Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 2.2019 | Page 8

Technik der hohe Energiebedarf, der für die Bereitstellung der die in das Projekt geflossen sind, übernahm das Unternehmen Druckluft nötig war. So setzte sich schließlich der elektrische Putzmeister für seine modernen Betonpumpen. Antrieb durch. Die deutsche Firma Kuka und die schwedische ASEA (heute ABB) waren 1974 die Pioniere auf dem Markt Urtyp der Mensch-Roboter-Kooperation mit einem vollelektrischen Antrieb. »Sie diskutieren noch heute, wer der erste war«, schmunzelt Hägele.

Mr. Robot

Seit diesen Anfängen hat Schraft die Robotik-Abteilung am IPA aufgebaut und schließlich zur Weltgeltung gebracht. Bis 2007 leitete er sie und verdiente sich dabei den Beinamen »Mr. Robot«. Er und seine Mitarbeiter entwickelten zunächst nur in Einzelfällen Roboter und bedienten sich ansonsten am Angebot auf dem Markt. Sie nutzten diese Roboter als Plattform, die sie mit allerlei Werkzeugen, Greifern und Vorrichtungen für spezielle Aufgaben bestückten – heute nennt man das »End-of-arm-Tooling«. Diese sägen, bürsten, löten, schneiden und handhaben mit Greifern oder Saugnäpfen. So vielfältig wie die Aufgaben, die in einer Fabrik anfielen, so vielfältig waren die Lösungen. Ein Robotersystem sortierte Müllteile aus dem gelben Sack vom Band. Andreas Wolf, der diese Anwendung entwickelte, gründete später ein eigenes Unternehmen, Robomotion, das inzwischen in Leinfelden-Echterdingen Roboter anlagen für zahlreiche Anwendungen herstellt. Die Technologie zur Müllsortierung wurde aber von Beginn an zum Sortieren und Verpacken von Lebensmitteln weiterentwickelt.

Immer wieder folgten eigene Roboter-Entwicklungen. Dabei ging es nicht in erster Linie darum, bestehende Industrieroboter zu verbessern. Das machten die inzwischen prosperierenden Roboterhersteller. Die Stuttgarter Innovationsschmiede half dort aus, wo neuartige Geräte für ungewöhnliche Anwendungen erforderlich waren. Dazu zählt etwa ein Putzroboter für Flugzeuge, der im Auftrag von Lufthansa und Putzmeister entstand. Heute schmunzelt man darüber, doch Mitte der 1990er-Jahre mussten die Experten bis an die Grenze des technisch Machbaren gehen, um die Wünsche der Lufthansa zu erfüllen. Als Premium-Airline wollte diese blitzblanke Maschinen vorzeigen können. Dafür sollten auf Lkw fahrbare Riesen-Roboterarme sorgen, die auf dem Rollfeld ihren Dienst verrichten konnten. Das erforderte vor allem eine ausgefeilte Steuerungs- und Regelungstechnik. Die breite Bürste, die an einem langen, gelenkigen Arm rotierte, musste sogar einen Kilometer zurücklegen, bis sie mit einem Jumbo fertig war. Den Weg ermittelte die Elektronik aus den CAD-Daten des jeweiligen Flugzeugtyps. Und spezielle Sensoren in der Waschbürste sorgten für den optimalen Anpressdruck. Solche Putzroboter fanden zwar keine Verbreitung, doch fast alle Ideen, die in das Projekt geflossen sind, übernahm das Unternehmen Putzmeister für seine modernen Betonpumpen.

Urtyp der Mensch-Roboter-Kooperation

Nicht immer entwickelt sich der Markt – und vor allem nicht in dem Tempo, wie es die Experten voraussagen. So war es mit dem Wasserstoffantrieb. Anfang der 1990er-Jahre hieß es, in 20 Jahren werde der Verbrennungsmotor durch Brennstoffzelle mit Elektroantrieb ersetzt. Daimler, BMW und Aral suchten deshalb nach einem Weg, flüssigen Wasserstoff komfortabel tanken zu können. Bei Temperaturen von minus 259 Grad empfiehlt sich keine Berührung mit der Hand und auch das Schlauchpaket war unhandlich: Ein Roboter sollte her. So baute das IPA eine vollautomatische Tankanlage, die das Zeug zum Verkaufsschlager hatte. Sie war versenkbar und tauchte wie von Geisterhand auf, sobald ein Auto fast beliebigen Fabrikats vorfuhr. Sie erkannte den Tankdeckel, öffnete ihn und füllte Wasserstoff ein. Der Fahrer musste nicht aussteigen. Auch für die Sicherheit war gesorgt: Ein Laserscanner als letzter technischer Schrei erzeugte eine Art virtuellen Zaun um das Auto. Sobald ein Mensch den gesicherten Bereich betrat, hielt der Roboter inne. Diese Anwendung war »der Urtyp der Mensch-Roboter-Kooperation«, wie es Hägele ausdrückt. Fast alle Merkmale, die die Mensch-Roboter-Kooperation heute aufweist, wie die Prüfung der Sensorsignale und zwei sich gegenseitig überwachende Steuerungen, wurden hier erstmals entwickelt und verbaut.

Ein Erfolg in den Medien

Der Durchbruch der Wasserstofftechnologie lässt zwar bis heute auf sich warten, doch der Tankroboter wurde immerhin ein Medienhit. Bei seiner Präsentation 1995 bekam er »so viel Presse wie Michael Schuhmacher bei seiner Hochzeit«, freute sich Schraft. Und im folgenden Jahr war er der Hingucker auf der Hannover Messe. Der damalige Bundespräsident Herzog und der spätere Kanzler Schröder ließen sich das Highlight zeigen. Vier dieser Roboter wurden gebaut. So betankte einer jahrelang auf dem Münchener Flughafen Vorfeldfahrzeuge, die mit Wasserstoff fuhren. Ein großes Medienecho bekamen auch drei mobile Roboter, die im Museum für Kommunikation in Berlin mehr als ein Jahr zehnt die Besucher begeisterten. Sie waren individuell gestaltet und hörten auf die kecken Namen »Komm rein«, »Also gut« und »Mach was«. Der erste (»Komm rein«) begrüßte die Besucher, der zweite (»Also gut«) machte Führungen durchs Museum und erklärte die Exponate, der dritte