6 Volksabstimmung vom 18. Mai 2014
Mindestlohn für Ärzte?
Wer Sachlichkeit und Fakten vor opportunistische Einzelinteressen und Medienpolemik stellt, kann aus ordnungspolitischer, freiheitlicher und wirtschaftlicher Überzeugung nur zu einer Abstimmungsempfehlung für
den 18. Mai kommen: Nein zum Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung.
von Nationalrat Thomas de Courten, Rünenberg (BL)
A
usgangspunkt ist die im Jahr
2010 eingereichte Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin».
Die Initiative wollte die Hausarztmedizin attraktiver machen. Kernpunkt war
die Forderung, dass in der Bundesverfassung die Hausärzte «als in der Regel
erste Anlaufstelle für die Behandlung
von Krankheiten und Unfällen» vorgeschrieben werden. Der Bundesrat hat
sich, wohl auch in der Angst, die breit
abgestützte Hausarztmedizin könnte
einen Abstimmungserfolg erzielen, für
einen Gegenvorschlag entschieden. Das
Parlament hat diesem im September
2013 leider zugestimmt.
die zusätzlichen Einnahmen aus dem
Medikamentenverkauf der Ärzte, was
nochmals ein Zusatzeinkommen von
CHF 50’000 und mehr generieren
kann.
Jammern auf hohem Niveau
Vor diesem Hintergrund sind drei Fest-
Ärztedichte laufend steigt. Allein in den
letzten 10 Jahren haben 2500 neue Ärzte
eine eigene Praxis in der Schweiz eröffnet. Wobei drittens, vor allem die Anzahl
der Hausärzte steigt, jene der Spezialisten stagniert. Es besteht also keinerlei
Anlass, die Hausarztmedizin zusätzlich
zu fördern.
Unliberaler Gegenvorschlag
Darin wird festgehalten, dass Bund und
Kantone für eine «allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher
Qualität sorgen» und die Hausarztmedizin als «wesentlichen Bestandteil» dieser Grundversorgung anerkennen. Der
Bund sorgt für Aus- und Weiterbildung
der Hausärzte und sichert diesen – per
Verfassung – eine „angemessene Abgeltung“ für ihre Leistungen zu. Die Hausärzte haben, nach diesen äusserst weitgehenden Zugeständnissen von Bundesrat
und Parlament, ihre Initiative natürlich
zu Gunsten des Gegenvorschlages zurückgezogen.
Staatlicher Mindestlohn für Hausärzte!
Nun stimmen wir also über einen
neuen Artikel in der Bundesverfassung ab, der den frei praktizierenden
Hausärzten einen staatlich garantierten Mindestlohn bringt. Heute beträgt
der Durchschnittslohn der Allgemeinpraktiker in der Schweiz knapp CHF
200’000. Die Spezialärzte verdienen
etwas mehr, rund CHF 350’000. Hinzu kommen für alle, je nach Kanton,
Wer sich bei einem Einkommen von jährlich über 200’000 CHF eine staatliche Einkommensgarantie versprechen lassen möchte, jammert auf weltfremdem Niveau.
stellungen wesentlich. Erstens: Ein
Hausarzt verdient in der Schweiz zwar
etwas weniger als Spezialärzte, aber in
der Regel immerhin doch rund CHF
250’000 pro Jahr. Kein Wunder also
zweitens, dass der Arztberuf in der
Schweiz weiter sehr attraktiv ist und die
Es ist wohl das erste Mal, dass ein Berufsstand vom Staat eine Garantie zur
Ausübung seines Berufes verlangt. Dass
dies mit den Hausärzten ausgerechnet
ein liberaler, akademischer Berufsstand
fordert, bleibt erstaunlich. In jedem Fall
aber ist es klar abzulehnen.