Interaktiv - Das Kundenmagazin des Fraunhofer IPA 1.2019 | Page 27

interaktiv 1|2019 Biologisch inspirierte Robotik FuE men mit dem Fraunhofer IPA entwickelte die Firma Festo das robotische Handlingsystem nach dem Vorbild des Elefanten - rüssels, das Leichtigkeit, Geschicklichkeit und Flexibilität imi- tiert. Es besteht aus einem Roboterarm und einem sogenann- ten Fin-Ray-Greifer mit drei Fingern. Ein Novum sind seine enorme Nachgiebigkeit sowie die vollständig integrale Struktur. Der präzise Greifer kann durch flexible Bewegungsabläufe auf den Kontakt mit Menschen reagieren und den Druck in den eingebauten Faltenbälgen abbauen, ihn anschließend aller- dings sofort wieder aufnehmen. Weil der Greifer besonders Die Biologische Transformation macht auch vor der nachgiebig und feinfühlig ist, kann das System rohe Eier, Robotik nicht halt. So entstehen abseits der bekannten Tomaten oder ein Glas Wasser sorgfältig greifen. Die in der und vergleichsweise wenig biologisch inspirierten klas- Struktur des Greifers befindliche Intelligenz ermöglicht ein sischen Industrieroboter neue Robotersysteme, die in adaptives und flächiges (Um-)Greifen verschiedener Objekte ihrer Bauweise, dem Bewegungsablauf oder auch der ohne weitere Steuerung. Steuerung natürliche Vorbilder nachahmen. Die Natur stand immer schon Pate für Innovationen, und das auch in der Robotik. So gibt es schon lange die Vision, die vielseitigen menschlichen Fähigkeiten mit technischen Mitteln in Robotersystemen abzubilden und diese so in neuen An wen - dungsszenarien einsetzen zu können. Ein solches Roboter - system könnte ein humanoider Roboter sein, der die mensch- liche Fähigkeit, hochdynamische Bewegungen durchführen zu können, ebenso wie dessen Wahrnehmungs- und kognitive Fähigkeiten imitiert. Von dieser Vision sind marktreife Produkte heute allerdings noch weit entfernt. Es erscheint nicht mal sicher, ob künftige Robotik einer Imitation des Menschen folgen wird oder typische Alltagsaufgaben nicht durch technisch geeignetere Formen und Architekturen umgesetzt werden. Dennoch profitiert die Robotik in steigendem Maße von Funktionsprinzipien, die von biologischen Vorbildern abgeleitet werden. Die Motivation hierfür ist, Kinematiken kompakter, beweglicher, sicherer und Die Bewegungen der künstlichen Gliedmaße werden durch auch anmutiger zu gestalten und sie mit einer Art Körper - ein ausgeklügeltes pneumatisches System angetrieben. Das intelli genz auszustatten. Die nächste Stufe ist die Biointelligenz, Fraunhofer IPA entwickelte für das System einen Faltenbalg das heißt, die Verschmelzung von biologischen Strukturen als Antrieb, der sowohl Aktor als auch strukturbildendes und Prozessen mit der Informationsverarbeitung, wie sie bei- Mittel ist. Um die Anpassungsfähigkeit des neuartigen Arms spielsweise bei neuartigen lernenden Regelungen in der durch eine extreme Leicht- und Integralbauweise sowie Funk - Robotik oder Prothetik bereits zur Anwendung kommt. tionsinklusion in der Struktur zu ermöglichen, bedienten sich Sensibles und nachgiebiges Greifsystem Schritt für Schritt werden dünne Schichten eines biegsamen die Forscher des 3D-Druckverfahrens selektives Lasersintern: Kunststoffs übereinander aufgetragen und mithilfe eines Lasers Wie eine solche biologisch inspirierte Kinematik aussehen kann, verschmolzen. Auf diese Weise fertigte Festo den gesamten zeigte bereits 2010 der Bionische Handlingassistent, der noch Handling-Assistenten einschließlich Greifer und allen beweg- im gleichen Jahr den Deutschen Zukunftspreis erhielt. Zusam - lichen Teilen. 27