Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 2.2020 | Page 29

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Vor allem muss die Maschine erkennen , wann sie ihre Motoren in Bewegung setzen soll . Das ist keineswegs trivial . Aktuelle Forschungsarbeiten beschäftigen sich damit , wie das System automatisch feststellt , wann eine Last gehoben werden soll und wie schwer diese ist . Dafür werden verschiedene Bewe - gungs- und Biosignalsensoren untersucht . Dies führt soweit , dass elektrische Signale an den Nerven ausgelesen werden , die zum Muskel führen . So wird die Maschine gewissermaßen zu einem Teil des Körpers . Wichtig ist auch , dass die Stütz - struktur den Träger nicht behindert , wenn keine Arbeit an - steht . Dann soll das Exoskelett den Bewegungen des Trägers folgen , als wäre es gar nicht vorhanden .
Stuttgarter Exo-Jacket 2.0
Das IPA-Team hat das » Exo-Jacket « entwickelt , das diese Vor - gaben größtenteils erfüllt . Indem das Exo-Jacket Arme und Schultern aktiv unterstützt und dem Rücken Halt gibt , hilft die Entwicklung beim Handhaben von Lasten . Mit diesem System soll niemand zum Superman werden . Vielmehr geht es darum , das Heben , Halten und Tragen von Lasten , die man auch ohne Unterstützung meistern könnte , zu erleichtern . Der Mitarbeiter soll seine Muskeln durchaus noch spüren . Das Unterstützungs - system versucht mit seinen vier Antrieben bis zur Hälfte des Gewichts der zu handhabenden Last zu kompensieren . Wichtig ist dabei , dass immer das ergonomisch vertretbare Maximal - gewicht gemäß der deutschen Lastenhandhabungsverordnung eingehalten wird . Noch ist dieser Forschungsprototyp allerdings zu schwer für den täglichen Gebrauch . Tröster : » Das Eigengewicht spielt für die Akzeptanz eine große Rolle .« Mit konsequenter Leichtbauweise ließen sich aber noch ein paar Kilo abspecken .
Eine spezielle Anwendung hat die IPA-Crew bereits im Visier : Im Rahmen des Forschungsprojekts » ExoPflege « will sie in Kooperation mit drei Unternehmen ein komfortables aktives Exoskelett entwickeln , das Pflegern das Umbetten von bewusstlosen oder narkotisierten Patienten erleichtert .
Ergonomische Montage 4.0
Auch die fernere Zukunft haben die Mitarbeiter des Instituts im Blick . Sie wollen das Exoskelett reif für die vernetzte Fabrik machen . Die Idee ist , dass man dem System drahtlos Daten aufspielen kann , sodass es mit Robotern , Montagewerk - zeugen und Maschinen interagiert und zum Teil der Montage wird . So verschmelzen Mensch und Maschine immer mehr – fast wie beim Terminator . n
Kontakt Christophe Maufroy Telefon + 49 711 970-1167 christophe . maufroy @ ipa . fraunhofer . de
Ergonomische Analyse von Arbeitsprozessen
Für ein Unternehmen ist es nicht leicht , zu entscheiden , ob eine Tätigkeit den Mitarbeiter überfordert und welche Lösung optimal ist . Hier können Mitglieder des IPA-Teams helfen , in - dem zunächst beurteilt wird , ob man die Arbeitsabläufe verändern kann , um Tätigkeiten des Mitarbeiters zu optimieren . Manchmal genügen organisatorische oder technische Ände - rungen , etwa Arbeitsplatzrotationen , den Arbeitstisch anzuheben oder das zu bearbeitende Werkstück zu drehen . Wenn dies nicht möglich ist , vermessen die Stuttgarter Spezialisten die Bewegungsabläufe des Mitarbeiters direkt vor Ort und speisen die Daten in ein kinetisches Menschmodell ein . So lassen sich die Belastungen in jedem Gelenk und jedem Muskel berechnen – und entscheiden , welches Exoskelett angemessen ist .