Ventilklausel 3
Besser spät als nie
Mit der Anrufung der Ventilklausel hat der Bundesrat endlich einmal ein Zeichen gesetzt und bestätigt
damit, dass die Sorgen breiter Bevölkerungsteile vor einer übermässigen Zuwanderung berechtigt sind.
Einziger Wermutstropfen: Die bundesrätliche Reaktion erfolgt viel zu spät.
von Nationalrätin Sylvia Flückiger,
Schöftland (AG)
A
m 18. April 2012 kommunizierte Bundesrätin Sommaruga im
Rahmen einer Pressekonferenz,
dass gegenüber den EU-8-Staaten in
Osteuropa ab dem 1. Mai 2012 die Ventilklausel angewendet wird. Mit dieser
vorerst auf ein Jahr beschränkten Massnahme soll die Zuwanderung aus diesen
Ländern begrenzt werden.
Der Entscheid hat innerhalb der EU
bereits zu grosser Kritik gegenüber der
Schweiz geführt: So befanden einzelne
Vertreter der EU, die Schweiz habe gar
nicht das Recht, die EU-8-Staaten anders
als die restlichen Mitgliedstaaten zu behandeln, obschon dies vertraglich so vereinbart wurde.
Der Bundesratsentscheid führte auch zu
innenpolitischer Kritik an der Anrufung
der Ventilklausel, insbesondere weil diese nur eine sehr begrenzte Wirkung in
Bezug auf die Zuwanderung habe und
die Schweiz im Gegenzug Gefahr laufe,
das freundschaftliche Verhältnis mit der
EU aufs Spiel zu setzen. Freundschaftliche Verhältnisse jedoch beruhen immer
auf Gegenseitigkeit, und die Schweiz
wurde von der EU in der letzten Zeit
wahrlich nicht immer freundschaftlich
behandelt.
kamen. Von rund 142‘000 Einwanderern sind dies immerhin 45‘000
Personen. Und die mehr als 45‘000
Grenzgänger sind dabei nicht berücksichtigt.
Tatsächlich haben wir zentrale Probleme, die zu lösen sind: Wir haben die
Kontrolle über die Zuwanderung verloren, ebenso beim Familiennachzug. Der
Bundesrat sollte endlich dazu stehen und
die Probleme lösen, statt mit beiden Händen unsere Steuergelder auszugeben.
Ohne Massnahmen wird die Bevölkerung der Schweiz bis 2035 auf rund 10
Millionen Menschen anwachsen. Die
Auswirkungen spüren wir bereits heute in allen Bereichen. Mit den Bilateralen Verträgen I haben wir uns auch das
Es mutet auch seltsam an, wenn Bun- Bundesgesetz für öffentliches Beschafdesrätin Sommaruga sagt, die Ein- fungswesen eingehandelt, mit der Folwanderung sei stark über die Bedürf- ge, dass die Arbeiten nach WTO-Regeln
nisse der Wirtschaft gesteuert. Damit ausgeschrieben werden und unsere Unversucht sie davon abzulenken, dass ternehmen immer öfter das Nachsehen
2011 31,6 % aller Einwanderer über haben. Wir haben eine starke Zunahme
den Familiennachzug in die Schweiz der Scheinselbständigen, die unseren
KMU das Leben schwer
machen. Nun wird in der
Folge der Arbeitsmarkt
reguliert, kontrolliert und
bürokratisiert.
Nüchtern betrachtet ist die Anrufung der
Ventilklausel durch den Bundesrat bloss
die Einhaltung des bei der Abstimmung
zur Personenfreizügigkeit gegebenen
Versprechens.
Die Schweiz ist nach wie
vor ein attraktives Land,
das eine starke Sogwirkung aufgrund hoher
Löhne und gut ausgebauter Sozialwerke hat. Deshalb muss sie alles daran
setzen, auch in Zukunft
grösstmögliche Eigenständigkeit zu bewahren.
Für die SVP ist die Anrufung der Ventilklausel durch den Bundesrat für die osteuropäi- Daher sind Neuverhandschen EU-Staaten (EU-8) eine Selbstverständlichkeit. Die wenigen, noch zur Verfügung lungen in Bezug auf die
Personenfreizügigkeit mit
stehenden Instrumente zur Steuerung der Zuwanderung sind konsequent zu nutzen.
der EU unumgänglich.