Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 1.2019 | Page 30

30 FuE interaktiv 1|2019 Biointelligenter 3D-Druck Die Natur ist als Fabrikant unschlagbar: Sie produziert hundert - zunächst einige knifflige Probleme lösen. Vor allem braucht er prozentig umweltfreundlich und nachhaltig. Wie am Fließ - einen Naturstoff, der sich als Baustein für die Bio-Druckerei band stellt sie komplexe Strukturen her, sei es ein Gebäude eignet. Diese Substanz soll außerdem aus der Region stammen, wie ein Schneckenhaus, einen Sensor wie das Auge oder einen um weite Transportwege zu vermeiden, die den ökologischen Computer wie das Gehirn. Sie verwendet dabei ausschließlich Ansatz konterkarieren würden. Zwei Materialien hat Schwarz Ressourcen aus der unmittelbaren Umgebung und recycelt in die engere Wahl gezogen: Lignin, ein Bestandteil von Holz, alle Abfälle restlos. Ihr Modell ist die Kreislaufwirtschaft, die und Chitin. Holz ist überall verfügbar und wäre aus ökologi- aus sich selbst schöpft und von außen – bis auf die Sonnen - scher Sicht ein konsequentes Material. Denn viele Gegen stände, energie – keinerlei Nachschub braucht. Warum also nicht die die heute aus Kunststoff bestehen, waren früher aus Holz. Natur als Vorbild für menschliches Wirtschaften nehmen, um Man könnte sogar Zellulose-Fasern als Bewehrung zugeben das Schlagwort Nachhaltigkeit mit Leben zu füllen? Die Fraun - und so einen sehr robusten Verbundwerkstoff herstellen. hofer-Gesellschaft geht diesen Weg und hat die »Biologische Transformation« zu einem Leitthema gemacht. Wie das kon- Aus Pilzen gewonnenes Chitin kret aussehen könnte, zeigt Oliver Schwarz. Schwarz hat sich aber für Chitin als erste Präferenz entschieden. Nachhaltiger 3D-Druck Denn »Chitin hat eine antibakterielle und heilungsfördernde Wirkung, sodass man es in der Medizin einsetzen kann«, wie Der Wissenschaftler vom Fraunhofer IPA und Universitäts dozent der Wissenschaftler sagt. Außerdem ist das Material relativ für Bionik sprüht nur so vor Ideen. Bei seinem aktuellen An - haltbar und verrottet nicht schon beim ersten bakteriellen satz orientiert er sich besonders nah am natürlichen Vorbild. Angriff. Als erste Anwendungen schweben ihm medizintech- Produkte will er von selbst wachsen lassen, wobei der promo- nische Instrumente wie Pinzetten oder Griffe von Chirurgen - vierte Technische Biologe das Holz eines Baums oder den Panzer besteck vor. Seit einem Jahr läuft das Projekt. Chitin ist in der eines Krebses im Auge hat. Ein 3D-Drucker soll die Struk tu ren, Natur das zweithäufigste Biopolymer nach Cellulose. Es steckt die sich dabei bilden, in die gewünschte Form bringen. Letzt - vor allem im Exoskelett von Insekten und Krebstieren. Derzeit lich geht es darum, den 3D-Druck zu einer nachhaltigen Tech - wird es meist aus den Schalen von Garnelen gewonnen und nologie zu machen. 3D-Drucker, die Formen aus Plastik her- dient vor allem als Fettblocker in der Ernährung oder als stellen, gibt es für den Hausgebrauch inzwischen schon für Filtermaterial zur Wassergewinnung. Da Schwarz aber eine wenige hundert Euro zu kaufen. In der Industrie werden sie regionale Produktion anstrebt, möchte er es aus Pilzen extra- meist für Rapid Prototyping genutzt, um auf die Schnelle ein hieren, die ebenfalls erheblich Mengen davon enthalten. Die Produkt in der Hand halten zu können. So druckt etwa ein entsprechenden Pilze könnte jeder Bauernhof kultivieren. Fahrradhersteller zunächst ein Plastikmodell in Originalgröße, stellt es in den Windkanal und lässt erst nach erfolgreichen Enzyme als Biokatalysatoren Tests die teure Produktion aus Carbon anlaufen. Der Prototyp hat danach ausgedient und wandert auf den Müll, er ist ein Aber wie lassen sich die Chitin-Bausteine verbinden, damit sie Wegwerfartikel wie Einweggeschirr. Doch Plastik ist ein pro- zu einer definierten Form heranwachsen? Die heutigen 3D- blematischer Abfall, der Ressourcen verbraucht und der Um - Drucker arbeiten mit Hitze. Schwarz orientiert sich dagegen welt zusetzt. konsequent an der Natur: Enzyme sollen diesen Part überneh- Lignin oder Chitin zum Verdrucken lysatoren sind in der Technik längst weit verbreitet: Sie machen men und die Moleküle miteinander verketten. Solche Bio kata - etwa das Leder weich, lassen bei der Käseproduktion die Milch Schwarz geht einen anderen Weg. Was aus seinem Drucker gerinnen oder lösen im Waschmittel Fette aus dem Gewebe. kommt, so sein Ziel, wird man guten Gewissens auf den Kom - Meist spalten sie allerdings Moleküle, doch beim Enzym-Drucker post werfen können. Dort würde das Naturmaterial ebenso sollen sie biologische Bausteine miteinander verketten. Nach rasch verrotten wie die abgeschnittenen Äste vom Obstbaum. einem derartigen geeigneten Enzym suchen Schwarz und Allerdings muss er dafür den 3D-Druck revolutionieren – und seine Arbeitsgruppe gerade.