Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 1.2019 | Page 41
interaktiv 1|2019
Die Bereitschaft der Unternehmen ist vorhanden?
Veranstaltung
41
6. NOVEMBER 2019
Götz: Ich glaube, dass verschiedene Unternehmen aus ver-
schiedenen Richtungen zu dieser Thematik kommen, ohne es
vielleicht als frugal zu bezeichnen. In der Vergangenheit hat
ENTWICKLUNG FRUGALER PRODUKTE
sich vieles aus den generellen Rahmenbedingungen entwickelt: ANFORDERUNGSGERECHTE, ROBUSTE UND
Ein Unternehmen ist zum Beispiel nach Südamerika gegangen, ERSCHWINGLICHE PRODUKTE FÜR PREISSENSITIVE KUNDEN
um dort günstiger zu produzieren, und lernte so die Gesell -
schaft kennen: Welche Produkte werden gebraucht? Welches Wie gelingt es, anforderungsgerechte, robuste und erschwingliche
Marketing ist nötig? Es erkannte vielleicht, dass dort gar kein Produkte fernab von Highend-Angeboten und Billiglösungen zu
Highlevel-Produkt gebraucht wird. entwickeln? Wie richtet man eine kostenorientierte Produkt ent -
Stumpe: Ein kleines mittelständisches Unternehmen muss dukte gezielt für bestimmte Länder und die dort vorhandenen
wicklung verstärkt am Kundennutzen aus? Und wie können Pro -
nicht unbedingt nach Indien oder China gehen. Ein zusätzli- Kundengruppen entwickelt werden? Experten des Fraunhofer IPA
cher Kunde kann sich auch in Europa auftun. Oft ist es sinn- geben in diesem Seminar Antworten – basierend auf dem strate-
voll, einen Schritt einfacher zu produzieren. So muss ein gischen Produktansatz »frugal«.
Motor in einer Anlage nicht überdimensioniert sein, was man-
che Kunden fordern. Da müsste das Unternehmen sagen, für
diese An wendung würde ein schwächerer Motor ausreichen.
Auch das ist für mich ein frugaler Ansatz, der durchaus neue
Kunden gewinnen kann.
Muss ein kleines Unternehmen anders vorgehen als ein großes?
Stumpe: Es gibt verschiedene Wege. Es gibt große Unter -
nehmen, die nach Indien oder China gehen und zu ihren
Zulieferern sagen: Möchtest du dort nicht auch ein Werk
aufbauen? So hat es die Automobilindustrie gemacht, und
so könnte es für Maschinen- und Anlagenbau und andere
Bran chen auch gehen. Oder aber ein Geschäftsführer hat
einen kulturellen Draht nach Indien oder China und baut
dort eine Dreherei oder Stanzerei auf.
Wie groß ist die Bereitschaft der Unternehmen, sich auf
frugale Ansätze einzulassen?
Weber: Wenn die konjunkturelle Lage gut ist, bekommt man
oft zu hören, dass man jetzt keinen neuen Markt braucht.
Aber das halte ich für eine sehr gefährliche Denkweise. Denn
es kommen auch wieder andere Zeiten, und dann braucht
man so einen Markt.
Götz: Die IHK berät Unternehmen, welches Land als Absatz -
markt für ihre jetzigen Produkte infrage kommt. Der Zutritt
zum ausländischen Markt ist meist die erste Stufe. Erst im
zweiten Schritt geht es darum, die Produkte unter dem
frugalen Gesichtspunkt anzupassen.
n
Stuttgarter Produktionsakademie
Telefon +49 711 970-1208
[email protected]