wir als grössere bürgerliche Partei versuchen, unseren Sitz noch gegen Johann Schneider-Ammann zu holen. Wäre dies gelungen, hätten wir am Schluss Schneider-Ammann gegen den letzten SP-Sitz vorgeschlagen. Sie versuchten, mit zwei gemässigten Kandidaten die Linke zu demaskie ɕ