Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 1.2019 | Page 44

44 Interview interaktiv 1|2019 »Prozessindustrie ist existenziell« Das Geschäftsfeld Prozessindustrie am Fraunhofer IPA Wo finden sich Dispergiertechnik und Solid Handling in der richtet sein Angebot an die Chemie-, Pharma-, Lebens - Prozessindustrie? mittel- und Stahlindustrie. Ivica Kolaric leitet es seit Sommer 2018 und ist außerdem Abteilungsleiter Funk - Die Prozessindustrie kann man grob in die Aggregatzustände tionale Materialien. Im Interview spricht er über neue fest, flüssig und gasförmig einteilen. Wir konzentrieren uns Herausforderungen, Ziele und Veränderungen. zunächst auf flüssige und feste Systeme mit ihren spezifischen Herr Kolaric, in welcher Rolle sehen Sie den Geschäftsfeldleiter? Schüttgut, die Fördertechnik, das Sedimentationsverhalten Ich sehe ihn als Moderator, der die Bedürfnisse der Industrie und den Umgang mit Stäuben. In den Produkten der Prozess - Anforderungen: Da geht es zum einen um Prozessabläufe bei und zum anderen bei pulvrigen Stoffen um Explosionsschutz erkennt, die Kompetenzen des Instituts bündelt und zu einem industrie hat man es mit einer Vielzahl von Additiven zu tun: Angebot formuliert. Ein Geschäftsfeld sollte einen Mehr wert Stabilisatoren, Emulgatoren und so weiter. Diese werden den erzeugen. Es sollte also Projekte oder Kunden akquirieren, die Gebinden, Pasten beigefügt und es entscheidet oft der richti- es ohne das Geschäftsfeld nicht geben würde. ge Dispergierprozess darüber, ob mehr oder weniger Additive Was haben Sie als neuer Geschäftsfeldleiter für Ziele? Kleinste Veränderungen der Prozessparameter führen zu dra- benötigt werden, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. matischen Veränderungen der gesamten Produktion. Im ersten Schritt möchte ich die Sichtbarkeit vorhandener Kompetenzen erhöhen und dann das Verständnis für die Welche Bedeutung hat die Prozessindustrie? branchenspezifischen Bedürfnisse wecken, den Marktbedarf aufnehmen und Lösungsangebote generieren. Wir haben Meine Sichtweise auf die Prozessindustrie ist die, dass sie am IPA neun Fachabteilungen unter diesem Branchendach einerseits im gesellschaftlichen Kontext eine vergleichsweise zusammengeführt und meine Erfahrung bisher ist, dass es geringe Wertschätzung findet, andererseits aber existenziell richtig spannend ist, auf welche Lösungen solche neu zu- für unser tägliches Leben ist. Wir sind mit unserem Lebens - sammengestellten, interdisziplinären Teams kommen. standard auf ihre Produkte angewiesen. Deutschland wird vor allem mit der Automobilindustrie in Verbindung gebracht. Welche Themen werden Sie aufgreifen? Dabei steht die Bundesrepublik mit ihrer Chemiebranche an der Weltspitze. Ich würde gerne die Wahrnehmung dieser Wir sind dabei, ein Zentrum für Dispergiertechnik und ein wichtigen Branche steigern. weiteres für Solid Handling einzurichten. Dort können wir verfahrens- und produktionstechnische Prozessparameter an Was hat sich seit der Gründung des Geschäftsfelds 2015 ver- Anlagen im Technikumsmaßstab demonstrieren und erfassen. ändert? Wir nutzen die dort erhobenen Prozessdaten zu einer inte- grierten Qualitätskontrolle, mit dem Ziel, eine zeit- und kosten - Die Prozessindustrie ist das jüngste Geschäftsfeld am IPA. Man intensive Endkontrolle zu vermeiden. Gängige Simulations - sieht allerdings, dass es sich, was Umsatzzahlen und Projekte modelle bilden nur ideale Abläufe ab. Unser Ziel ist es, besse- angeht, zu einem wichtigen Leistungsträger entwickelt hat. re Modelle zu entwickeln, welche die Produktentwicklung Jetzt sind wir dabei, unser Leistungsangebot neu zu struktu- signifikant verkürzen. Damit haben wir schon so viel zu tun, rieren und es besser auf die Marktbedürfnisse auszurichten. das reicht eigentlich auch für die nächste Zeit. So ist der Entschluss gefasst worden, die Lebensmittelindustrie als vierte Branche mit ins Portfolio aufzunehmen. Qualitäts - sicherheit und die schonende Verarbeitung der Inhaltsstoffe sind Themen, in die wir unsere Expertise einbringen können.