Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 1.2019 | Page 29

interaktiv 1|2019 FuE Mobilisation von Patienten nach Unfällen mit Verletzungen automatisch erkennt. Möglich wird dies, indem es kinemati- des Rückenmarks oder Erkrankungen wie Schlaganfall und sche Informationen und Biosignale des Trägers erfasst und helfen, dass die Betroffenen die verlorenen motorischen Funk - interpretiert. tionen zurückgewinnen. In manchen Fällen können Exo ske - lette die verlorene Funktion technisch ersetzen. So arbeitete Auch abseits der Logistik ist der gerade genannte Ansatz, das Fraunhofer IPA im EU-Projekt »AIDE« an der Regelungs - dass der Anwender Objekte mit seinen Händen selbst hand- technik für ein Exoskelett, mit dessen Hilfe Menschen mit habt und dabei Kraftunterstützung erhält, relevant. Ein Bei - Lähmungen, beispielsweise nach einem Schlaganfall, sich spiel für ein weiteres Einsatzgebiet ist die stationäre Pflege, wieder autonomer bewegen können. für die aktuell ebenfalls Forschungsprojekte laufen. So hat das Projekt »ExoPflege« zum Ziel, ein leichtes, benutzerfreundliches Exoskelette können auch eingesetzt werden, um gesunde Exoskelett zu entwickeln, das insbesondere das Um betten von Menschen bei ergonomisch belastenden Tätigkeiten wie dem bewusstlosen oder narkotisierten Patienten erleichtern soll. Heben schwerer Lasten in Produktion, Logistik, Baugewerbe oder Dienstleistung zu unterstützen. Beispielsweise muss ein Robotik der Zukunft Angestellter am Flughafen pro Schicht das Gewicht von rund acht Tonnen beim Verladen der Koffer stemmen – eine Her aus - Die aufgeführten Beispiele zeigen die Grundprinzipien der forderung für den Körper, gerade auch im Hinblick auf den Biologisierung: die Anpassung der Technik an Vorbilder aus demographischen Wandel. Exoskelette können einerseits hel- der Natur oder den Menschen – bis hin zur körperlichen fen, Erkrankungen von Muskeln oder Skelett frühzeitig vorzu- Symbiose – und die Nutzung biologisch inspirierter Rege lungs - beugen, und andererseits ältere Mitarbeiterinnen und Mit ar - technik für die Intentionserkennung bei Bewegungen. beiter nach Bedarf entlasten. Auch die Robotik der Zukunft ist dadurch geprägt, dass sie Stuttgarter Exo-Jacket menschliche bzw. biologische Vorbilder imitiert oder sich In diesem Kontext gibt es am Fraunhofer IPA seit 2015 das schaftler des Aufsatzes »The grand challenges of Science Stuttgarter Exo-Jacket, eine Exoskelettplattform für Forschungs- Robotics«, den sie Anfang 2018 veröffentlichten. Sie stellen und Entwicklungszwecke. Das Exo-Jacket unterstützt die obe- die wissenschaftliche und technische Weiterentwicklung künf- diesen angleicht. Zu dieser Erkenntnis gelangten 17 Wissen - ren Extremitäten aktiv bei der manuellen Hand habung und tiger Roboter anhand von zehn Herausforderungen dar, die insbesondere bei Hebe- und Überkopf tätigkeiten. Das aktuell- sich fast alle einer biologisch inspirierten Robotik zuordnen ste System, das Stuttgarter Exo-Jacket 2, zielt haupt sächlich auf lassen. Darunter fällt die Nutzung bionischer Gestaltungs- und Anwendungen in der Logistik, wo Arbeiter Ge wichte bis zu Funktionsprinzipien genauso wie die Verbindung von funkti- ca. 20 Kilogramm im Bereich zwischen Knie- und Schulter - onsintegrierten Materialien mit biologisch inspirierten Ferti - höhe vor dem Körper manuell bewegen. gungsverfahren. Außerdem zählen dazu die Miniaturisierung, Kerngedanke des Systems ist, die Beweglichkeit der Nutzer - Nutzung von Roboter-Schwärmen sowie der umfassende die effiziente Skalierbarkeit und Arbeitsteilung bis hin zur hände und damit seine Handhabungsfähigkeiten nicht einzu- Einsatz Künstlicher Intelligenz für das robuste Erkennen von schränken. Antriebsmodule an den Ellenbogen- und Schulter - Menschen und Gegenständen, für die intuitive Interaktion gelenken liefern unterstützende Kräfte und können bis zur sowie für die stete Leistungsoptimierung von Roboter sys temen. Hälfte des maximal zu tragenden Gewichts kompensieren. In diesem Kontext lassen sich auch viele der IPA-Aktivitäten Passive Freiheitsgrade an Schulter und Unterarm (sieben pro verorten. n Arm) ermöglichen, die oberen Gliedmaße fast ohne Ein schrän - k ungen durch das Exoskelett bewegen zu können. Das Rücken - Kontakt modul, das wie ein Rucksack an Schultern und Hüfte des Martin Hägele Trägers befestigt ist, schützt die Wirbelsäule zusätzlich vor Telefon +49 711 970-1203 falschen Bewegungen. Aktuell lässt sich die Kraftunter stützung [email protected] für jeden Arm mit einem kleinen Druckschalter in der Hand des Trägers aktivieren. Zukünftig soll die Bedienung noch in - tuitiver werden, indem das Exo-Jacket die Nutzerintentionen 29