Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 1.2020 | Page 49
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Computerspiel aktiviert
Menschen mit Demenz
In Deutschland leben derzeit rund 1,6 Millionen Menschen mit
Demenz. Sie brauchen viel Aufmerksamkeit und Zuwendung.
Außerdem spricht ihnen nun das Pflegestärkungsgesetz ein
Recht auf Aktivierung zu. Ihre alltagspraktischen und kognitiven
Fähigkeiten, etwa ihr prospektives Gedächtnis, oder Planungsund
Ausführungsvermögen, sollen so lange wie möglich er -
halten bleiben. Dafür haben Mediziner am Universitäts klinikum
Erlangen vor etwa zehn Jahren die MAKS-Therapie (Motorische,
Alltagspraktische, Kognitive und Soziale Aktivierung) entwickelt.
Die MAKS-Therapie hat sich nachweislich positiv auf den Krank -
heitsverlauf ausgewirkt. Ihr Nachteil: Sie ist personalintensiv.
Genau da setzt Saskia Wiedenroth von der Abteilung Bildund
Signalverarbeitung am Fraunhofer IPA mit ihrem Com puter -
spiel »TagAktiv« an. Es wird auf einem 18 Zoll großen Tablet-
PC gespielt und entlastet so das Pflegepersonal. Graphisch
hat es die Wissenschaftlerin so gestaltet, dass es ältere Menschen
anspricht und sie dazu verleitet, sich mit dem Spiel auseinanderzusetzen.
Spaß steht im Vordergrund
Die virtuelle Wohnung, in der »TagAktiv« spielt, strahlt mit
ihrer nostalgischen Einrichtung, den dunkelgrünen Ohrenbacken -
sesseln, Gemütlichkeit aus: Es gibt eine Küchenzeile samt
Kaffeemaschine, einen Esstisch, eine Stehlampe, ein Radio,
ein Bücherregal und einen Sekretär. Im Eingangsbereich befinden
sich ein Schuhregal und eine Hutablage. An den Wänden
hängen Bilder und eine große Uhr. Es ist Nachmittag und bald
kommt Besuch. Ein Kuchen ist im Ofen.
Die Aufgaben, die der Spieler erledigen soll, sind alltäglich:
das Radio und die Stehlampe einschalten, den Tisch decken,
den Kuchen aus dem Ofen holen und die Haustür öffnen.
Ziel von »TagAktiv« ist die alltagspraktische und kognitive
Akti vie rung von Menschen mit Demenz. Ältere Menschen
sollen Lust auf das Spiel haben und sich gerne damit beschäftigen.
Wiedenroth hat deshalb Demenzpatienten in die Ge -
staltung des Spiels einbezogen. Die Ohrenbackensessel, das
Radiogerät, die Filterkaffeemaschine – all das hat die Wissen -
schaftlerin gemäß den Wünschen gezeichnet, die Senioren in
einem Pflegeheim in Reutlingen geäußert haben.
Anpassbar an die Fähigkeiten der Spieler
Bisher ist »TagAktiv« ein Prototyp und nach etwa 15 Minuten
durchgespielt. Doch dabei soll es nicht bleiben. Wiedenroth
hat bereits Ideen für den weiteren Spielverlauf: Der Besucher
könnte nach dem gemeinsamen Kaffee seinen Regenschirm
vergessen haben und muss angerufen werden, ein Besuch im
Museum muss vorbereitet oder ein Siphon repariert werden.
Damit würden die Spieler nicht nur ihr prospektives Gedächt -
nis schulen, sondern sie müssten sich auch an den Namen
ihres Besuchers erinnern, die richtige Telefonnummer im
Adressbuch finden und damit ihr retrospektives Gedächtnis
trainieren. Die Aufgaben sind bereits heute teilweise an die
Fähigkeiten des jeweiligen Spielers anpassbar. Diese Indivi du -
alisierung möchte Wiedenroth in künftigen Versionen von
»TagAktiv« noch weiter ausbauen. n
Kontakt
Saskia Johanna Wiedenroth
Telefon +49 711 970-1855
[email protected]